Tiffany Lieben & Lachen Band 0013 (German Edition)

Sam hatte ihr Leben verändert. Seit er weg war, gab es da nur noch eine große Leere. “Es ist eine lange Geschichte.”
    “Schreiben Sie sie für mich auf”, erwiderte Philomena. “Zwei Seiten, zweizeilig. Ich erwarte korrekte Orthografie und korrekte Zeichensetzung.”
    Lauren lächelte. “Klingt ganz nach einer Lehrerin.”
    “Ich bin mittlerweile pensioniert, aber es macht mir Spaß, Nachhilfe zu geben.” Mrs Gallagher sah auf ihre Uhr. “Wo steckt der Junge?”
    “Was hat Travis gemeint, als er sagte, Sie seien auch Sams Nachhilfelehrerin?”
    Travis tauchte plötzlich auf. Er trug einen Stapel Bücher. “Mrs Gallagher bringt Sam das Lesen und Schreiben bei. Sie wissen doch, dass er diese komische Dysweißnichtwas hat.”
    “Dyslexie”, sagte Lauren. “Meinst du das?”
    “Genau.” Travis legte die Bücher auf den Tisch. “Er übt wirklich viel.”
    “Sam hat Durchhaltevermögen”, bemerkte Mrs Gallagher.
    “Ich bin froh, dass Sie ihm helfen.”
    “Ich wollte ihm schon vor Jahren helfen, doch damals war er zu stur, um zuzugeben, dass er ein Problem hat. Sam war einer meiner intelligentesten Schüler, doch irgendwie fiel er einfach durchs Raster des Systems.”
    Lauren schaute sie überrascht an. “Sie wussten, dass er an Dyslexie leidet?”
    “Damals nicht. Aber ich bemerkte, dass er es vermied, zu lesen und zu schreiben. Es war klar, dass etwas nicht in Ordnung war, doch Sam wollte nicht darüber sprechen. Bis vor ein paar Tagen.”
    Lauren schluckte. “Was geschah da?”
    “Sie haben ihm das Herz gebrochen.”
    Lauren ließ sich auf einen Stuhl sinken. “Er hat mich belogen.”
    Philomena nickte. “Sam hat sein ganzes Leben damit verbracht, Leute hinters Licht zu führen. Es war die einzige Möglichkeit, sich zu schützen. Erst jetzt begreift er, was es ihn gekostet hat.” Sie öffnete erneut ihre Aktentasche. “Hier. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.”
    “Was?”
    “Ich unterrichte Sam jeden Tag. Er macht große Fortschritte. Ich glaube, seine Dyslexie ist nicht sehr ausgeprägt. Da ihm das Lesen in der Grundschule schwerfiel, hat er einfach irgendwann aufgegeben.”
    “Er dachte, er sei zu dumm dazu.”
    “Er ist sehr intelligent”, antwortete Philomena. “Und sehr entschlossen.” Sie nahm ein Blatt Papier aus ihrer Mappe. “Schreiben zu lernen fällt ihm allerdings schwerer als lesen zu lernen. Daher habe ich ihm geraten, er solle sich den wichtigsten Satz ausdenken, den er einem Menschen schicken möchte. Das war eine große Motivation für ihn.”
    Lauren schluckte hart, als Philomena Gallagher ihr den Zettel gab. Sie konnte Spuren des Radiergummis ausmachen. Doch die Zeile, die in Bleistift geschrieben war, war durchaus lesbar. Sie lautete:
Ich liebe Dich, Lauren.
    Die Kehle wurde ihr eng. “Das hat Sam geschrieben?”
    “Ja. Es hat ihn ziemlich viel Mühe gekostet.”
    Es war der schönste Liebesbrief, den Lauren jemals gelesen hatte. Sie wandte sich an Travis. “Weißt du, wo Sam gerade ist?”
    “Er müsste eigentlich jede Minute hier sein. Er hat nämlich Unterricht”, erwiderte der Junge grinsend. “Wird der Augen machen, wenn er Sie hier sieht!”
    Lauren wischte sich eine Träne von der Wange. “Sag ihm nicht, dass ich hier war, bitte.”
    “Na gut.” Das Lächeln verschwand. “Heißt das, Sie sind immer noch böse auf ihn?”
    “Nein, bin ich nicht mehr.” Sie beugte sich spontan zu Travis und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    Er zog eine Grimasse und wischte sich über die Wange. “Puh. Warum küssen einen die Mädchen immer?”
    Lauren lachte, und Philomena schmunzelte. “Tut mir leid. Manchmal können wir einfach nicht anders.”
    “Das nächste Mal küssen Sie lieber Sam.”
    “Mache ich”, versprach Lauren. Dann nahm sie hastig ihre Sachen und verließ eilends die Wohnung. Sie hoffte, draußen nicht aus Versehen Sam zu begegnen. Denn sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Eins jedoch war ganz sicher: Sie würde nie wieder vor der Liebe davonlaufen.
    Sam verließ den Aufzug und ging zu seinem Apartment. Der Unterricht bei Mrs Gallagher war gut gewesen. Sie war immer noch genauso streng und fordernd, wie sie es auf der Highschool gewesen war, doch mittlerweile war er alt genug, ihre Beharrlichkeit zu schätzen und anzuerkennen, dass sie sich für ihre Schüler wirklich einsetzte.
    Das Beste war, dass sie den Liebesbrief, den er Lauren geschrieben hatte, gut fand. Er hatte heute weiter daran gearbeitet, bis Mrs Gallagher meinte, jetzt sei er in