Time to Die - Stirb noch einmal
bewachten den Eingangsbereich, den Konferenzraum und den Parkplatz. Wenn es nach Deke gegangen wäre, hätte Lexie überhaupt nicht an diesem Empfang teilgenommen, aber als Gastgeberin hatte sie sich gewissermaßen verpflichtet gefühlt.
Sie hatte darauf bestanden, nach der Messe hierherzukommen.
Und trotz des großen Menschenandrangs sowohl in der Kirche als auch hier auf dem Empfang hatte Deke doch das Gefühl, dass Lexie einigermaßen sicher war. Nur ein Idiot würde bei diesem Aufgebot an Sicherheitskräften und Polizei versuchen, ihr etwas anzutun.
Dennoch wich er nicht von ihrer Seite und begleitete sie auf Schritt und Tritt, während sie links und rechts tröstende Worte verteilte. Es war offensichtlich, dass sie Malik sehr gemochte hatte und es ihr gut tat, sich zusammen mit seinen Freunden und Kollegen an ihn zu erinnern. Ab und an sah Deke zu Geoff und Ty hinüber. Sie hatten sich in die Menge gemischt und beobachteten den Raum aufmerksam.
Nach einiger Zeit bemerkte Deke, wie müde Lexie war. Natürlich kämpfte sie tapfer dagegen an. Nur er wusste, dass sie in den letzten Nächten kaum geschlafen hatte. Sie hatte sich standhaft geweigert, irgendeine Form von Einschlafhilfe zu nehmen. Sogar sein rezeptfreies Wundermittel hatte sie verschmäht. Wenn es nicht unbedingt sein musste, verzichtete sie auf Medizin.
“Während der Zeit im Krankenhaus und danach in der Physiotherapie habe ich weiß Gott genug Tabletten in mich hineingestopft”, hatte sie ihm erklärt. “Das reicht für ein ganzes Leben.”
Deke versuchte, sie dazu überreden, den Empfang vorzeitig zu verlassen, doch Lexie wollte nichts davon wissen. Nicht einmal auf Bain wollte sie hören. Also blieben sie Stunde um Stunde, bis die Menge sich langsam auflöste. Dann verabschiedeten sich auch Lexies Freunde nacheinander von ihr. Toni und Jafari. Alice und Robert. Vega, die alleine gekommen war und erklärt hatte, dass Hamal seinen Dienst nicht habe tauschen können, aber in Gedanken bei ihnen sei. Zuletzt Farris Richardson. Er war einer der letzten Gäste überhaupt. Bevor er ging, stellte er seine Trauer noch einmal deutlich zur Schau: Tränen liefen ihm über die Wangen, und seine Hände zitterten, als er Lexie zum Abschied wiederholt umarmte.
Als der letzte Gast schließlich gegangen war, sagte Lexie zu Deke: “Bevor wir heimfahren, würde ich gerne noch ein paar Kleinigkeiten im Büro erledigen.”
“Kann das nicht warten? Du kannst vor Erschöpfung doch kaum noch aufrecht stehen.” Er sah besorgt an ihr hinab, bis sein Blick an ihren eleganten Pumps hängen blieb. Graues Leder, nur eine Nuance dunkler als das schlichte graue Wollkleid, das sie trug.
“Es dauert nur ein paar Minuten. Versprochen.”
Deke gab Geoff und Ty ein Zeichen, bevor er Lexie zu ihrem Büro begleitete. Seine Kollegen von Dundee würden zusammen mit der Polizei noch den gesamten Gebäudekomplex absuchen, bevor Bedell, Inc. Security die Nachtwache übernahm.
Als er und Lexie das Büro erreichten, öffnete Deke die Tür, schaltete das Licht ein und ließ seinen Blick durch den Raum gleiten. Nur zur Sicherheit.
Die Sonne war inzwischen untergegangen, und die Dämmerung sorgte für ein spektakuläres Farbenspiel am Himmel über Chattanooga. Es hatte den ganzen Tag über nicht geregnet, doch nun schien ein Sturm aufzuziehen.
Lexie setzte sich an ihren Schreibtisch und öffnete die unterste Schublade. Dort befand sich eine Reihe von Hängeregistern, die fein säuberlich geordnet und mit bunten Etiketten beschriftet waren. Deke stellte sich mit dem Rücken zum Fenster, sodass er die Tür im Auge behalten und Lexie gleichzeitig abschirmen konnte.
Sie zog eine der Mappen heraus, schlug sie auf und studierte sie aufmerksam. Dann notierte sie sich einige Namen: Zada Abdel, achtzehn Jahre alt, ledig. Musa Abdel, zwanzig Jahre alt, ledig. Sie schrieb noch einige andere Informationen auf, riss das Blatt vom Block und ließ den Zettel in ihrer grauen Handtasche verschwinden. Dann drehte sie sich zu Deke um und sah zu ihm auf.
“Ich bin fertig”, erklärte sie.
“Verrätst du mir, was es damit auf sich hat?”, fragte er und nickte in Richtung Handtasche.
“Das sind die Namen und Daten von Maliks Geschwistern. Er hat oft von ihnen gesprochen. Er wollte sie eines Tages zu sich in die USA zu holen. Und jetzt, wo er das selbst nicht mehr kann, werde ich seinen Traum wahr werden lassen.”
“Glaubst du denn, dass Maliks Eltern nach seinem Tod zwei weitere Kinder
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