Tiffany Extra Band 01
neben sie setzte. „Ist das universale Surfersprache, oder muss man Mitglied in einem Klub sein?“
„Teils, teils“, erwiderte Rick. „Der Mann von der Strandwache ist ein Freund von mir. Ich habe ihn gebeten, auf einen der Jungen besonders aufzupassen.“
Lindsey lächelte. Es war das gleiche still beglückte Lächeln, das er manchmal bei seiner Schwester sah, wenn er mit seinen Nichten und Neffen spielte. Es verunsicherte ihn. „Nett von dir, dass du dich so um die jungen Leute kümmerst.“
„Das ist ganz normal hier, dass man sich gegenseitig hilft.“ Rick stand auf und streckte Arme und Beine. „Macht es dir etwas aus, wenn ich ein paar Minuten ins Wasser gehe?“
„Und was ist mit deiner Schulter?“ Einer der jungen Männer, denen sie am Strand begegnet waren, hatte sich nach Ricks Schulter erkundigt. „Bist du sicher, dass alles okay ist?“
„Absolut.“
Besorgt blickte Lindsey zum Wasser. „Die Wellen sind wirklich riesig.“ Sie schaute Rick an, und ihre großen blauen Augen sagten mehr als Worte. Sie wünschte, er würde nicht dorthin gehen. Sie hatte Angst um ihn.
Rick brach den Blickkontakt ab und griff nach seinem Surfboard. Diese Art von Besorgtheit konnte er nicht leiden. Verdammt, er wollte gar nicht, dass Lindsey überhaupt Gefühle dieser Art für ihn entwickelte.
„Ich bleibe nicht lang weg. Muss nur ein paar Heißspornen dort zeigen, wo’s langgeht.“ Er zögerte, überlegte, ob er Lindsey küssen sollte, überlegte es sich dann aber anders und ging los.
Das wäre jetzt ein guter Test für seine Schulter. Seit vier Wochen war er nicht im Wasser gewesen. Der Arzt hatte ihm geraten, sechs Wochen zu pausieren, aber, bei allem Respekt, er kannte seinen Körper am besten.
Das Wasser war kühler, als es ihm lieb war, doch immer noch warm für die Jahreszeit. Er warf sich auf sein Surfboard und paddelte hinaus zu Ryan und Sam. Keiner von beiden war schon so weit, es mit diesen Wellen aufnehmen zu können. Aber in ihrem Alter hielten Jungen sich für unbesiegbar.
Immer wieder musste er über Lindsey nachdenken.
Ja, er mochte sie. Vielleicht zu sehr. Noch dreieinhalb Tage, dann würde er sie zum Flughafen bringen. Der Abschied würde ihnen nicht leichtfallen. Vor allem ihr nicht, fürchtete er.
Frauen wie sie schalteten nicht für eine Woche ihr normales Leben aus, wie man eine Lampe ausschaltete, um sie eine Woche später wieder einzuschalten, als ob nichts gewesen wäre. Wahrscheinlich würde Lindsey sich später Vorwürfe machen, weil sie so viel von sich preisgegeben hatte. Seine kleine Schwester Jenny hatte sich immer wieder an seiner Schulter ausgeweint, bis sie vor drei Jahren – zum Glück – geheiratet hatte.
Nachdem er verstanden hatte, dass Lindsey sein Telefonat mit Wally mit angehört hatte, war ihm klar geworden, welche Schlüsse sie gezogen hatte. Das Problem war nur, zu jedem anderen Zeitpunkt wären diese Schlüsse gar nicht so verkehrt gewesen. Er mochte Frauen. Und es gab hier so viele, die ihn auch mochten. Alles ganz unverbindliche Dates ohne irgendwelche Versprechungen. Niemand wurde enttäuscht oder verletzt. Sie kamen und gingen. Sie schauten ihn nicht besorgt an, mit großen blauen Augen. Sie sahen in ihm nur den Kerl, dem zehn oder fünfzehn Meter hohe Wellen keine Angst machten.
Lindsey war anders. Es waren ihre Augen. Wenn er ihr wehtäte, dann würde ihr Blick ihn sein Leben lang verfolgen.
Er sah Ryan auf die ganz großen Wellen zupaddeln und stieß eine ganze Reihe Flüche aus. Er schrie so laut er konnte, doch der Junge konnte ihn nicht hören.
Bevor Rick ihn erreichte, kam eine riesige Welle und begrub Ryan unter sich. So schnell er konnte, schwamm er auf den Jungen zu, obwohl inzwischen seine Schulter furchtbar schmerzte. Aber er hatte es nicht anders verdient. Er war nämlich nicht nur wegen Ryan hinausgepaddelt, sondern auch um Lindsey zu beeindrucken. Was für ein Idiot war er doch.
Es gelang ihm, Ryan zu packen und zu sich aufs Surfboard zu ziehen. Mit aller Kraft paddelte er von der Welle weg, während der Junge sich an das Board klammerte. Als Rick zurückblickte, türmte sich bereits die nächste Woge auf. Hoffentlich hatte Brian gesehen, was passiert war, und kam mit seinem großen Rettungsboot.
Lindsey beschirmte die Augen mit der Hand. Das Licht war so grell, dass sie trotz Sonnenbrille kaum etwas erkennen konnte. Rick machte keine Anstalten, sich aufs Surfboard zu stellen. Die Wellen kamen ihr inzwischen noch größer
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