Tiffany Duo Band 0124
Sessel gesessen hatte, ganz allein, wie auf einem Thron. Ganz so, als wäre sie eine Königin — nein, eher, als würde sie zur Schau gestellt.
Um sich besser konzentrieren zu können, schloss Carly die Augen. Im Hintergrund hörte sie den Nachrichtensprecher, wie er von Demeters Aufstieg erzählte, davon, dass er zwar schon wegen vermuteter Verbindung zur Unterwelt festgenommen worden sei, ihm jedoch wegen Mangels an Beweisen niemals der Prozess habe gemacht werden können. Carly öffnete die Augen wieder, gerade rechtzeitig, um die Bilder zu sehen, wie Demeter als freier Mann das Gerichtsgebäude verließ, umgeben von seinen Anwälten.
Es folgte das Standfoto eines Brautpaares. Demeter war der Bräutigam, der seine Braut, Amanda, ernst und innig anblickte. Sie trug ein figurbetontes Kostüm, die Jacke offen über einer tief ausgeschnittenen Bluse. Die blonden, offen getragenen Haare umspielten ihre Schultern, und sie lächelte auf eine selbstgefällig amüsierte Art und Weise.
Eine Sekunde lang saß Carly wie erstarrt da, dann rückte sie noch etwas näher an den Fernseher heran, um die Frau deutlicher sehen zu können. Sie hatte sich nicht geirrt. Die Braut war Nina!
Amanda Demeter war tatsächlich ihre Schwester Nina.
Nina und Carly waren einander körperlich immer sehr ähnlich gewesen, vom Temperament her allerdings weniger.
“Eine Sache ist den Behörden immer noch ein Rätsel”, sagte der Nachrichtensprecher gerade. “Nach dem Tode seiner Frau Amanda …”
Nina war tot. Tränen in Carlys Augen ließen die Bilder auf dem Bildschirm verschwimmen. Angespannt hörte sie dem Sprecher zu.
“Demeter hat kaum jemals seine Jacht verlassen, die ständig von zwei Leibwächtern bewacht wurde, deren Unschuld inzwischen feststeht. Seine näheren Geschäftspartner sind inzwischen alle vernommen und von der Polizei heute wieder freigelassen worden. Man geht davon aus, dass es sich bei dem Mord an Demeter um einen Racheakt der Unterwelt handelt. Polizeisprecherin Joan Tremayne gab noch folgende Erklärung ab: ‘Der Besitzer einer benachbarten Jacht, der anonym bleiben will, sagte aus, er habe Schüsse gehört und gesehen, wie kurz darauf eine Frau in einem kurzen Kleid davongelaufen sei. Danach habe er die Polizei alarmiert. Auf Befragen erklärte er, dass ihm vorher nichts Verdächtiges aufgefallen sei.’”
Der Nachrichtensprecher übernahm wieder, doch Carly hörte nicht mehr zu. Sie war die Frau mit dem kurzen Kleid gewesen, das war ihr jetzt klar.
Und Nina war tot.
Eine Welle der Traurigkeit ergriff sie. Die Tatsache, dass sie Nina so ähnlich sah, musste mit dem, was auf der Jacht passiert war, zu tun gehabt haben.
Carly stellte den Fernseher ab, ging zurück zum Sofa, hockte sich in eine Ecke und weinte leise. Um ihre Schwester, um sich. Sie hatten sich nie besonders nahe gestanden, aber Nina war das letzte Mitglied ihrer engsten Familie gewesen. Jetzt war sie wirklich allein. Keine Geschwister mehr, keine Eltern, kein Mann. Sie fühlte sich unendlich verlassen.
In ihrer Einsamkeit spielte sie mit dem Gedanken, zu Nick zu gehen, aber er wusste immer noch nichts von ihrer Verbindung zu dem Mord an Demeter. Wenn sie ihm davon erzählte, würde er sie der Polizei übergeben müssen. Man würde sie einsperren, und daran durfte sie nicht einmal denken.
Vielleicht sollte sie weglaufen, so wie am Morgen? Aber wo sollte sie hin? Da war immer noch dieser Mann mit der Pistole. Vielleicht war er ihr bis zu Nicks Wohnung gefolgt. Vielleicht …
Die Stimme aus ihrem Traum! Sie gehörte dem Mann vom Flughafen. Was hatte er gesagt? Sie versuchte, sich zu erinnern, aber vergeblich.
Ihre Schwester war tot. Carly hatte Nina gehasst, hatte sie abgelehnt und hatte sie geliebt. Ihre ältere Schwester, ihre einzige Schwester. Sie hatte Nina bewundert dafür, dass sie als Einzige in der Familie ihrem Vater die Stirn geboten hatte. Ihre Mutter hatte immer geweint, Carly hatte sich immer versteckt. Und somit hatte Nina stets die Wut ihres Vaters am heftigsten abbekommen. Mit siebzehn war sie von zu Hause weggelaufen, hatte ihren Namen geändert und schließlich einen Gangster geheiratet.
Carlys Lider waren von den vielen Tränen geschwollen. Sie legte sich wieder hin, um noch ein wenig zu schlafen.
Sie sitzt in einem Sessel, bekleidet mit diesem Hauch von einem Kleid. Vor ihr kniet ein Mann, der ihr anbetend den nackten Fuß küsst. Er redet sie immer wieder mit Amanda an. Er weint herzerweichend.
Es ist noch jemand
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