Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
ruhig angehen. Der Professor hatte genug damit zu tun, sich um die Veräußerung des Diamanten zu kümmern und Johns neues Ich zu besorgen. Tommy hatte sich entschlossen umzuziehen, nachdem die Polizei die Leiche seiner Nachbarin in einem Waldstück nahe Grenoble gefunden hatte. Aus verständlichen Gründen fühlte er sich in seiner Wohnung nicht mehr wohl. Er tat mir leid. Bei der ganzen Aktion hatte er ganz schön einstecken müssen.
Ich brachte John die neue Welt, in der er versehentlich gelandet war, jeden Tag ein wenig näher. Heute stand das Internet auf dem Lehrplan. Ich erzählte ihm ein wenig über die Entstehung des World Wide Web. Ich berichtete von dem plötzlichen Boom in den Neunzigerjahren und davon, dass man ursprünglich Minuten lang vor seinem Rechner sitzen musste, bis eine Verbindung hergestellt war. Ich brachte ihm bei, den Browser zu öffnen und zu bedienen. Es erinnerte mich ein wenig daran, wie ich vor Jahren versucht hatte, diesen Vorgang meinem Vater nahezubringen. Glücklicherweise erwies John sich als wesentlich aufnahmefähiger. Er begriff schnell, was Doppelklicks und Suchmaschinen waren und wie man sich schnell und einfach durch die Abermillionen Informationen wühlte.
Ich machte uns gerade einen Kaffee, als er plötzlich nach mir rief.
»Schau mal! Ist das ernst gemeint?«, fragte er und wies auf den Bildschirm.
Dort war ein Pop-up zu sehen, welches ihn als den glücklichen Gewinner eines hohen Preisgeldes auswies. Ich lachte.
»Nein, das ist ein Trick. Wenn du drauf klickst, bekomme ich höchstwahrscheinlich eine fette Rechnung im nächsten Monat.«
»Wie hinterhältig ihr modernen Menschen doch seid«, sagte er kopfschüttelnd und schloss das Fenster.
Er wollte gerade auf die Startseite wechseln, als ich etwas auf der geöffneten Website entdeckte.
»Warte mal«, sagte ich und legte meine Hand auf seine, die auf der Maus erstarrte, als hätte er etwas Böses getan.
»Was denn? Hab ich was kaputt gemacht? Ich hab dir gesagt, es ist zu früh, mich an das Ding zu lassen.«
»Nein, nein«, erwiderte ich und verwuschelte ihm sein Haar. »Sieh doch, was da steht! Verdammt, er hat's denen wirklich weismachen können, der alte Hund!«
MSN titelte auf seiner Seite grundsätzlich mit den neusten und verrücktesten Nachrichten. Normalerweise würdigte ich diesem Klatsch keine Sekunde meiner Zeit, doch heute war das anders. Die Schlagzeile lautete: „Forscher entdeckt 1,6 Kilo Diamanten auf Dachboden - Experten schätzen Edelstein auf etwa 8000 Karat".
»Offenbar glauben die Leute ihm«, erkannte John ganz richtig.
»Ja, offenbar. Was meinst du, wie viel ist der Stein wert?«
»Was fragst du mich? Ich war schon irritiert, als ich mit dir in diesem Supermarkt war. Ein halber Laib Brot kostet hier so viel, dafür hätten wir in meiner Zeit fünf bekommen!«
Ich lachte. Für ihn war wirklich jeder Tag ein Erlebnis. Seltsamerweise schien ihm die Eingewöhnung kaum Schwierigkeiten zu bereiten. Er war durch seine vielen Reisen und Bekanntschaften sehr flexibel, was Umgangssprache und Verhalten anging. Außerdem machte es ihm großen Spaß, immer wieder neue, faszinierende Dinge zu entdecken. Vor ein paar Tagen waren wir zusammen bei meiner Bank gewesen und als ich vom Schalter zurückkehrte, um ihn am Eingang zu treffen, sah ich, wie er unauffällig immer wieder einen Schritt vor und einen zurückmachte. Offenbar war der automatische Türmechanismus für ihn ein Wunderwerk der Technik. Gerade diese alltäglichen Dinge kamen ihm immer wieder seltsam vor. Das Internet, Handys und meine Mikrowelle fand er gar nicht so spannend. Aber was ihn wirklich fesselte, war das Fernsehen und DVDs. Er konnte wohl begreifen, dass Menschen Informationen in ein Gerät eingaben und so Internetseiten entstanden. Doch die Tatsache, dass praktisch alle Actionfilme zum größten Teil aus Spezialeffekten bestanden, machte ihn stutzig. Es war für ihn nur schwer vorstellbar, dass explodierende Häuser, blutige Wunden und Erdbeben den gedrehten Aufnahmen erst im Nachhinein hinzugefügt wurden. Ich fand die ganze Entwicklung äußerst interessant. Aus John wurde ein richtiger Mann des 21. Jahrhunderts. Gestern Abend hatte er einen Werbespot für eine Playstation im Fernsehen gesehen und nun konnte er es kaum erwarten, dass wir uns eine besorgten. Er stellte sich offenbar vor, dass es wie eine Art Puppentheater sein musste, nur cooler. Man konnte Figuren durch animierte Welten lenken und dabei im Sessel Cola
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