Tijuana Blues
Seite.«
Lizárraga verstaute die Zeitungen wieder im Aktenschrank. Er wirkte nachdenklich. »Pass auf dich auf. In der Oberliga zu spielen, ist was für Profis. Sie können dich jederzeit fertig machen.«
»Mach dir keine Gedanken. Ich werde einen Schutzengel anheuern. Einer von denen, die einen Tag und Nacht bewachen.«
»Am besten bezahlst du deine Beerdigung im Voraus.«
»Das habe ich schon.«
»Ist dir glatt zuzutrauen.«
»Wenn du etwas in Erfahrung bringst, hinterlass mir eine Nachricht im Hotel Del Norte.«
»Wenn sie dich umbringen, haben wir die Exklusivrechte, abgemacht?«
»Abgemacht.«
»Und wenn du diese verzwickte Geschichte aufklärst, gibst du uns zuerst Bescheid.«
»Alles klar.«
Ein Händedruck besiegelte den Pakt.
15
Lizárraga hatte Morgado vorgewarnt, dass er mindestens eine halbe Stunde anstehen müsste, um auf die andere Seite zu kommen. Er hatte Glück, es dauerte nur zwanzig Minuten. Aber damit war die Glückssträhne auch schon vorbei.
Im amerikanischen Kontrollhäuschen mit der Fassade eines feuersicheren Gefängnisses empfing Morgado ein junger, kräftiger Chicano, der ihn nach seinem Ausweis fragte. Morgado zeigte ihm seinen Pass voller Stempel europäischer und lateinamerikanischer Länder, inklusive Kuba. Der Grenzbeamte runzelte ein paar Mal die Stirn, während er den Pass kontrollierte. Er tippte eine Reihe von Zahlen in seinen Computer und las mit gelangweiltem Gesicht die auf dem Bildschirm erscheinenden Daten durch. Schließlich kam er aus seinem Häuschen und klemmte ein gelbes Zettelchen und Morgados Pass unter den Scheibenwischer.
»Stimmt etwas nicht?«
Der Grenzer sah ihn nicht einmal an. »Fahren Sie weiter. Zur zweiten Kontrolle. Dort wird man Sie informieren.«
Morgado blieb keine andere Wahl. Er steuerte das Auto zu einer Station, wo er es neben einem Lieferwagen abstellte, den zwei Beamte der migra auseinander nahmen. Ein alter Gringo mit neonorange Shorts beobachtete sie nervös und irritiert.
Morgado musste zehn Minuten warten, bis jemand zum Auto kam und es untersuchte. Weiter passierte nichts. Es vergingen weitere zehn Minuten. Er wurde langsam ungeduldig. Er hatte so viele Grenzübergänge in aller Welt passiert, die schleppende Abwicklung war überall gleich. Aber er spürte, dass hier etwas künstlich in die Länge gezogen wurde. Sie legen mir Steine in den Weg. Sie wollen mich testen, dachte er. Als er eine halbe Stunde gewartet hatte und immer noch keiner der Beamten Anstalten machte, zu ihm zu kommen, stieg er aus dem Auto und wollte zum anderen Ende des Parkplatzes gehen, wo ein Grenzbeamter untätig herumstand. Er war kaum ein paar Schritte gegangen, da ertönte eine laute Sirene, und mehrere Männer der migra umzingelten ihn mit gezogenen Pistolen.
» Don’t move! « , rief einer ihm zu. Die Sirene hörte auf zu heulen.
Morgado war versucht, die Hände zu heben, aber er beherrschte sich.
Niemand, schon gar nicht die Gringos, würde ihn auf diese Weise demütigen. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, explodierte er. »Verdammt noch mal! Ich warte jetzt schon mehr als eine halbe Stunde, dass ich kontrolliert werde. Wenn Sie das vorhaben, dann tun Sie es endlich! Und wenn nicht, dann lassen Sie mich weiterfahren.«
Einer der Beamten sprach in sein Funkgerät und erbat weiteren Befehl. Ein anderer ging mit gezogener Waffe auf Morgado zu und zeigte mit der freien Hand auf ein kleines Schild, das an einer der Säulen der Kontrollstation hing. Dort stand auf Englisch und Spanisch: »Verlassen Sie Ihr Auto nicht, während Sie hier warten, bis ein Beamter Sie dazu auffordert. Alles, was Sie in diesem Bereich tun oder sagen, wird gefilmt und aufgenommen und kann gegen Sie verwendet werden.«
Ein großer kahlköpfiger Gringo kam angerannt. Er fasste Morgado am Arm und führte ihn zu seinem Auto zurück. » Sorry, man. A mistake. «Er riss den gelben Zettel ab und gab Morgado seinen Pass zurück. »Sie können fahren«, sagte der Beamte, der ihn auf das Schild hingewiesen hatte. »Alles in Ordnung. Welcome to the United States. «
16
Die Büros der DEA von El Centro, Kalifornien, nur zwanzig Kilometer von der Grenze entfernt, befanden sich in einem hellen, absolut cleanen Gebäude. Es hätte auch der Empfangsraum einer Bank oder eines Krankenhauses sein können. Alles stand an seinem Platz und war neutral und unpersönlich eingerichtet. Seit Morgado das Gebäude betreten und sich als Mitglied von Amnesty International
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