Tiffany Duo Band 0147 (German Edition)
jemand weint.”
Dominic, dessen Hose im Schritt immer noch spannte, wandte sich eilig von den beiden Frauen ab.
“Das war ich”, hörte er Jordan sagen. “Aber … mach dir keine Sorgen, es war nichts. Es geht mir schon wieder gut.”
Dominic ging zu dem Bücherregal hinüber und gab vor, die Buchrücken zu studieren, während er darauf wartete, dass seine Erregung abklang. Waren vielleicht Spuren von Jordans hellem pfirsichfarbenen Lippenstift an seinem Mund? Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, obwohl der Gedanke an Jordans üppigen Mund seinen Bemühungen, sich abzukühlen, ganz und gar nicht zuträglich war.
“Ich wollte nicht stören”, hörte er die Schwiegermutter sagen.
“Du störst nicht”, gab Jordan ruhig zurück. “Ich habe Dom… Detective D’Annunzio nur ein paar Fotos gezeigt und dabei habe ich wohl ein bisschen zu … emotional reagiert.”
“Oh.”
Er hörte die ältere Frau schnauben. Typisch, dieses verächtliche Schnauben, dachte er verärgert. Aber egal. Es wurde höchste Zeit, dass er sich verdrückte.
Er zog seine Krawatte gerade, strich sein Sakko glatt und drehte sich zu den beiden Frauen um. “Ich wollte gerade gehen, Mrs Carlisle”, erklärte er. “Ihre Schwiegertochter hat mir ein ganzes Stück weitergeholfen.” Dann wandte er sich mit undurchdringlichem Gesicht an Jordan: “Danke für Ihre Zeit.”
Ihre Blicke begegneten sich für einen Moment. Er hätte schwören mögen, dass in ihren Augen Belustigung aufblitzte, bevor sie sagte: “Ich stelle nur rasch die Alben zurück, dann begleite ich Sie hinaus.” Mit dieser perfekten Haltung ging sie in den kleinen Alkoven hinüber und stellte die dicken Bände zurück.
Jetzt schaute der alte Drachen ihn wieder an und schnaubte ein weiteres Mal. Vielleicht ist sie ja erkältet, dachte Dominic. Jordan drehte sich zu ihrer Schwiegermutter um. “Wolltest du etwas, Cynthia?”, fragte sie kühl und mit hochgezogenen Augenbrauen. Dominic kam nicht umhin, sie für ihre Souveränität zu bewundern.
“Nichts Bestimmtes”, entgegnete die ältere Mrs Carlisle, während sie ihn mit Blicken durchbohrte, dann Jordan anschaute und wieder ihn, wobei sie verwirrt die Stirn runzelte. Es war, als ob sie irgendetwas Unterschwelliges spürte, von dem sie nicht genau sagen konnte, was es war.
“Ich wollte dir nur Gute Nacht sagen”, erklärte Cynthia.
“Ich bin gleich zurück”, erwiderte Jordan. “Ich bringe nur rasch unseren Gast hinaus.”
“Bemühen Sie sich nicht”, sagte Dominic und ging hinter ihr her zur Tür.
“Oh, ein bisschen frische Luft wird mir gut tun.”
Nachdem Dominic die Haustür geöffnet hatte, gingen sie schweigend nebeneinander die lange Auffahrt hinunter. Die Nacht war still, wie üblich in dieser exklusiven Wohngegend. Hier gab es keine Polizeisirenen und Jugendliche, die ihre Automotoren aufheulen ließen oder ihre Kofferradios bis zum Anschlag aufdrehten. Die Stadt schien sehr weit weg zu sein, obwohl sie in Wirklichkeit nur ein paar Meilen entfernt war.
Dominic streifte die Frau neben sich mit einem kurzen Blick, wobei er sich fragte, was sie dachte. Sie sah geradeaus, und ihr Profil enthüllte nichts von ihren Gedanken.
Dominic war daran gewöhnt, schnell zu urteilen und dann ebenso schnell zu entscheiden. Normalerweise dachte er immer zwei, drei Schritte voraus. Nur bei Jordan nicht. Sie brachte ihn völlig aus dem Konzept. Seltsam. Diese ganze Sache war seltsam. Eben noch waren sie drauf und dran gewesen … was zu tun? Wirklich ernsthaft übereinander herzufallen? Wohl kaum. Nicht dort, nicht in diesem Augenblick, in diesem Haus, jedenfalls.
Und vielleicht ja nie. Aber er wollte es, und wenn es nur ein einziges Mal wäre. Er wollte mehr von ihr schmecken. Alles.
“Wie bitte?”, fragte Jordan und blieb stehen. “Hast du etwas gesagt?”
“Nein.”
“Oh.”
Sie gingen weiter. Jordans Absätze klapperten auf dem mit Steinplatten belegten Weg, der von im Grün verborgenen Bodenscheinwerfern sanft angestrahlt wurde. Dunkle Stellen auf den Steinen verrieten, dass der Rasen vor Kurzem gesprengt worden war. Ein Geruch von nassem, frisch gemähtem Gras stieg ihm in die Nase. Es war ein süßer Geruch, ein Geruch, der den Frühling ankündigte. Komisch, dass er ausgerechnet jetzt zum ersten Mal seit Theresas Tod wieder an den Wechsel der Jahreszeiten dachte.
Theresa. Bei dem Gedanken an seine verstorbene Frau stieg leises Unbehagen in ihm auf. Er wollte nicht mit Jordan zusammen
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