Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
du, ich bin heute bereits verabredet. Mit Harry …«
Ich überflog die nicht enden wollende Liste ihrer Bekanntschaften und konnte mich an keinen Harry erinnern.
»Welcher Harry?«, entgegnete ich, unwissend wie ich war.
»So heißt er, der Kerl vom Hafen. Du weißt schon«, druckste sie herum.
»Oh!«, rief ich aus. »Dann hast du ihn also angesprochen? Das ist ja …«, ich konnte mir gerade noch ein "cool" verkneifen und entschied mich stattdessen für „toll".
»Na ja, eigentlich hat er mich angesprochen. Wir wollen essen gehen. Bist du böse? Ich kann ihm auch noch absagen!«
»Nein, nein. Geh nur! Ich habe ohnehin noch Einiges zu tun. Wir können ja morgen zusammen frühstücken, bevor ich abfahre, ja?«
Sichtlich erleichtert stimmte sie mir zu und wir verabredeten uns für den nächsten Morgen.
Somit gehörten der Nachmittag und Abend ganz allein mir. Ich beschloss, mich auf den Weg zum letzten touristischen Highlight New Yorks zu machen, welches ich unbedingt noch sehen wollte. Das Fuller beziehungsweise Flatiron Building. Schon 1902 erbaut, war es eines der ältesten und ersten Hochhäuser New Yorks. Es befand sich an der Kreuzung 5th Avenue und Broadway und war vom Hotel aus gut zu Fuß zu erreichen. Ich persönlich kannte das Haus aus einem Fernsehbericht, in dem es um aufmerksamkeitserregende Werbemaßnahmen ging. 2005 war eine Seite des Gebäudes von einer überdimensionalen H&M-Werbung überzogen gewesen. Ich legte etwas Make-up auf und machte mich auf den Weg. Doch noch bevor ich die Hotellobby durchquerte, rief mich der Mann an der Rezeption zurück. Sein Name war Thomas. Ich fand diesen Herrn unnatürlich freundlich, schon beinahe aufdringlich. Er schien sich für alles, was im Hotel vorging, zu interessieren, und sei es noch so unbedeutend oder privat. Sicher, es war in gewisser Weise Teil seines Jobs, die Augen und Ohren offen zu halten, aber hin und wieder hätte ich ihm am liebsten einen seiner weißen Handschuhe in den Rachen gestopft. Alles hätte ich getan, nur um einem weiteren Schwall von überflüssigen Kurzgeschichten über Berühmtheiten, und solche, die es gern wären, zu entgehen.
»Miss Whitman, eine Freude, Sie heute zu sehen. Wie geht es uns denn? Sie sehen mal wieder ganz bezaubernd aus«, floss es aus seinem merkwürdig grinsenden Gesicht.
»Uns geht es gut«, gab ich knapp zurück.
»Oh, wie schön.« Etwas beleidigt drehte er sich um und griff in das Regal hinter sich. Ich war ein wenig irritiert. Um zügig abreisen zu können, hatte ich die Rechnung für meinen Aufenthalt bereits vor zwei Tagen entrichtet.
»Für Sie wurde eine Nachricht abgegeben«, sagte er und blickte prüfend in meine Richtung. Uns beiden war bewusst, dass ich während meines inzwischen bestimmt 40-tägigen Aufenthalts im Hotel weder Besuch, Mary mal ausgenommen, noch Nachrichten bekommen hatte.
»Eine Nachricht?«, erwiderte ich verwundert. »Nun, das ist … das ist nett von Ihnen, vielen Dank.« Ich entriss ihm die Notiz und machte mich davon.
»Ein sehr besonderer junger Mann, den Sie da kennen«, rief er mir nach. »Sehr außergewöhnlich.«
Mann? Welcher Mann? »Das kann doch nicht …«, entfuhr es mir, als ich einen flüchtigen Blick auf die Unterschrift warf. John Quinn. Mein Herz machte einen Satz. Eine Sekunde lang überkam mich das Bedürfnis, mich an Ort und Stelle hinzusetzen. Ruhig bleiben!, ermahnte ich mich. Ich lief ein paar Blocks und fand mich schließlich im Central Park wieder. Dort setzte ich mich auf eine Bank und atmete tief durch. Vorsichtig, als spränge plötzlich eine wilde Katze daraus hervor, entfaltete ich das Papier.
Meine liebe Miss Whitman,
voller Entsetzen musste ich mir soeben vom wohl nervtötendsten Concierge aller Zeiten sagen lassen, dass Sie sich derzeit nicht im Hotel befinden. Daher versuche ich, Sie nun kurzerhand schriftlich für mich zu gewinnen.
Die Bemerkung über den Hotelangestellten brachte mich augenblicklich zum Schmunzeln.
Da ich in Kürze die Stadt verlassen werde, hatte ich gehofft, Sie hier anzutreffen und einen kleinen Ausflug mit Ihnen zu unternehmen. Unter den gegebenen Umständen fürchte ich allerdings, dass dieses Unterfangen, zumindest was den heutigen Tag betrifft, zum Scheitern verurteilt ist. Ich hoffe aber, Sie vor meiner Abreise dennoch einmal sehen zu dürfen. Sollte dieses Angebot für Sie auch nur im Ansatz von Reiz sein, schlage ich vor, dass Sie mir eine Nachricht zukommen lassen. Ich werde Sie
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