Tiffany Duo Band 0142
würde. Die wahre Geschichte. “Es ist nur eine Beule. Glauben Sie mir, ich habe schon Schlimmeres erlebt.” Sie hielt inne.
“Jemand hat Sie geschlagen, nicht?”, fragte er leise.
Er bewegte sich nicht, aber Anna bemerkte, dass eine Veränderung in ihm vorging. Als ob er innerlich zusammenzuckte.
“Nein. Es war ein Unfall.”
“Ein Unfall welcher Art?”
Der tödlichen.
Anna schloss kurz die Augen. “Ich bin im nassen Laub ausgerutscht, dann hat das eine das andere ergeben.”
Sie stand auf, legte den geschmolzenen Eisbeutel auf den Tisch und hoffte, Blade würde den Hinweis verstehen und gehen. Ihr war nicht mehr schwindelig, und ihre Beine trugen sie wieder. Die Ruhe und das Eis hatten ihr geholfen, und bald würden auch die Schmerzmittel wirken.
Blade verstand sofort, dass sie jetzt allein sein wollte. Langsam ging er am Tisch vorbei und blieb an der Tür stehen. Anna lief zu ihm hin. Sie standen so dicht beieinander, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzusehen. So nahe, dass sie bemerkte, wie durchnässt er war. Selbst jetzt rann noch Wasser aus seinem Haar über seine Schläfe, aber er achtete nicht darauf.
“Ich bin froh, dass Sie keinen Freund haben”, sagte er offen. “Aber es gefällt mir nicht, dass Sie heute Nacht allein sind. Ich werde jetzt gehen, denn Sie müssen sich ausruhen. Aber morgen komme ich wieder, um nach Ihnen zu sehen. Arbeiten Sie tagsüber?”
Anna fand, dass das eine ungewöhnliche Frage war. Die meisten Menschen arbeiteten tagsüber. “Ja”, sagte sie, ohne auf Einzelheiten einzugehen.
“Dann werde ich Sie zum Abendessen einladen.”
Anna blinzelte und fragte sich, ob sie sich wohl verhört hatte. Jetzt war sie vollkommen verwirrt. Ein Abendessen? Das klang wie eine Verabredung.
Ihr Schweigen schien ihn nicht zu irritieren. Er hob eine Hand, strich ihr das Haar aus der Stirn und betrachtete die Beule. Bei seiner Berührung holte sie tief Luft, zwang sich aber zur Ruhe.
“Ihre Pupillen sind in Ordnung”, sagte er leise. “Haben Sie noch Kopfschmerzen?”
“Kaum.”
Als er ging, fügte er sich so nahtlos in die Dunkelheit, dass er fast mit ihr zu verschmelzen schien. Anna schloss die Tür. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie nur mühsam den Riegel vorschieben konnte.
Zu spät, dachte sie.
Du hättest ihn nie in deine Wohnung lassen dürfen.
Er hatte sie durchschaut. Normalerweise fiel es ihr nicht schwer, Menschen zu beurteilen, doch jetzt schienen ihre Instinkte nicht zu funktionieren. Vielleicht, weil Blade dem Mann aus ihren Träumen so ähnlich sah und sie sich irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit verfangen hatte. So etwas hatte sie nie zuvor gefühlt, nicht einmal in ihren Träumen.
Sie lehnte an der Tür und presste die Handballen an die Augen, um den Schmerz in ihrem Kopf zu vertreiben. Langsam bemerkte sie die Stille im Raum, und etwas von ihrer Anspannung verschwand. Sie hatte den Angriff überlebt.
Jetzt hieß es wieder den Ort zu wechseln.
Sie war entdeckt!
Diesmal hatte es Monate gedauert, doch anders als sonst war sie nicht gewarnt gewesen, kein Wort von einem Nachbarn oder Mitarbeiter, dass jemand nach ihr gefragt oder ihre Wohnung beobachtet hatte. Und noch etwas war anders: Diesmal war jemand ihr zu Hilfe gekommen. Hatte sie gerettet.
Die Erinnerung an ihre kindliche Bitte an einen Ritter kehrte zurück, und sie erstarrte, löste sich von der Tür.
Blade Lombard mochte dem Ritter ihrer Träume ähnlich sehen, sich vielleicht sogar wie er verhalten, aber in seinen Augen hatte eine tödliche Kraft gelegen. In früheren Zeiten könnte einer wie er ein Ritter gewesen sein, doch würde er nicht in Turnieren kämpfen. Er würde seine Erfahrungen in der Schlacht sammeln.
Sie musste verdammt noch mal aufpassen.
Jede Frau an der Seite von Blade Lombard würde Aufmerksamkeit erregen: Allein durch den Umstand, dass sie sich in seiner Gesellschaft befand. Das konnte Anna sich nicht leisten, und erst recht konnte sie sich nicht leisten, dass man ihr Foto in irgendeinem Magazin oder einer Zeitung abdruckte. Blade Lombard war eine bekannte Persönlichkeit in Auckland. Das bevorzugte Thema der Klatschpresse.
Behutsam zog Anna ihre nasse Kleidung aus, wobei sie versuchte, den Kopf nicht mehr als unbedingt nötig zu bewegen. Ihr Mantel hatte den größten Teil von Nässe und Schmutz abgehalten, aber ihre Jeans waren nass bis zu den Knien. Nachdem sie eine Jogginghose und ein Sweatshirt übergezogen hatte, setzte sie sich
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