Tiffany Duo Band 0142
Verletzung zu werfen.”
Wieder war Anna verwirrt. Der bloße Gedanke, dass jemand ihr helfen, sich um sie kümmern wollte, erschien ihr so fremd, dass sie nicht daran glauben konnte. Da war doch etwas faul, oder? Sie tastete nach der Wunde an ihrem Kopf und zuckte zusammen. Ihre Finger waren blutverschmiert. “Sind Sie Arzt?” Ihre Stimme verriet, dass sie ihn für alles andere als einen Mediziner hielt.
Blade unterdrückte das Bedürfnis, sie zu berühren und zu trösten. Das würde nicht funktionieren, dachte er nüchtern. Sie war zu nervös. Wenn er sie jetzt in den Arm nehmen würde, hätte er sofort verspielt. Und das durfte er nicht riskieren. Nicht ehe er ein paar Antworten bekommen hatte. “Nicht direkt. Aber ich habe eine Ausbildung als Sanitäter. Ich war beim Militär.”
Einen Moment lang fürchtete Blade, sie würde ihm nicht glauben. Anna schaute ihn an. Und da spürte er noch etwas anderes, etwas, das ihn um ein Haar aus dem Gleichgewicht gebracht hätte – fast unwirsch schob er diese Empfindung beiseite. Er fühlte sich für die Frau verantwortlich. Er hatte sie gefunden und er musste sich um sie kümmern. Das war seine Pflicht. Basta.
Als sie die Tasche abstellte und nach den Schlüsseln tastete, war er erleichtert. Auch wenn sie es ganz offensichtlich nicht wollte, sie konnte nicht anders als ihm vertrauen. Gut. Wenigstens ein Anfang.
Er musste Ruhe bewahren, auch wenn es ihm schwerfiel. Es war nicht zu übersehen, unter welcher Anspannung diese Frau immer noch stand, wie sehr sie sich noch immer zusammenriss. Sein Herz krampfte sich zusammen. Gott, warum ließ sie es nicht zu, dass er sie tröstete, ihren Kopf an seiner Schulter, an der sie weinen konnte. So wie jede andere Frau es nach einem solchen Erlebnis gemacht hätte. Was hielt sie bloß zurück, sich fallen zu lassen?
Blade war ratlos. Er wollte dieser Frau so gerne helfen. Und zwar nicht nur mit einer oberflächlichen Verarztung und ein paar Schmerztabletten.
Sie schloss die Tür auf, trat ein und knipste das Licht an. Der kleine Raum wurde von einer nackten Glühbirne schwach erhellt. Blade folgte ihr hinein, erfasste den Raum mit einem Blick, Fenster und Türen. Bei seiner Spezialeinheit beim Militär hatten sie es immer
einen Raum scannen
genannt. Mit einem Blick alle Gegebenheiten erfassen. Das war ihm so selbstverständlich wie die Waffe, die er mit der Jacke im Auto gelassen hatte.
Anna stellte ihre Aktentasche auf einen kleinen Esstisch und begann, sich den Mantel aufzuknöpfen.
Er hatte schon bemerkt, wie schlank sie war. Jetzt sah er, dass sie gut und gern ein paar Kilo mehr wiegen konnte, auch wenn ihm die Rundungen unter ihrer formlosen Kleidung nicht entgingen. Außerdem zitterte sie und war bleich, ihre Augen schienen zu groß für ihr Gesicht. Sie waren von seltsamer Farbe, silbergrau, wie Nebel und Schatten.
Und ihr Mund – er hatte vorher nicht auf ihren Mund geachtet, aber jetzt, da sie etwas Schmutz abgewischt hatte, erregte ihr Mund seine Aufmerksamkeit. Ihre Lippen waren schön und üppig. Missgestimmt schloss er die Tür hinter sich. Unter anderen Umständen würde er diesen Mund küssen …
Anna beugte sich vor, um den letzten Knopf ihres Mantels zu öffnen, und im Licht schimmerte ihr Haar, das sie zu einem lockeren Zopf geflochten trug, in einem warmen Kupferton. Blade erstarrte.
Treffer Nummer zwei, dachte er. Sie war zierlich, und sie war ein Rotschopf. Jetzt musste er nur noch herausfinden, wovor sie davonlief und ob auch sie von diesen seltsamen Träumen heimgesucht wurde.
Anna zog sich den Mantel aus. Erschrocken zuckte sie zusammen, als Blade ihr zur Hilfe kam und den Mantel über den Haken an der Tür hängte. Die selbstverständliche Art, mit der er ihr diese Höflichkeiten erwies, bestätigte sie. Dieser Mann wusste, wie man mit einer Frau umging. Wie viele Herzen er wohl schon gebrochen hatte?
Blade unterbrach ihre Gedanken: “Sie sehen aus, als hätten Sie sich geprügelt. Was ist da vorhin im Park passiert?”
Anna versuchte, sich zu erinnern, was genau sie ihm gesagt hatte, aber ihr Kopf schien leer zu sein. Sie konnte sich an kaum etwas anderes erinnern als an den starken Eindruck, den ihr Retter auf sie gemacht hatte. Sie versuchte, so nahe wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben. “Ich bin gegen einen Baum gerannt.”
Er betastete die Beule, und ihr wurde fast schwindlig bei seiner Berührung. “Diesen Baum würde ich gerne sehen”, murmelte er.
Sie lachte, aber das tat
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