Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
diese Art der Farbe schon bald verboten werden würde. Ich erinnerte mich, dass sie irgendeinen giftigen Stoff beifügten, um den Lippenstift haltbarer zu machen. Erosin, nein: Eosin hieß er. Ich wagte nach dem Auftragen kaum, meine Zunge an die Lippen zu führen. Wie auch immer, ich würde sicher nicht ausgerechnet heute daran sterben.
Ich warf einen Blick auf die Uhr und musste schockiert feststellen, dass meine Selbstrestauration schon viel zu lang gedauert hatte. Mary würde sicher bereits auf mich warten. Schnell warf ich meinen leichten Mantel über und machte mich auf den Weg nach unten. Ich erteilte Thomas den Auftrag, sich um mein Gepäck zu kümmern. Es sollte vor mir am Bahnhof sein, damit ich später nicht in Zeitdruck geriet.
Als ich, mit zwanzigminütiger Verspätung, endlich ins Restaurant stürmte, war Mary noch nicht da. Ich setzte mich an einen freien Tisch und bestellte Kaffee. Nach weiteren zwanzig Minuten begann ich mir, Sorgen zu machen. Normalerweise war sie sehr pünktlich. Vor allem heute konnte ich mir kaum vorstellen, dass sie mich verpassen wollte. Möglicherweise war ihr Essen mit Harry doch zu einem "beruflichen" Ereignis geworden? Aber auch wenn sie die Nacht gemeinsam verbracht hatten, war dies noch lange kein Grund, mich sitzenzulassen. Nachdem inzwischen eine Dreiviertelstunde vergangen war, konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich wütend oder ernsthaft besorgt sein sollte. Ich entschied mich für die dritte Alternative: Verdrängung. Ich hatte nun wirklich keine Zeit, mich damit zu befassen. Mary hatte mich um mein Frühstück gebracht, ich war verschlafen und außerdem wirklich mies drauf. Es wurde Zeit zu gehen. Mary hin oder her.
Am Bahnhof angekommen kaufte ich mir eine Zeitung und ein paar Bonbons, um zumindest meinem Magen vormachen zu können, dass ich etwas gegessen hatte. Im Speisewagen würde ich später sicher etwas Genießbares ergattern können.
Es ertönte ein schriller Pfiff. Der Zug war bereit zur Abfahrt. Wie immer vor einer längeren Reise beschlich mich das Gefühl, dass ich irgendetwas vergessen hatte. Schnell verwarf ich alle Bedenken und blickte mich noch einmal um, verabschiedete mich innerlich von Mary, John Quinn und dem New York der Goldenen Zwanziger. Dann machte ich Anstalten einzusteigen. Doch als ich gerade einen Fuß auf die erste Stufe gesetzt hatte, hielt der Schaffner mich zurück. Wie immer versetzte mich eine so unerwartete Geste ein wenig in Panik. Was wollte er? Das Ticket wurde doch erst später, während der Fahrt kontrolliert.
»Miss? Ich glaube, Sie haben da jemanden vergessen«, sagte er und wies mit der Hand auf die schreiende und wild gestikulierende Frau, die in unsere Richtung stürmte.
»Leana, waaaaaaaaaarte! Warte auf mich!«, kreischte Mary.
»Was machst du denn hier?«, rief ich ihr entgegen. Erst jetzt bemerkte ich den Jungen, der hinter ihr hereilte, voll bepackt mit Koffern, Taschen und Hutschachteln.
»Ich, ich«, sie war völlig außer Atem, als sie bei mir ankam, »ich muss mit dir kommen.«
»Was? Wie meinst du das, du musst mit mir kommen?«, erwiderte ich eine Spur zu entsetzt.
»Harry, er … ich kann das hier jetzt nicht erzählen.« Sie warf einen prüfenden Blick auf den Schaffner. »Es ist was schiefgelaufen und ich muss hier weg.«
»Wer von Ihnen beiden nun hier einsteigt, ist mir gleich«, warf der Schaffner brummig ein. »In jedem Fall wird der Zug jetzt abfahren. Also meine Damen, darf ich bitten?« Er machte eine energische Geste in Richtung Tür und hob die Pfeife an seinen Mund. Das ließ Mary sich nicht zweimal sagen und schon war sie in den Zug gesprungen. Ich blieb verdutzt zurück und konnte schlussendlich nichts anderes machen, als es ihr gleichzutun.
Als wir unser Abteil erreichten, hatte sich der Zug bereits in Bewegung gesetzt.
»Nun erzähl endlich, was ist denn passiert?«, drängte ich sie.
»Ach, ich weiß nicht. Irgendwie ist alles schiefgegangen«, sagte sie und ließ sich auf einen der Sitze fallen. »Der Abend war eigentlich wunderschön. Das Essen war großartig, wir haben uns toll unterhalten. Du weißt ja, dass ich so etwas eher selten mache. Na ja, meist geht es ja nur um … den Job.«
»Ja, ich verstehe«, erwiderte ich, nicht ohne den Blick leicht angewidert auf den Boden zu richten.
»Es war schon nach Mitternacht, als wir aus dem Klub kamen und er anbot, mich nach Hause zu bringen. Eigentlich wollte ich ihn an unserem ersten Abend gar nicht mit zu mir nehmen,
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