Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Umarmung. Hilflos sah er mit an, wie sie sich vorbeugte und ihre Lippen auf den pochenden Puls an seinem Hals setzte. Er hörte, wie jemand unvermittelt nach Luft schnappte, als sie mit der Zunge über die Stelle fuhr und dann den Mund öffnete, um sanft daran zu saugen.
Benebelt begriff er, daß die abgehackten Atemzüge aus seinem Mund kamen. Wie von selbst fuhren seine Hände ihren Rücken auf und ab, umschmiegten ihren Leib und drückten RaEm fester gegen seinen Körper. Sie war wie ein Blitz, der jede Faser seines Leibes mit Leben erfüllte und verbrannte.
Ohne den Lanzen der Morgensonne Beachtung zu schenken, sanken sie auf den Boden, mit hektisch suchenden Händen und fieberhaft forschenden Lippen. Cheftu war immer noch eher Beobachter als Beteiligter, als ein lauter Ausruf sie aufschreckte.
Er kauerte vor RaEm, ihre Handgelenke in einer Hand und bereit, sie zu beschützen.
Vor ihnen stand Kommandant Ameni, der mit einem einzigen Blick seiner blauen Augen RaEms rosige Brustwarze und Cheftus hervorstehenden Schurz erfaßt hatte. Ameni schien unter seiner Bräune zu erröten und fixierte einen Punkt seitlich von Cheftu. RaEm ignorierte er vollkommen.
Cheftu blickte sich angeekelt um und sah die Szene durch die Augen des Kommandanten. Alles war mit toten Fliegen bedeckt. Beide waren sie verdreckt, RaEms Kleid war bis fast zur Taille aufgerissen, und die Taschen mit ihren Malsachen lagen über den gesamten fliegenbedeckten Rasen verstreut.
Er errötete, als ihm aufging, welch kümmerliches Maß an Zurückhaltung er demonstriert hatte, gemessen an dem Ideal, das alle ägyptischen Männer anstrebten: stets beherrscht, respektvoll, höflich zu bleiben und sich vor allem nie von seinen Gefühlen und Leidenschaften übermannen zu lassen.
Er war entsetzt über sich selbst. So also behandelte er die Frau, die er liebte? Er bestieg sie wie ein Tier in der Brunftzeit im öffentlichen Park eines Palastes?
Automatisch distanzierte er sich von seinen Gedanken und verlangte von Ameni zu wissen, was er von ihm wollte.
Er nahm die mit einer Kartusche verzierte Nachricht entgegen und scheuchte den Soldaten mit aller Überheblichkeit weg, die er aufbringen konnte. Erst als er außer Sichtweite war, wandte er sich RaEm zu. Die Hitze der Leidenschaft war verflogen. Sie hatte sich bedeckt und sah mit dem gleichen Ekel wie er auf die vielen Fliegen.
Er kam auf die Füße, arrangierte seinen Schurz so gut es ging und überreichte RaEm die Depesche. Dann zupfte er seinen zerknitterten Umhang vom Boden auf und bürstete die toten Fliegen ab. Mit ernster Miene starrte RaEm auf das Blatt, dann ließ sie den Papyrus fallen, als wäre er eine Giftschlange.
Cheftu hob die Nachricht auf.
Es war ein Brief von Hatschepsut, ewig möge sie leben!, an Thutmosis: Cheftus Magen begann zu brennen, als er sie las.
»Mein liebster und alleredelster Neffe. Leben! Gesundheit! Wohlergehen! Wie großzügig ist Dein Erbieten, um die Hand der Priesterin RaEmhetepet anzuhalten. Meine Majestät zweifelt nicht daran, daß der allergenialischste Herr Nesbek nicht zögern wird, für Dich auf RaEm zu verzichten, so wie es Meine Majestät wünscht. Bitte vollziehe die Hochzeit binnen kurzem. Meine Majestät erwartet die Nachricht von RaEmhetepets Wachsen. Mögen Isis und Nephthys Eure Verbindung segnen.«
Cheftu las die an den Rand gekritzelte Notiz. »Herrin RaEm. Der glückliche Augenblick soll heute abend sein. Komm beim Atmu zu mir.« Unterzeichnet war sie mit der Kartusche Thutmosis’ III. RaEm stand neben ihm, das Gesicht so weiß wie ihr Umhang.
Mit totenmaskensteifer Miene überreichte Cheftu die Botschaft und verbeugte sich. »Hier sind wohl Glückwünsche angebracht, Herrin.«
RaEm sagte nichts, sondern fingerte gedankenversunken an dem Schlitz in ihrem Kleid herum, durch den man ihr braunes Bein in seiner gesamten Länge sehen konnte und der es ihr ermöglichte, ebenso große Schritte zu machen wie er. »Bedeutet das, ich werde königliche Gemahlin, wenn er zum Pharao ernannt wird?« fragte sie, während sie zu ihren Gemächern eilten.
Abscheu stieg in Cheftu auf wie brennende Magensäure. Sie war nach wie vor dieselbe alte RaEm. Wie konnte er nur etwas anderes geglaubt haben? Gut, in gewisser Weise war sie sanfter geworden, sie hatte sich auch in den Jahren, die sie einander nicht gesehen hatten, einige neue Angewohnheiten zugelegt, doch sie war zweifelsfrei immer noch die ränkeschmiedende, intrigante, besitzergreifende, ehrgeizige
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