Tiffany Sexy Band 73
oder ob ich gut küsse.“
Seine Mundwinkel zuckten, sein Griff ums Lenkrad wurde fester, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Wer ist dein Lieblingsautor?“, fragte er.
Jamie seufzte innerlich, obwohl dies immer noch besser war als ein Gespräch übers Wetter und besser, als schweigend im Auto zu sitzen. Am liebsten hätte sie natürlich gewusst, was er über den Kuss dachte. „Ich würde Tess Gerritsen nennen. Sie schreibt eine Krimiserie über einen Police Detective in Boston und eine Gerichtsmedizinerin.“
„Hm.“
„Was soll das nun wieder heißen?“
Er zuckte mit den Schultern und hielt den Blick auf die Straße gerichtet. „Ich hätte eher darauf getippt, dass du auf etwas weniger Schauriges stehst.“
Wegen dem, was sie durchgemacht hatte? „Es ist doch nur Fiktion. Unterhaltungsliteratur. Ich will nicht vergessen, was mir widerfahren ist, indem ich der Realität entfliehe. Ich will sie auch nicht verarbeiten, indem ich meine Erfahrung auf ein Stück Fiktion projiziere. Ich lese einfach nur gern.“
„Wenn du es sagst.“
Er glaubte ihr nicht, vielleicht versuchte er auch nur, sie auf Distanz zu halten. Das allerdings ergab keinen Sinn, wo er doch die ganze Zeit bemüht war, Nähe herzustellen. Vielleicht hatte der Kuss seine Meinung geändert.
„Und was ist dein Lieblingsrestaurant?“
Na schön, sie würde das Spiel mitspielen, und sei es nur, um zu sehen, ob er auf jeden einzelnen Punkt ihrer Aufzählung eingehen oder beim letzten – dem Küssen – aufhören würde. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein Lieblingsrestaurant habe, aber da ist eins in Junction namens ‚Isaack’s‘, wo es die besten Cheeseburger gibt, die ich je gegessen habe.“
Das entlockte ihm immerhin ein leises, raues Lachen. Er schaute in den Seitenspiegel, blinkte und wechselte die Spur.
„Und wie steht es mit Angeln?“
Er hatte die Frage nach ihren Reisezielen übersprungen – weil er es eilig hatte, zum Thema Küssen zu kommen? Oder wollte er das Gespräch einfach nur hinter sich bringen? „Habe ich noch nie gemacht.“
Das brachte ihr einen Blick ein, den sie wegen der dunklen Sonnenbrille leider nicht deuten konnte.
„Ich weiß nicht, ob ich schon mal jemandem begegnet bin, der noch nie geangelt hat. Hattest du nie die Gelegenheit dazu oder einfach kein Interesse?“
„Beides, vermute ich, obwohl ich gern Tiere aus dem Meer esse. Und aus Seen, Flüssen, Sümpfen.“
„Aus Sümpfen?“
„Flusskrebse, Froschschenkel, Alligator.“
Kell schüttelte den Kopf und gab einen Laut von sich, den sie als Ausdruck von Ungläubigkeit interpretierte. Dabei schien er nicht der Typ zu sein, der sich vor ungewöhnlichen oder exotischen Gerichten ekelte.
„Du hast nie geangelt, isst aber Froschschenkel und Alligator.“
„Ich muss beides ja nicht fangen, nur bestellen“, konterte sie. Ihre Kopfschmerzen ließen allmählich nach, zusammen mit der Anspannung, die diese Fahrt so schwierig machte. Seltsam, wie sehr es die Dinge vereinfachte, wenn man sich unterhielt. Natürlich traf das nicht auf jedes Thema zu, und es hatte durchaus seine Berechtigung, dass es Dinge gab, über die sie in den vergangenen zehn Jahren geschwiegen hatte. Wieso sie ausgerechnet mit Kell Harding so viel wie mit niemandem sonst über das sprach, was ihr widerfahren war, wusste sie selbst nicht. Darüber wollte sie auch nicht nachdenken. Sie würde beim Thema Essen bleiben, das war sicher. Flusskrebse, Froschschenkel, Alligator.
Sie lehnte sich ein wenig zur Seite, um ihn besser ansehen zu können. „Falls du es gestern Abend nicht bemerkt hast – ich esse sehr gern. Ich probiere alles und mag fast alles. Mein Mund wurde definitiv zum Essen geschaffen.“
„Deshalb schmeckst du wahrscheinlich so gut.“
Hoppla, schon waren sie beim Kuss.
Der Kuss. Kell seufzte innerlich. Der Gedanke an Jamies Mund hatte den an die bevorstehende Hypnose vollkommen verdrängt.
Sie irrte sich, ihr Mund war nicht zum Essen geschaffen, sondern für das, wofür sie ihn am vergangenen Abend benutzt hatte. Er war überzeugt davon, dass sie ihn noch für ganz andere Dinge benutzen konnte – eine Vorstellung, die aufregende Bilder in seiner Fantasie entstehen ließ.
„Ich glaube nicht, dass jemals jemand zu mir gesagt hat, ich schmecke gut“, erwiderte sie schließlich und errötete ein wenig. „Ich bin sicher, es hat mit dem Whiskey zu tun.“
Gut gekontert, dachte er, obwohl sie beide wussten, dass es hier nicht darum ging.
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