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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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streckte nur langsam die Hand aus.
    Der Mann lächelte spöttisch, doch als er Haris größere Hand umklammerte, flog ein merkwürdiger Ausdruck über sein Gesicht und wischte den selbstbewussten Charme für einen Augenblick weg. Seine Reaktion dauerte nur einen Moment. Hari ließ ihn los. Der Mann trat einen Schritt zurück, und sofort glitt seine selbstbewusste Maske wieder an ihre Stelle. Doch als er seine Zigarette zum Mund führte, glaubte Dela, ein Zittern in seiner Hand zu bemerken.
    »Möchten Sie sich setzen?« Hari deutete auf den freien Stuhl neben sich.
    Dela fiel auf, dass der Mann erst jetzt zu bemerken schien, dass ihn die anderen am Tisch anstarrten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand, schon gar nicht dieses schlanke, drahtige Individuum, so vollkommen versunken sein sollte, aber seine verwirrte Miene legte nahe, dass er in einer privaten Sphäre kurz verloren gegangen war, in der nur zwei Menschen eine Rolle spielten: Hari und er selbst.
    Einen Moment lang schien es so, als wollte er davonlaufen; seine Augen hatten einen wilden Ausdruck, als bedeutete es für ihn, einen Käfig zu betreten, wenn er sich an den Tisch setzte. Er rollte die Zigarette zwischen den Fingern, während die anderen warteten, neugierig, aber unbesorgt. Wenn er sich setzte, gut, wenn nicht, dann würde Hari ihnen das Rätsel erklären. Vielleicht spürte er ihre Gelassenheit, jedenfalls hockte er sich auf den Rand des Stuhls. Hari drehte sich zu den anderen herum.
    »Er ist wie ich«, sagte Hari, als würde dies alles erklären. Der Fremde stieß einen Fluch aus und wollte aufstehen.
    »Moment«, sagte Dean. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Was ist das für eine Erklärung, Hari? Du kennst den Mann?«
    »Ich versichere Ihnen«, erklärte dieser, während er sprung-bereit dasaß, »dass wir uns vollkommen fremd sind.« Seine Stimme klang so weich wie alter Whiskey.
    »Sie benehmen sich nicht wie Fremde«, erklärte Artur.
    »Hari«, flüsterte Dela. »Ist er auch ein Gestaltwandler?«
    Der Mann hörte sie und warf Hari einen scharfen Blick zu. »Sie weiß es?«
    »Sie alle wissen es«, antwortete Hari. »Und sie alle sind vertrauenswürdig. Sonst wäre ich nicht hier bei ihnen.« Dann fuhr er beinah eifrig fort: »Wie nennen Sie sich? Und als was laufen Sie?«
    »Mein Name ist Koni«, erwiderte er und wartete aufmerksam auf die Reaktion der anderen. »Ich fliege als Rabe. Und Sie?«
    »Ich bin Hari. Ich laufe als Tiger.«
    »Tiger.« Koni wich erschrocken zurück und schien die Anwesenheit der anderen für einen Augenblick erneut zu vergessen. »Tiger sind Legende. Sie müssen der Letzte Ihrer Art sein.«
    »Und Sie?«, fragte Dela scharf, weil sie spürte, dass Konis Worte Hari verletzten. »Wie viele von Ihrer Art gibt es noch?«
    Er hob eine Braue. »Zu wenige.«
    Hinter ihm spielte sich Kit das Herz aus der Brust, und die Musik erfüllte die Luft. Für einen kurzen Moment fing sie jedoch Delas Blick auf, und die Botschaft in Kits Augen war unmissverständlich. Es würde Fragen geben, und diese Fragen würden auch verdammt noch mal beantwortet werden. Niemand ignorierte Kit, wenn sie spielte, vor allem dann nicht, wenn der Song den beiden Männern gewidmet war, die ihr gerade den Rücken zukehrten. Kit entging nichts, wenn sie auf der Bühne stand. Absolut nichts.
    »Oookay.« Dean legte seine Hände flach auf den Tisch. »Es ist offensichtlich, dass ich mal wieder mitten in der Twilight
    Zone stecke. Nur, damit ich das richtig verstehe. Wenn ich es von Hari höre, ist das eine Sache, aber von Ihnen ist es etwas völlig anderes.« Er holte tief Luft. »Sie können Ihre Gestalt von Mensch zu Tier wandeln, und wenn Sie nicht wie ein Mensch aussehen, dann weil Sie sozusagen Federn am Hintern haben... wie Tweety.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich das Bild, das mit dieser Aussage verknüpft ist, sonderlich schätze, aber im Großen und Ganzen trifft es zu.«
    Dean kniff sich in die Nase. Eddie klopfte ihm mitfühlend auf den Rücken.
    »Hören Sie«, fuhr Koni fort. »Es ist großartig, dass Sie alle toll finden, was ich bin, aber für mich ist das nicht so gemütlich. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern gehen. Hari, war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen. Ich hoffe, Sie sterben nicht aus.«
    »Warten Sie.« Blue winkte der Kellnerin. »Trinken Sie etwas. Ich würde gern wissen, warum Sie sich uns überhaupt genähert haben. Das hier ist ein sehr öffentlicher Ort, und Hari sitzt an einem Tisch voller

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