Tiffany Sexy Band 79
komme dich holen“, rief er. „Ich verspreche es.“
Wie lange war das her? Minuten? Stunden? Tenley konnte sich nicht mehr erinnern. Warum war sie so verwirrt? Wieder rief sie seinen Namen. Und dann noch einmal. Und immer wieder, bis ihre Stimme versagte und ihre Kehle ganz rau war.
Das Geräusch kam ganz plötzlich, ein leises Brummen oder Rauschen. Ein Bootsmotor? Kam Tommy sie holen, wie er es versprochen hatte? Doch als das Geräusch näher kam, stellte Tenley fest, dass es nicht von einem Motor stammte, sondern von einer Welle. Einer Welle, die so groß war, dass sie den Mond und die Sterne verdeckte. Sie hielt den Atem an. Wo kam diese Welle her?
Ungeheure Wassermengen stürzten auf sie ein und erdrückten sie, drückten sie tief unter die Oberfläche. Ihre Lungen brannten, und sie versuchte, nach oben zu kommen. Luft! Luft! Vielleicht war es besser, nicht mehr zu kämpfen. Hatte Tommy das gemacht? War er jetzt in Sicherheit, oder hatte die schwarze Welle ihn auch verschluckt? Nein, das … das konnte nicht sein. Sie musste …
Als Tenley erwachte, saß sie aufrecht im Bett und schnappte nach Luft. Einen Moment lang wusste sie nicht, wo sie war. Sie rieb sich die Arme, aber die waren ganz warm, umhüllt von den langen Ärmeln ihres T-Shirts. Sie war in Sicherheit. Aber wo war Tommy? Warum war er nicht …?
Ein Gefühl von Schwäche und Übelkeit stieg in ihr auf, als ihr klar wurde − wieder einmal −, dass Tommy fort war. Manchmal hatte Tenley wunderbare Träume von ihrer gemeinsamen Kindheit. Sie waren die besten Freunde gewesen, Zwillinge, die Kinder eines Malers und einer Dichterin. Sie waren sehr frei aufgewachsen.
Damals hatten sie am Seeufer gelebt, in der Wohnung über Großvaters Atelier. Das Segelboot hatte er ihnen zum dreizehnten Geburtstag geschenkt, und seitdem waren sie jeden Sommer über die Bucht geschippert. Der Wind hatte die Segel gebläht, und die Sonne hatte ihr jugendliches Glück beschienen.
Doch im Lauf der Jahre waren sie draufgängerisch geworden, waren von den zerklüfteten Felsen ins Wasser gesprungen, waren nachts durch die Wälder gestreift oder über die Bucht hinaus zu einer der kleinen Inseln gesegelt.
Sie waren sich bewusst gewesen, wie schnell das Wetter umschlagen konnte. Aber sie liebten es beide, ihre Grenzen auszutesten und sich gegenseitig herauszufordern.
Ein Schauer überlief Tenley, und sie zog sich die Decke hoch bis ans Kinn. Es war ihre Idee gewesen, zur Insel hinauszusegeln und die Nacht dort zu verbringen. Obwohl der Wind vom See her blies, hatten sie sich nicht davon abbringen lassen.
Doch gegen den Wind zu segeln, hatte länger gedauert als erwartet, und als sie das offene Wasser erreicht hatten, war es schon dunkel gewesen. Tommy wollte zurück, doch Tenley hatte nicht nachgegeben und ihn angestachelt, weiterzusegeln. Ein paar Minuten später hatte eine heftige Böe das Boot umgeworfen.
Normalerweise, im ruhigen Gewässer innerhalb der Bucht, war es immer ganz leicht gewesen, das Boot wieder aufzurichten, aber hier arbeiteten die Wellen gegen sie. Bald waren sie völlig erschöpft. Tenley konnte die Umrisse der Insel erkennen und schlug vor, dorthin zu schwimmen. Aber in der Dunkelheit war es unmöglich gewesen, die Entfernung abzuschätzen. Am Ende war Tommy losgeschwommen, um Hilfe zu holen.
Stunden später hatte man sie gefunden, am nächsten Morgen ihren Bruder. Sein Körper war an das felsige Ufer im Norden der Stadt gespült worden. Tenley schüttelte den Kopf und versuchte, die schrecklichen Erinnerungen zu verscheuchen. Es war fast einen Monat her, seit sie das letzte Mal von ihm geträumt hatte. Einerseits wünschte sie, nie wieder von diesen Träumen gequält zu werden. Aber manchmal waren die Träume auch gut. In solchen Träumen war sie wieder glücklich mit ihrem Bruder vereint.
Sie schlug die Decke zurück, stand auf und streckte die Arme über den Kopf. Es war eiskalt im Zimmer. Der Wind fand immer genügend Spalten zwischen den Balken des alten Blockhauses, und draußen tobte immer noch ein Sturm.
Tenley rieb sich die Augen und wandte sich Richtung Küche. Sie schlief selten mehr als vier oder fünf Stunden pro Nacht. Eine lange Zeit hatte sie aus Angst vor den Albträumen kaum gewagt, überhaupt zu schlafen. Aber mit der Zeit hatte sie gelernt, damit zu leben und die guten Träume zu genießen.
Die Hunde lagen vor Alex’ Tür. Sie schürte die Glut des Feuers im Kamin und legte ein Scheit nach. Während die Flammen um das
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