Tiffany Duo Band 0162
aber sie waren sehr nett gewesen.
Und Cassie hatte sie nur angegrinst.
Obwohl Sarah wusste, wie gefährlich es war, musste sie sich doch immer wieder ausmalen, wie es wohl sein mochte, Teil einer Familie zu sein, die sich so liebevoll zugetan war.
Obwohl sie natürlich nicht so töricht war zu glauben, dass das, was zwischen ihr und Jesse war, von Dauer sein könnte. Wie könnte sie – eine verängstigte Lehrerin, die Angst vor ihrem eigenen Schatten hatte – auch hoffen, einen so vitalen, lebenshungrigen Mann wie Jesse Harte zu bekommen?
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlte er sich zu ihr hingezogen, auch wenn sie wusste, dass es nicht von Dauer sein würde. Dennoch, im Augenblick gehörte er ihr. Und sie war wild entschlossen, sich die herrliche Zeit, die sie mit ihm genießen konnte, nicht dadurch zu verderben, dass sie sich das Unmögliche wünschte.
Als sie aus dem Schulgebäude trat, spannte sie ihren Regenschirm auf.
Bereits in der Nacht war ein schwerer Sturm aufgekommen, der an den neuen Fenstern ihres kleinen Hauses gerüttelt hatte. Sie und Jesse hatten sich nicht davon beeindrucken lassen. Gegen Morgen hatte der Sturm nachgelassen, aber es hatte den ganzen Tag leicht und gleichmäßig weitergeregnet.
Nachdem sie an ihrem Auto angelangt war, waren ihre Schuhe durchnässt. Sie schloss die Tür auf, schüttelte das Wasser aus ihrem Schirm und wollte eben einsteigen, als sie das leise Rumpeln eines ankommenden Fahrzeugs hörte.
Offenbar hatte irgendwer vor, noch spät abends zu arbeiten. Oder Jesse kam, um sich davon zu überzeugen, dass bei ihr alles in Ordnung war. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz warm ums Herz, und sie drehte sich mit einem erwartungsvollen Lächeln um. Es verblasste, als ihr Blick auf einen rostzerfressenen lehmbespritzten Pick-up fiel.
Den Fahrer – ein Mann etwa in Jesses Alter – hatte sie noch nie gesehen. Durch den Regenvorhang hindurch, der an seiner Windschutzscheibe herunterlief, sah sie, dass er einen Schnauzbart und schmutzig blondes Haar hatte, mit beginnenden Geheimratsecken.
Sarah warf ihm ein kurzes unpersönliches Lächeln zu, und wollte gerade in ihr Auto einsteigen, als er seine Wagentür öffnete und ihren Namen rief.
Mit einer plötzlichen dumpfen Vorahnung blieb sie neben der offenen Tür stehen, einen Fuß bereits im Auto. Es würde hineinregnen und ihre Polster würden nass werden, aber das war ihr egal. Obwohl sie wusste, dass es töricht war, brauchte sie plötzlich die Sicherheit ihres Autos.
“Ja?”, fragte sie mit einer Ruhe, die sie nicht verspürte.
“Ich würde mit Ihnen gern über meinen Jungen sprechen. Ich bin Hob Sylvester. Corey ist seit ein paar Monaten in Ihrer Klasse.”
Corey? Sie wusste, dass Seth der Stiefvater des Jungen war, aber sie hatte nicht gewusst, dass Coreys leiblicher Vater in Wyoming lebte, geschweige denn im Star Valley.
Das Wissen, wer er war, hätte ihre Befürchtungen eigentlich beschwichtigen müssen, doch Sarah verspürte ein eisiges Prickeln unter der Haut, das nichts mit dem Regen zu tun hatte. “Es ist scheußlich hier draußen und die Schule ist bereits geschlossen, Mr Sylvester. Warum kommen Sie nicht morgen direkt nach der Schule vorbei?”
Er musterte sie einen Moment, dann verzogen sich seine Lippen zu einem kalten Lächeln. “Nein, ich möchte lieber jetzt reden.”
Ihre Unsicherheit schlug in Angst um. Ihr Blick flog über den praktisch leeren Parkplatz, zu der dunklen Schule.
Sie waren ganz allein hier draußen, und dieser Umstand jagte ihr plötzlich eine Heidenangst ein.
“Wir können morgen reden.” Sie stieg in ihr Auto, ohne sich auch nur eine einzige Sekunde Gedanken darüber zu machen, wie unhöflich es wirken oder wie töricht sie sich später vorkommen könnte, wenn sie sicher und warm und trocken in ihrem Haus, in Jesses Armen war.
Jetzt wurde sie nur noch von der blinden Panik getrieben, die sich ihrer bemächtigt hatte. Sie knallte die Tür hinter sich zu und fummelte mit zitternden Fingern an der Zentralverriegelung herum.
Doch sie war nicht schnell genug. Bevor sie es schaffte, die Verriegelung herunterzudrücken, riss der Mann die Tür auf.
“Wollen Sie nicht mit mir sprechen?” Seine Stimme war jetzt kaum mehr als ein Knurren. “Ich dachte, Lehrer beschweren sich immer über Eltern, die sich nicht für die schulischen Leistungen ihrer Kinder interessieren. Nun, ich interessiere mich dafür, also lassen Sie uns reden.”
Mann, ihn hatte es schlimm
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