Tiffany Duo Band 0124
Lachen, Jack.”
“Nein? Was zum Teufel ist es dann? Eine Beerdigung?” Er trank noch einen Schluck.
“Ich glaube nicht, dass das lustig ist.” Ihr Nacken war verspannt, und ihr war ganz schlecht vor Angst, weil sie überzeugt war, dass sie versagen würde … vor sich selbst, vor ihrem Versprechen, dass sie nie mehr das Leben eines Menschen riskieren würde, und — am schlimmsten — vor Jack.
Tess sprang auf und ging, die Finger an die Lippen gepresst, zum Fenster. “Das ist völliger Wahnsinn”, sagte sie. “Was tun wir hier? Womöglich bringe ich Sie um bei dem Versuch, dieses verdammte Ding herauszubekommen. Ich habe keine Ausrüstung, kein Betäubungsmittel …” Und die Antibiotika, die sie ihm im Krankenhaus gegeben hatten, schlugen nicht so an, wie sie sollten. Er hatte Fieber. Das bedeutete eine Infektion. Zumindest dieser Umstand sollte sie eigentlich zwingen, ihn zurückzubringen. “Hören Sie”, sagte sie. “Ich sollte Sie wirklich nicht …”
Er war gerade dabei, noch einen Schluck zu trinken, und hielt mitten in der Bewegung inne. “Tess …”
“… mit einem Fieber operieren, das ich hier nicht behandeln kann. Ich sollte Sie ins Krankenhaus zurückbringen.”
Er ließ den Kopf zurück in die Kissen sinken und schloss die Augen. “Herrgott.”
Sie schüttelte den Kopf. “Es tut mir leid. Es ist wahr. Dafür bin ich nicht ausgerüstet. Ich dachte, ich könnte es, aber …”
“Vergessen Sie, was Sie nicht haben.” Er biss die Zähne zusammen. “Arbeiten Sie mit dem, was Sie haben. Sie sind Ärztin, Himmelherrgott.”
“War!”, schrie sie. “Ich
war
Ärztin.”
Er gab ein höhnisches Schnauben von sich. “Wovor haben Sie eigentlich so Angst? Jedes zweijährige Kind könnte das.”
“So, glauben Sie? Jedes zweijährige Kind?” Sie deutete wütend auf die Eingangstür. “Vielleicht sollte ich versuchen, eins zu finden. Bestimmt gibt es irgendwo in der Nachbarschaft eins!”
Ihm lag eine Retourkutsche auf der betrunkenen Zunge, und für einen langen Moment starrte er sie an, dann grinste er jedoch nur schief, bevor er sich gestattete, die Augen wieder zuzumachen. “Wütend sind Sie mir lieber, als wenn Sie … Angst haben.”
“Sind Sie fertig?”, fragte sie unbehaglich.
“Weiß nicht”, murmelte er. “Sie?”
Sie spürte Zorn in sich aufsteigen, aber auf wen eigentlich? Verdammt, irgendwie hatte er doch Recht, oder nicht? Da lag er, mit einer Kugel in seiner Schulter, und sie beklagte sich über etwas, das sie so wenig ändern konnte wie die Tatsache, dass der nächste Tag kam. Es ging jetzt nicht um sie und ihre Feigheit. Das Einzige, worum es ging, war es, sein Leben zu retten.
Vergessen Sie, was Sie nicht haben. Arbeiten Sie mit dem, was Sie haben.
“Sie haben Recht”, sagte sie. “Ich habe Angst.” Sie stand auf und kniete sich neben ihn hin. Seine Haut war gerötet und warm. Zu warm. “Weil ich vielleicht das zu Ende bringe, was die Kugel angefangen hat.”
Seine Hand schloss sich um ihr Handgelenk und hielt sie fest. “Dann sollte es so sein. Aber wenn Sie es nicht einmal versuchen, hätte ich genauso gut schon heute Nacht auf der Straße aufgeben können. Weil ich sowieso sterbe. Und jetzt werde ich auf dem Holzfußboden des Ferienhauses Ihrer Freundin sterben. Ist es das, was Sie wollen?”
Eine Viertelstunde später bäumte er sich vor Schmerz unter ihren Händen auf und umklammerte ihren Unterarm, wobei er fast den Whiskey umwarf, mit dem sie seine Schulter desinfiziert hatte.
Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, auf der Stirn brach ihr der kalte Schweiß aus. “Tun Sie das nicht!”
Seine Lippen zogen sich zu einem Zähnefletschen zurück, vor dem jede normale Frau davongelaufen wäre. Aber sie konnte nicht davonlaufen. “Lassen Sie mich los, Jack”, sagte sie ruhig und hielt die Pinzette, mit der sie in dem Schusskanal nach der Kugel suchte, perfekt still. “Sie müssen mich loslassen.”
Wenn sie eine Fliege gewesen wäre, hätte er sie zerquetscht, aber hinter dem Nebel aus Schmerz lag noch ein letzter Funke Verstand, der ihn veranlasste, ihren Arm loszulassen. Seiner Kehle entrang sich ein animalischer Laut.
“Gut”, murmelte sie. “Gut, Jack. Ich weiß, es ist schlimm. Aber wenn ich jetzt aufhöre, muss ich wieder von vorn anfangen. Soll ich aufhören? Wenn Sie es nicht mehr aush…”
Er schüttelte den Kopf. “
Machen Sie
.” Die Muskeln in seinem Kiefer arbeiteten, bis sie glaubte, seine Zähne krachen zu hören.
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