Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
und die Pferde, die sie von der Straße aus sehen konnte, machten einen gut gepflegten Eindruck.
Sie parkte den Transporter neben der Scheune und sprang heraus. Mit dem Arztkoffer in der Hand rannte sie zu den Ställen. Ein großer breitschultriger Mann kam ihr entgegen, blinzelte vor dem hellen Tageslicht, beschattete die Augen mit der Hand – und blieb dann wie angewurzelt stehen.
Er hatte lange muskulöse Beine, die von Jahren harter körperlicher Arbeit zeugten. In Stiefeln, den verwaschenen Jeans und seinem langärmligen weißen T-Shirt sah er so unverschämt männlich aus, dass es Antonia fast den Atem nahm. Auch sie hielt inne, von ihrer eigenen Reaktion überrascht. Normalerweise ließ sie sich von eng sitzenden Jeans und einem muskulösen Brustkorb nicht so schnell aus der Fassung bringen, schließlich waren ihr seit dem Umzug nach Texas genug Cowboys begegnet. Einen so plötzlichen Anfall von purer instinktiver Lust hatte sie dabei allerdings noch nie erlebt.
Der Mann setzte sich schließlich wieder in Bewegung. “Wer zum Teufel sind Sie?”, fragte er stirnrunzelnd, als er bei Antonia angekommen war. “Wo ist der Doc?”
Er blickte zum Transporter hinüber, dann wieder zu Antonia. Obwohl er keinen Hut trug, überragte er sie um einige Zentimeter. Sein dichtes Haar war schwarz und etwas zerzaust, seine Haut von der Sonne tief gebräunt. Um seine dunklen Augen zeigten sich viele feine Fältchen – ein gut aussehender Mann, der auch aus der Nähe betrachtet nichts von dieser intensiven Ausstrahlung verlor, die Antonia schon von Weitem aufgefallen war.
“Verdammt!”, fuhr er fort. “Ich habe Lillian doch gesagt, dass Dr. Carmichael kommen soll. Hat sie mich nicht verstanden? Das Fohlen liegt falsch. Ich brauche einen Tierarzt, keine Laborassistentin frisch von der Schulbank!”
Jetzt wurde Antonia ärgerlich. “Ich
bin
der Tierarzt”, sagte sie kurz angebunden und streckte ihm die Hand hin. Zum Glück zitterte sie nicht, obwohl Antonia immer noch aufgewühlt war.
“Wie bitte?”
“Ich bin Tierärztin, die neue Kollegin von Dr. Carmichael in der Klinik.” Sie ließ ihre Hand wieder sinken. Vielleicht war er zu erregt, vielleicht auch einfach nur unhöflich. “Wo ist Ihre Stute?”
“Aber Sie können nicht …”, sagte er überrascht. “Sie sind ein junges Mädchen.”
“Ich nehme das als Kompliment für meine jugendliche Ausstrahlung”, sagte sie kühl. “Sie können meinen Fähigkeiten ruhig vertrauen, ich bin eine ausgebildete Tierärztin. Dr. Carmichael suchte einen jungen Kollegen, weil ihm die Arbeit zu viel wurde.”
Der Mann stieß einen Fluch aus. “Es geht hier um ein Pferd, nicht um ein Schoßtier. Sie können nicht …”
“Pferde sind mein Spezialgebiet, Sie haben also Glück”, entgegnete Antonia scheinbar gelassen. Denn mittlerweile fiel es ihr schwer, bei so viel Machogehabe ruhig zu bleiben.
“Verdammt, ich will doch nicht meine beste Stute verlieren, nur weil Carmichael politisch korrekt sein möchte und eine Frau als Tierarzt einstellt!”
“Meinetwegen werden Sie das Pferd bestimmt nicht verlieren!” Jetzt war sie wirklich wütend. “Ich bin absolut qualifiziert …”
“Eine Frau ist einfach nicht stark genug, um ein Pferd zu behandeln. Ich habe schon große Männer gesehen, die …”
“Falls es Ihnen nicht aufgefallen sein sollte …”, unterbrach ihn Antonia, “… ich bin über eins achtzig groß und mache regelmäßig Krafttraining. Mit Pferden komme ich wunderbar zurecht. Gewöhnlich benutze ich Logik, um eventuell fehlende Körperkraft auszugleichen. Falls wir mit Verstand nicht mehr weiterkommen sollten, können Sie ja übernehmen. Was sagen Sie dazu?”
Seine Augen blitzten, und er machte einen Schritt auf sie zu. Doch Antonia ließ sich nicht einschüchtern. Ohne Zögern trat sie ihm entgegen, sodass sie schließlich dicht voreinander standen. Sie erkannte sogar, warum seine Augen so dunkel wirkten: Eigentlich waren sie braun, doch umgeben von dichten schwarzen Wimpern.
Antonia blickte ihn herausfordernd an, stemmte die Hände in die Hüften und sagte: “Dr. Carmichael ist nicht hier. Ich schon. Sie haben also die Wahl: Entweder fahre ich jetzt wieder, und Sie warten, bis Dr. Carmichael in die Klinik kommt. Bis dahin hat Ihre Sturheit Sie wahrscheinlich eine Stute und ein Fohlen gekostet. Oder Sie führen mich jetzt zu den beiden, und ich versuche, sie zu retten. Also?”
An seiner Schläfe pulsierte eine Ader, und einen Augenblick
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