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Tiffany Duo Band 0124

Tiffany Duo Band 0124

Titel: Tiffany Duo Band 0124 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Wind Barbara Ankrum Diane Pershing
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war sie wieder. Diese inhaltsschwere Frage. Wie war sie wieder in diese Ecke gelangt? War es ihre Erschöpfung? Oder war das Absicht gewesen? Wollte sie es sich einfach von der Seele reden? Wollte sie ihm in Wirklichkeit alles erzählen?
    Er hatte ja Recht. Wenn andere Menschen durch diesen Mann gefährdet waren, sollte sie es melden.
    Doch genau da erreichte sie wieder eine Grenze. Es zu melden würde heißen, die Polizei mit hineinzuziehen. Was, wenn man sie schon in Verbindung mit dem Demeter-Mord suchte? Was, wenn jemand sie auf der Jacht gesehen hatte? Was, wenn man ihre Fingerabdrücke genommen hatte und ihren Namen kannte? Es wäre der reinste Wahnsinn, sich an die Polizei zu wenden. Aber sie hatte Nick angerufen, ihn um Hilfe gebeten, und sie war ihm etwas schuldig. Was sollte sie nur tun?
    “Nick, bitte glaub mir, wenn ich sage, dass ich dir liebend gern alles erzählen würde. Aber das geht nicht.”
    “Verdammt!”, schrie er und schlug hart auf das Lenkrad. “Was ist bloß los mit dir?”
    Sie zuckte erschrocken zusammen, rückte so weit wie möglich von ihm ab und schlug die Hände vors Gesicht. Dieser plötzlich hervorbrechende Zorn. Genau wie bei ihrem Vater. Ihr war, als wäre sie wieder in ihrer Kindheit, hilflos den Worten, den Fäusten, der überlegenen männlichen Macht ausgeliefert. Sie duckte sich und schloss verängstigt die Augen.
    Carly spürte, wie der Wagen plötzlich anhielt. Der Motor lief noch, als Nick ihre Schulter berührte. Sie schreckte zusammen.
    “Carly, was ist denn?”
    Sie antwortete nicht.
    “Was ist passiert? Mach die Augen auf, sieh mich an.”
    Langsam nahm sie die Hände vom Gesicht und sah, dass sie vor einem Gemischtwarenladen parkten. In der Nähe waren mehrere andere Wagen abgestellt, und Menschen kamen und gingen durch die Glastür, die in das hell erleuchtete Geschäft führte. “Ich dachte, du wolltest mich schlagen.”
    Laut zog er die Luft ein. “Ich schlage keine Frauen.”
    “Es war, weil du so wütend warst.”
    “Teufel noch mal, kannst du mir das verdenken?” Aufgebracht schüttelte er den Kopf. “Du musst wohl die frustrierendste Person der Welt …”
    Er ließ den Rest ungesagt, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und starrte durch die Windschutzscheibe, offensichtlich bemüht, die Beherrschung nicht zu verlieren. Er stellte den Motor ab, setzte sich so, dass er sie ansehen konnte, und lehnte den Kopf an die Fahrertür. “Hat dich jemand geschlagen?”, fragte er behutsam. “Dein Mann? Bist du deswegen vor mir zurückgewichen?”
    Die Frage verwirrte sie einen Moment lang. Doch dann antwortete sie: “Nein, Richard hat mir nie auch nur ein Haar gekrümmt.”
    “Wer war es dann?”
    “Mein Vater. Fünf oder sechs Mal. Er sparte sich die meisten Strafen für meine Schwester auf. Er war absolut Furcht erregend, wenn er wütend war, und ich nehme an, ich habe mich einfach nie daran gewöhnen können, zusammen mit einem zornigen Mann in einem Raum zu sein. Ich erwarte immer nur das Schlimmste.”
    Nick sah sie an, der Zorn war aus seinem Gesicht gewichen, er klang sanft, als er sagte: “Das muss sehr schwer für dich gewesen sein.”
    “Für Nina, meine ältere Schwester, war es sehr viel schwerer, das kannst du mir glauben. Sie war eine Rebellin. Wir sind völlig verschieden. Sie war aggressiv und auffallend. Mit zehn hat sie sich die Haare gefärbt, mit elf fing sie an zu rauchen und schlich sich nachts raus, um sich mit Jungs zu treffen. Ich war das absolute Gegenteil von ihr. Ich war brav, brachte gute Noten nach Hause, habe mich immer im Hintergrund gehalten. So fühlte ich mich sicherer.”
    “Vor deinem Vater.”
    “Ja. Aber ich rede zu viel. Bist du sicher, dass du all das hören willst?”
    “Ganz sicher.”
    Also erzählte sie weiter. “Die Schläge ließen Nina nur noch mehr rebellieren. Das Haus war ständig erfüllt von Geschrei und Weinen. Meine Mutter bat meinen Vater schluchzend, doch aufzuhören, Nina forderte meinen Vater heraus, reizte ihn bis aufs Blut, und mein Vater brüllte wie ein Stier und lief rot an im Gesicht.” Carly schüttelte sich, als sie sich daran erinnerte. Was für ein trauriges, elendes Beispiel einer Familie sie doch geboten hatten.
    “Und wo warst du bei alledem?”, wollte Nick wissen.
    “Unter dem Esszimmertisch.” Sie blickte hinaus auf die Leuchtreklame. “Das Tischtuch reichte fast bis zum Boden, und ich bin immer darunter gekrochen, hab mir die Ohren zugehalten, die Augen geschlossen und

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