Tiffany Duo Band 0124
Worte waren da, eben außer Hörweite. Krampfhaft versuchte sie, die Erinnerung zurückzuholen, aber sie entglitt ihr immer wieder.
Carly zwang sich, ganz ruhig ein- und auszuatmen. Sie musste sich beruhigen. Vielleicht hatte Nick Recht. Vielleicht sollte sie zu diesem Arzt gehen, den er vorgeschlagen hatte. Der Gedanke an Hypnose gefiel ihr zwar nicht, aber vielleicht war es wirklich das Beste.
Plötzlich rüttelte es an der Eingangstür. Carly schreckte aus ihren Gedanken hoch, und die Angst war wieder da. Doch noch bevor sie sich rühren konnte, öffnete sich die Tür, und Nick trat ein, begleitet von einem Schwall kühler Nachtluft.
“Hallo”, grüßte sie ihn zögernd. “Ich war eingeschlafen. Wie lange bist du weg gewesen?”
“Ungefähr eine Stunde.”
Durch den Spaziergang hatte Nick einen klaren Kopf bekommen. Er fühlte sich jetzt besser, ruhiger, hatte das Gefühl, die Situation im Griff zu haben. Er war entschlossen, Carly am nächsten Morgen gehen zu lassen und ihr, wenn nötig, das Fluggeld zu leihen.
Sie saß zusammengekauert in seinem Sessel, die Arme um die hochgezogenen Beine geschlungen, als wäre ihr kalt. Ihre Züge waren weich, die Lider schwer. Sie schien erleichtert, ihn zu sehen, und er ignorierte ihre kurz aufflackernde Freude.
Er hängte seine Windjacke auf, ging ins Schlafzimmer und holte eine Decke vom Fußende des Bettes. Er kam zurück ins Wohnzimmer und warf ihr die Decke zu. “Hier, du zitterst ja.”
Carly wickelte sich in die Decke ein und kuschelte sich noch tiefer in den Sessel. “Danke. Ich bin plötzlich aufgewacht, weißt du, und ich war mir nicht sicher, wo ich war. Da war diese Stimme in meinem Traum …”
“Erinnerst du dich noch an andere Dinge?”
“An Stimmen, mehr nicht. Aber ich erinnere mich nicht an das, was sie sagten. Ich glaube, ich sollte Richard noch einmal anrufen.”
Nick ging entnervt in die Küche. “Wozu die Mühe? Er ist wahrscheinlich in diesem Augenblick zu Hause, hört sich all deine Nachrichten an und ruft nicht zurück.”
“Vielleicht hast du Recht. Er war schon immer gut darin, Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen.”
“Warum hast du ihn eigentlich geheiratet?”
“Weil ich dachte, dass ich mich bei ihm sicher fühlen könnte. Ist es zu fassen? Was war ich naiv!”
Nick lehnte sich gegen den Türrahmen. “Wieso hattest du das Gefühl, dass du dich bei ihm sicher fühlen könntest?”
“Er war nett zu mir”, erzählte sie Nick. “Er hatte eine feste Arbeit, sein Vater besaß zwei Reinigungen, eine davon leitete er. Sein Lebensstil war bescheiden, und er hatte ein Haus. Ich selbst war damals ziemlich jung und bedürftig.”
Nick musterte sie kurz nachdenklich, dann nickte er und ging in die Küche zurück. “Du hast abgewaschen!” rief er aus.
“Stimmt. Aber du kannst ja abtrocknen.”
Sie folgte ihm in die Küche. “Warst du in ihn verliebt?”, fragte er.
“Ich glaube nicht, dass ich wusste, was das ist.”
Sie war vierzehn gewesen, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Ihre Schwester Nina hatte sich sogar noch vor der Beerdigung aus dem Staub gemacht, und Carly war bei der älteren Schwester ihres Vaters untergekommen. Tante Fan und sie waren sich, so gut es ging, aus dem Weg gegangen, bis Carly mit achtzehn fortging aufs College. Dort hatte sie Richard kennengelernt.
“Wusstest du, dass er Spieler ist?”
“Nein. Es gelang ihm, das jahrelang vor mir geheim zu halten.”
Nick sah sie fragend an. “Was war sein spezielles Laster —_die Zahlen?”
“Zahlen, Pferde, sogar Hahnenkämpfe. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass es die in Neuengland gibt. Ich kam mir so dumm vor! Wie konnte er mich nur die ganze Zeit über an der Nase herumführen?”
Gedankenverloren trocknete Nick eine Bratpfanne ab. “Weißt du, Lenore hat mich die ganze Zeit, die wir zusammen waren, systematisch ausgeraubt, und ich habe nichts davon gemerkt, bis es zu spät war. Wir wissen Bescheid, aber wir wollen es nicht wissen.”
Carly fühlte sich plötzlich so verstanden. “Ja”, bestätigte sie leise.
“Und, wie ist es zu Ende gegangen?”
“Sein Vater hat es zuerst rausgekriegt, und es hat dem alten Herrn das Herz gebrochen. Er starb nach einem Herzanfall. Richard erbte und gab das Geld mit vollen Händen aus. Als ich das erfuhr und drohte, ihn zu verlassen, hat er mich angefleht, bei ihm zu bleiben. Das habe ich dann auch getan, vier, fünf Mal. Ständig versprach er, sich zu ändern, und ich habe
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