Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie
Versunkenheit.
„Christopher, darf ich dir den Viscount Sheldon vorstellen?“ Victor deutete auf den schmächtigen Mann neben sich. Der gewaltige Schnurrbart und die Koteletten zitterten, als er Christopher begrüßte. „Wir kennen uns bereits, Lord Winchester.“
„Ach, richtig.“ Victor nickte. „Ihr seid Teilhaber einer Handelsgesellschaft.“
„Croenings and Gambler, haargenau. Mr. Drysdale und ich hatten das Vergnügen, einander im Zuge eines Geschäftstreffens im Brooks’s Club vorgestellt zu werden.“
„Viscount, es ist mir eine Freude. Wie gehen die Geschäfte?“
„Vortrefflich“, gluckste der Mann, und seine Gesichtshaare vibrierten. „Kann nicht klagen. Und bei Euch? Hattet Ihr mich nicht nach den Passagierlisten gefragt? Konntet Ihr die betreffende Dame finden?“
Christopher verneinte.
Das Lachen der Ladys erregte die Aufmerksamkeit der Herren, und Christophers Hand glitt an seine Brust, die sich ohne sein Medaillon nackt und leer anfühlte. Wie viel Zeit war vergangen? Zwei Jahre, drei Jahre? Und immer noch keine Spur von Margret, der diebischen Elster! Es war hoffnungslos. Er sollte endlich lernen zu vergessen. Sein Medaillon, das einzige Erinnerungsstück, das er von seiner chinesischen Mutter besaß, war mit Margret in einem der Londoner Bordelle verschwunden.
„Wollen wir uns den Damen anschließen?“ Phineas Greene, Viscount Sheldon, warf einen fragenden Blick in die Runde. „Und vielleicht wäre einer von Ihnen so freundlich, mich der jungen Lady vorzustellen, mit der sich meine Gattin so angeregt unterhält.“
Unsinnige Eifersucht stieg in Christopher auf. Anna war sein!
„Ihr Name ist Anna Drysdale“, knurrte er.
Phineas warf Christopher einen interessierten Blick zu. „Oh, Eure Frau Gemahlin? Ich wusste nicht, dass Ihr verheiratet seid.“
Annas Augen leuchteten, ihr Mund lächelte, und als sie einen Schluck Tee nahm, konnte man die Bewegung ihrer Kehle überdeutlich sehen. Unwillkürlich stellte sich Christopher vor, wie ein Tropfen in ihr Dekolleté fiel, auf ihren makellosen, weißen Busen, in der Spalte ihrer Brüste entlangrann, hinab zu ihrem Bauchnabel. Und wie er sich darüberbeugen würde und den Tropfen auflecken wollte. Seine Spur mit der Zunge nachzeichnete, in seinem Mund Annas Geschmack, ihr Duft in seiner Nase, und dazu die samtige Haut unter seinen Lippen und der Zunge zu fühlen.
Er schluckte trocken und spürte, wie eng seine Hose auf einmal war. Sein geschwollener Schaft drängte gegen sein Stoffgefängnis, und der Versuch, ihn unbemerkt so zu legen, dass es nicht mehr auffiel und sich gleichzeitig angenehmer anfühlte, schlug fehl.
Es kostete ihn Mühe, Haltung zu bewahren und niemanden sein Malheur merken zu lassen. Die drei Männer gingen zum Tisch, und nachdem Christopher dem Viscount Anna vorgestellt hatte, ließ er sich auf den Stuhl fallen, der Anna am nächsten stand.
„Tee?“ Annas liebliche Stimme lenkte seine Aufmerksamkeit auf sie. Er beäugte sie misstrauisch. War denn nie jemandem das rebellische Funkeln in ihren Augen aufgefallen? Der sture Zug um ihren Mund?
Sie hielt ihm die Porzellankanne entgegen und wirkte augenscheinlich freundlich. Christopher wusste nicht, woran es lag, doch er ahnte, dass sie etwas im Schilde führte. Er nickte schroff, und während er noch überlegte, was sie vorhaben könnte, stolperte sie nach vorn, stieß an den Tisch und kippte ihm den heißen Tee über die Hose.
Keuchend sprang Christopher auf und hüpfte von einem Bein auf das andere. Er sah das teuflische Aufblitzen in Annas Blick, dann stürzte sie auf ihn zu. Bewaffnet mit einer Leinenserviette machte sie sich daran, über den Teefleck zu reiben. Georgina Greene keuchte fassungslos, während Eleanor nach dem Butler läutete. Einzig Phineas Greene und Victor blieben ruhig sitzen, tranken Tee und schienen sich über die Situation zu amüsieren.
Anna redete auf ihn ein, doch Christopher schenkte ihren geheuchelten Entschuldigungen kein Gehör, zu sehr verstörten ihn die hektischen, aber dennoch sanften Berührungen Annas. Sein Penis zuckte, und so hatte Christopher wenigstens die Genugtuung zu sehen, wie Anna die Schamesröte in die Wangen stieg. Als wäre sie von einer Schlange gebissen worden, fuhr sie auf und stieß mit dem Kopf an Christophers Kinn. Sie stöhnte, und ihr erschrockenes Gesicht war Christopher den Schmerz wert.
Was für ein kleines Biest , dachte er, während er sein Kinn rieb.
Er nahm Anna sanft die Serviette aus den
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