Tiffany Extra Band 01
naiv. Unerfahren. Eine erfahrenere Frau würde nicht so erröten, besonders wenn sie so gut aussah wie Lindsey. Mit dem langen blonden Haar, dem Engelsgesicht und den riesigen blauen Augen könnte sie jeden Mann schwach machen.
Rick betrachtete ihr Gesicht. Die dichten dunklen Wimpern warfen Schatten auf ihre Wangen, ihre Lippen waren halb geöffnet. Eigentlich sah sie viel jünger aus als siebenundzwanzig. Ob sie ihn hinsichtlich ihres Alters belogen hatte?
Wohl kaum. Dass sie ihm ihren richtigen Namen verschwiegen hatte, war für ihre Verhältnisse schon kühn genug.
Es war nicht das erste Mal, dass man ihn auf diese Weise belogen hatte. Heutzutage waren fast alle Mädels, die bei Waimea und Sunset herumhingen, kaum älter als dreizehn, behaupteten aber, über zwanzig zu sein.
Rick selbst war kein Heiliger, aber er hielt sich von Frauen unter einundzwanzig fern. In letzter Zeit legte er gar nicht mehr so viel Wert auf schnellen Sex. Vielleicht weil alles zu einfach geworden war – die Herausforderung fehlte. Es gab kein Herzklopfen mehr. Das machte keinen Spaß. So wie sein Leben in letzter Zeit.
Der Surfboard-Shop, den er besaß, war zwar nicht schlecht, besonders jetzt, da er endlich einen kleinen Gewinn abwarf. Es machte ihn auch stolz, dass er damit ein paar Kids die Möglichkeit geben konnte, sich auf legale Weise Geld zu verdienen. Aber er musste nicht ständig präsent sein, der Laden lief auch ohne ihn. Wally kümmerte sich um das Geschäft. Der Surferveteran war genau zur rechten Zeit gekommen. Umso besser, denn so fand Rick mehr Zeit, um an seinem neuen Surfboard-Design zu arbeiten.
Der Wind frischte auf, und es wurde kühler. Lindsey bewegte sich im Schlaf und kuschelte sich enger an ihn. An die harten Winter in Michigan gewöhnt, fror er nicht. Er bewegte seinen Arm, sodass Lindseys Kopf auf seiner Brust zu liegen kam. Wo hatte sie gesagt, war sie aufgewachsen? Irgendwo im Mittleren Westen. Oder dachte er das, weil sie bis vor Kurzem in Chicago gelebt hatte?
Rick zog das Laken unter seinem Kopf hervor, schüttelte es mit einer Hand aus und breitete es über Lindsey. Jetzt erinnerte er sich, was sie ihm erzählt hatte. Sie war als Kind sehr oft umgezogen, hauptsächlich in der Gegend um die Großen Seen und Florida. Nirgendwo waren sie länger als drei Jahre geblieben, es hatte etwas mit dem Job ihres Vaters zu tun gehabt. Auf die Art war es sicher schwer gewesen, Freundschaften zu schließen.
Immer mehr Wolken zogen auf und verdeckten den Mond und die Sterne. Rick konnte Lindsey kaum noch sehen, aber er spürte die Wärme ihres Körpers, und das war ihm für den Augenblick genug.
5. KAPITEL
Stimmen drangen in Lindseys Traum von Osterhasen und Surfboards. Redete jemand mit ihr? Nein, die Stimmen waren weit entfernt. Moment mal, wieso Osterhasen?
Lindsey versuchte, den Arm auszustrecken. Irgendetwas war im Weg. Benommen drehte sie sich auf den Rücken und bewegte die Schulter hin und her, um das zusammengeballte Stück Decke unter ihrer Schulter wegzubekommen. Irgendwie klappte es nicht. Frustriert öffnete sie die Augen.
Sie war ja gar nicht in ihrem Zimmer.
Sie schaute nach oben. Bewölkter Himmel.
Ihr Herz begann zu rasen. Da erinnerte sie sich. Sie hatten ein Picknick am Strand gemacht, und dann war sie eingeschlafen. Aber war es da nicht dunkel gewesen?
Sie drehte den Kopf – und blickte Rick in die Augen. Er lächelte. Das unbequeme Stück Decke war in Wirklichkeit sein Arm, den er um sie gelegt hatte.
„Morgen“, murmelte er und drückte Lindsey an sich.
„Guten Morgen.“ Sie erwiderte sein Lächeln und schloss kurz die Augen. Sein Kuss landete halb auf ihrer Wange, halb auf ihrem Augenlid. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ihr klar wurde, was er gesagt hatte. „Morgen? Nein, das kann nicht sein.“ Sie setzte sich auf und blickte zum diesig grauen Horizont.
Von hinten waren Stimmen zu hören, jedoch zu weit weg, um irgendetwas verstehen zu können. Das waren also die Stimmen, die sie geweckt hatten.
Sie blickte über die Schulter und sah zwei junge Männer mit Surfboards. Sie waren noch ein gutes Stück entfernt, kamen jedoch auf sie zu.
„Ist es wirklich schon Morgen?“, fragte sie entsetzt.
Rick setzte sich langsam auf und blinzelte zum Wasser. „Schöne Wellen.“
„Ach du meine Güte.“ Lindsey rieb sich die Augen. Wie gedankenlos von ihr! Mia und Shelby hatten sie wahrscheinlich schon als vermisst gemeldet. Sie musste unbedingt zurück ins Hotel. Sie musste
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