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Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Titel: Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Burton , Mark Salisbury
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ich noch meine eigenen Zeichnungen, die ich hin und wieder jemandem zeigte. Bald durfte ich deshalb auch andere Sachen machen. Der Konzern war damals im Umbruch und agierte vollkommen richtungslos. Da wurden Filme produziert wie Der tolle Käfer in der Rallye Monte Carlo . Es war eine in sich abgeschlossene Welt, und ich bin damals durch den ganzen Konzern getingelt. Ich durfte verschiedene Dinge ausprobieren und Konzepte für Spiel- und Zeichentrickfilme entwerfen.
    In der Frühzeit des Konzerns hatte es mal einen Zeichner gegeben, der nur dafür bezahlt wurde, Ideen zu liefern. Den Trickfilmzeichnern gefielen seine Sachen, und er konnte zeichnen, was immer er wollte, zum Beispiel eine Hand, die einen Augapfel hält. Ich hatte bald eine ähnliche Position inne, war also quasi ein Konzeptkünstler ohne besonderen Aufgabenbereich. Das war wirklich großartig. Da hat mir die ganze Sache wieder Spaß gemacht – ich war von früh bis spät mit meinen Zeichenstiften im Gange.
    Bald darauf wurde ich für den Film Taran und der Zauberkessel engagiert. Das war ebenfalls fantastisch. Mehrere Monate lang durfte ich zeichnen, was mir gerade in den Kopf kam: Hexen, Möbelstücke, alles Mögliche. Als der Film dann aber in die Produktionsphase ging, wurde mir Andreas Deja zur Seite gestellt, ein erfahrener Trickfilmzeichner, der eine Vorliebe für den klassischen, figurenzentrierten Stil hatte – ein Stil, der sich komplett von meinem unterscheidet. Damals hieß es: »Tim, uns gefallen deine Ideen, aber Andreas liegt eher auf unserer Linie.« Wahrscheinlich hofften sie, dass wir gemeinsam irgendeinen genialen Bastard in die Welt setzen würden. Aber dazu kam es nicht: Er saß auf einer Seite des Raums und ich auf der anderen. Es war wie bei Ein seltsames Paar , nur war der Umgangston freundlicher.
    Er machte sein Ding und ich meines. Den fertigen Film habe ich mir nicht angesehen, aber ich glaube, sie haben kein einziges Konzept von mir benutzt. Damals habe ich vermutlich so viele kreative Ideen verbraucht wie sonst in zehn Jahren. Und als nichts davon im Film Verwendung fand, war das irgendwie zum Lachen. Ich fühlte mich wie eine gefangene Prinzessin. Eigentlich war es kein schlechtes Leben. Ich durfte zeichnen, was ich wollte, aber ich hatte das Gefühl, in einer hermetisch abgeriegelten Umgebung zu arbeiten, wo man nie das Tageslicht erblickt. Trotzdem gab es immer wieder auch Dinge, für die sich das Ganze gelohnt hat. Der Kurzfilm VINCENT zum Beispiel oder FRANKENWEENIE . Das war etwas völlig Neues. Ich hatte Glück, dass ich mich in diese Richtung weiterentwickeln durfte.
    Taran und der Zauberkessel
    Trick or Treat
    Vor mehr als zehn Jahren habe ich als Konzeptkünstler an dem Film Tödliches Spielzeug von Barry Levinson mitgewirkt. Ich glaube, Levinson hat bis heute keine Ahnung, dass ich damals mit im Boot war. Jemand von Disney hatte mich gebeten, ein paar Zeichnungen anzufertigen. Bei Disney gab es damals noch das eine oder andere Urgestein, Leute, die gern ein zweites Fantasia produzieren wollten.Typen aus der Zeit, als es noch keine Drehbücher gab, nur ein paar verrückte Komiker in einem Raum, die sagten: »Jetzt holen wir mal Louis Prima ran und denken uns eine kleine Nummer aus.« Das war ziemlich cool.
    Ich erinnere mich, wie der Film Tron gedreht wurde. Damals war ich nur ein einfacher Phasenzeichner inmitten all der Computerleute, die Dinge vorschlugen, die nicht einmal heutzutage alle hundertprozentig machbar sind. Der Konzern schien in der Pubertät zu stecken – eine merkwürdige Zeit, in der Altes und Neues nebeneinander existierte. Als ich bei Disney anfing, wurde noch ziemlich viel über Walt geredet. Es war wie ein seltsames Mantra: »Walt hätte jetzt dies und das gemacht.« Und ich habe mich immer gefragt: »Woher wollen die das eigentlich wissen?« Aber dann ist ihnen offenbar klar geworden, dass sie aufs 21. Jahrhundert zusteuern mussten. Nur wussten sie nicht recht, wie. Die Filme, die damals produziert wurden, sind alle irgendwie daneben. Ich hatte den Eindruck, dass der Konzern von dritt- oder viertklassigen Leuten geleitet wurde, die das Ruder übernommen hatten, nachdem die wirklich Talentierten gekündigt hatten, in Rente gegangen oder gestorben waren.
    Während seiner Arbeit als Konzeptkünstler bei Disney gewann Burton zwei Verbündete in der Führungsetage des Konzerns: Julie Hickson und Tom Wilhite, Leiter der Abteilung für kreative Entwicklung. Beide sahen in ihm ein ungewöhnliches

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