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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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an.
    Deine Aufenthaltsgenehmigung läuft bald ab, sagt er.
    Weiß ich selber, sagt Jameelah, greift nach der Scheckkarte und stopft sie zusammen mit dem Pass zurück in den Rucksack.
    Jameelah heißt Schönheit auf Arabisch, wusstest du das, sagt der Kindersitztyp, aber als Jameelah nicht antwortet, lacht er dröhnend und sagt, warum hast du denn nichts gesagt, dann hätten wirs von hinten gemacht, dann hättest du noch als Jungfrau in die Ehe gehen können.
    Ich schaue ihn von oben bis unten an.
    Was glotzt du so, sagt er.
    Sein Schwanz baumelt zwischen seinen behaarten Schenkeln herum, lang und dünn und rot, ein kranker Wurm, so hässlich, dass ich schnell wegschauen muss. Immer noch lachend verschwindet er im Bad.
    Jameelah zieht sich schnell ihre restlichen Klamotten über und hockt sich auf dem Teppichboden vor die schwarze Tasche. Im Portemonnaie vom Kindersitztyp sind mindestens 500 Euro. Ich drehe mich nach dem im Rollstuhl um. Der pennt.
    Ist billig, flüstere ich.
    Aus dem Bad hört man dieses Geräusch, das nur Männer machen, gelben Schleim hochziehen und ins Waschbecken spucken, hochziehen, von ganz unten, immer und immer wieder, wie bei einer Olympiade. Während ich mich anziehe, steckt Jameelah das Geld in ihre Chucks. Wir wühlen weiter in der Tasche.
    Guck mal, flüstere ich, Tabac-Parfüm, das mag Amir so.
    Die fast noch volle Flasche Tabac-Parfüm wandert in meinen Rucksack.
    Jameelah grinst, sie steckt Kaugummis, einen teuren Bio-Labello und ein Nagelset in meinen Rucksack.
    Voll das Mädchen, sagt sie, los, weg hier.
     
     
    Und, hats bei dir geblutet, fragt Jameelah, als wir wieder am Nollendorfplatz stehen.
    Nee, sage ich, und bei dir?
    Nee, auch nicht, nur so ein komisches Gefühl zwischen den Beinen.
    Bei mir auch. So ähnlich wie Muskelkater.
    Und jetzt?
    Keine Ahnung, bloß nicht nach Hause.
    Planet?
    Planet.
    An der Ecke holen wir uns eine Currywurst, dann fahren wir zur Wilmersdorfer. Am Planet sitzen Apollo und Aslagon, Aslagon macht sich die Nägel mit einer Pommesgabel sauber.
    Hier, sagt Jameelah und holt das Nagelset raus, schenk ich dir.
    Ist das aus Silber, fragt Aslagon misstrauisch.
    Nee, glaube nicht.
    Dann nicht.
    Wieso?
    Ich darf nur Geschenke aus Silber annehmen. Alles andere Metall lässt das Böse hinein.
    Quatsch, sagt Jameelah, euer Nagelklipper neulich, der war doch niemals aus Silber.
    Siehst du hier etwa irgendwo einen Nagelklipper, fragt Aslagon und hält die Pommesgabel hoch.
    Wir hocken uns auf den Planet und starren auf das trockene Zementbett. Mich juckt es irgendwie überall, hoffentlich hat der im Rollstuhl keine Krankheit gehabt, denke ich. Apollo und Aslagon tuscheln miteinander.
    Wer flüstert, der lügt, rufe ich.
    Wir lügen nicht, sagt Apollo.
    Nein, sagt Aslagon, wir lügen nicht, wir reden nur über euch, über eure Flügel.
    Was ist mit denen, sagt Jameelah.
    Die sind weg, sagt Apollo, wo sind eure Flügel hin?
    Haben wir auf dem Flohmarkt verkauft.
    Dann seid ihr keine Flügelkinder mehr, nur dass ihrs wisst.
    Ich glaube, damit können wir leben.
    Da war übrigens jemand für dich hier, sagt Aslagon und schaut mich an.
    Wer?
    Der Große, der immer Ott auf Tasche hat, sagt Apollo und grinst sein Totengräbergrinsen, der hat was an die Telefonzelle geschrieben.
    Ich springe vom Planet runter.
    Nini, ruf mich sofort an, Nico steht da, und daneben das Datum von heute.
    Los, ich muss Guthaben kaufen.
    Warte, sagt Jameelah, wir müssen vorher noch was erledigen.
    Was denn?
    Der Schmuck, flüstert sie.
    Ach so, sage ich, stimmt ja.
    Gemeinsam laufen wir rüber zur S-Bahn. Gleich vorn an der Unterführung steht ein Mülleimer.
    Schaut auch niemand, fragt Jameelah.
    Nein, sage ich, reg dich ab.
    Zwischen Labellos, Gummis, Tampons und Stiften suchen wir nach Jasnas Schmuck.
    Ein Teil nach dem anderen landet im Mülleimer. Plötzlich heften sich Jameelahs Augen auf meine Hand, wütend starrt sie auf den Ring.
    Sag mal, spinnst du jetzt eigentlich komplett, sagt sie und greift nach meinen Fingern.
    Was denn, sage ich, den hab ich doch schon die ganze Zeit an.
    Willst du den etwa behalten?
    Klar, der gehört mir doch, ich meine, meiner Mutter!
    Jetzt hast du wirklich einen an der Falafel!
    Wieso, sage ich, aber Jameelah fängt an, an meinem Finger rumzuzerren.
    Lass los, sage ich, den will ich behalten!
    Schwachsinn, gib her!
    Geht eh nicht, sitzt zu fest. Geht nur unter Wasser mit Seife!
    Jameelah zieht die Augenbrauen hoch und schaut mich lange an, dann

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