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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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gestern auf dem Spielplatz.
    Klar, sage ich, das war Mord.
    Das war nicht einfach nur ein Mord, sagt Jameelah und kommt ganz nah an mich ran, ihr Atem riecht nach Tigermilch und benutzten Kondomen.
    Wieso, was denn sonst?
    Jasna, sagt Jameelah, immer mit ihrem Sorben ins Ku’dorf fahren und saufen! Du hast doch keine Ahnung. Das haben die alle geplant, und Amir steckt auch mit drin, wenn er den Bullen erzählt, er war es. Aber ich bin die böse Nazideutsche, na klar!
    Hör auf! Amir hat so was niemals geplant!
    Und warum sagt er jetzt, er wars?
    Keine Ahnung, vielleicht weil Tarik ihm gedroht hat.
    Keine Ahnung, ja? Ich sag dir mal was, wenn du Tariks Schwester bist und dich in einen Sorben verknallst und mit dem die ganze Nacht auf der Potse tanzt und Cuba Libre trinkst, dann lebst du gefährlich. Aber das kannst du dir natürlich nicht vorstellen, weil du nämlich die Deutsche bist, du bist die Deutsche!
    Bin ich gar nicht! Kann schon sein, dass ich nicht die Hellste bin, aber um zu wissen, was ein Mord ist und wie man sich danach verhält, dafür muss man keine Bücher gelesen haben, wie dein blöder Lukas. Überhaupt, wegen dem sitzen wir doch jetzt erst in der Scheiße!
    Ach, jetzt ist Lukas dran schuld oder was?
    Nein! Aber Tarik muss doch bestraft werden und nicht Amir, sage ich. Du kannst das nicht einfach so aufhalten. Überhaupt, zuerst nimmst du den Schmuck einfach so mit, dann schmeißt du meinen Ring weg und jetzt das, so geht das nicht.
    Hast du mal überlegt, was die für blöde Fragen stellen werden, sagt Jameelah, wir haben eine Tote beklaut! Am Ende denken die noch, wir warens.
    Dann müssen wir denen das halt erklären. Komm, du hilfst mir jetzt, den Ring aus dem Müll zu holen, und danach gehen wir zu den Bullen.
    Einen Scheiß gehe ich zu den Bullen, sagt Jameelah und drückt sich an die Klowand, ihre Unterlippe fängt an zu zittern, ihre Augenlider flattern auf und ab, wie zwei kleine pinkelnde Schmetterlinge.
    Ich schlucke.
    Du kapierst doch gar nicht, was das alles bedeuten kann, sagt Jameelah, du denkst doch nur an diesen blöden Ring, von dem du noch nicht mal weißt, ob er wirklich deiner Mutter gehört, ist ja klar, du brauchst ja auch keine Angst haben, dass du hier wegmusst, irgendwohin in ein Land, wo sie ihre Häuser aus Kamelscheiße bauen.
    Was hat das denn jetzt damit zu tun, sage ich.
    Alles. Dieser Scheiß mit Jasna, das bringt nur Ärger, das bringt Unruhe, und Unruhe geht jetzt nicht. Alles muss ruhig bleiben, bis das vorbei ist mit der Ausländerbehörde. Und Tarik, der ist gefährlich, wirklich gefährlich. Auge um Auge, so läuft das bei denen. Stell dir mal vor, es passiert noch mehr.
    Ich nehme Jameelah in den Arm.
    Was soll denn passieren, sage ich, aber Jameelah fegt meinen Arm von ihrer Schulter und sagt, glaubst du, ich weiß nicht, wovon ich rede? Stell dir doch einfach mal vor, du kommst nach Hause, die Bullen stehen bei euch im Wohnzimmer, und deine Mutter und Jessi liegen tot auf dem Sofa, stell es dir einfach nur mal vor.
    Nebenan geht jemand ins Klo und schält sich aus seinen Klamotten. Tampongeknister. Jameelah lehnt immer noch an der vollgekrakelten Klowand. süse kom und bums mit mir aber du must blond sein steht fett mit Edding neben ihrem Kopf, was das auf einem Mädchenklo zu suchen hat, frage ich mich.
    Kriegst du nicht hin, was, flüstert Jameelah und schaut mich triumphierend an.
    Ich zucke mit den Schultern.
    Ich finds übertrieben.
    Dann geh halt zu den Bullen, flüstert Jameelah, geh von mir aus hin, aber halt mich raus. Ich weiß von nichts, ich war auch nirgendwo, egal was du behauptest, verstanden? Und bei mir melden brauchst du dich danach auch nie wieder, weil ich, wenn du zu den Bullen gehst, die längste Zeit deine Freundin gewesen bin.
    Bin ich dir so egal, sage ich.
    Überhaupt nicht, im Gegenteil.
    Und Amir, ist der dir auch egal?
    Einen Scheiß seid ihr mir egal! Mann, kapierst du nicht, ich will euch nur beschützen.
    Gar nicht wahr, sage ich, du denkst die ganze Zeit nur an dich. Amir ist dir total egal. Und jetzt, da willst du nicht zu den Bullen, weil du genau weißt, dass ich allein eh nicht hingehe.
    Hör zu, sagt Jameelah und nimmt meine Hand, wir gehen zu den Bullen, aber noch nicht jetzt. Zuerst reden wir mit Amir. Amir muss die Wahrheit sagen. Wir müssen versuchen, ihn zu überreden, die Wahrheit zu sagen. Das ist der einzige Weg, der infrage kommt. Aber bis dahin dürfen wir niemandem etwas verraten, niemand darf wissen, dass

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