Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Goldstatue ansangen und priesen.
Zum Schluß kam wie der kleine rote Eisenbahnwagen aus dem Kinderlied ein einzelner Priester mit Bürste und antiker Kehrschaufel, der den Alabasterboden wieder sauberfegte. Er trug sogar eine rote Schärpe. Chloe grinste vergnügt in der neuerlichen Dunkelheit.
Sie war wieder allein.
Erneut auf RaEms Erinnerung bauend, schlich sie zwischen den zahllosen turmhohen Säulen hindurch und durch atemberaubende Hallen, bis sie die kleine Kammer erreicht hatte, in der, etwas abseits, Hathor verehrt wurde. Sie war keine Hauptgöttin in Karnak, doch die Hathor-Kammer war von einer königlichen Nebenfrau erbaut worden, die viele Überschwemmungen lang versucht hatte, schwanger zu werden. Als sie schließlich ein Kind geboren hatte, war es tot zur Welt gekommen, ging das Gerücht. Trotzdem behauptete sie, einen Sohn zu haben, einen der vielen Nachkömmlinge von Thutmosis I.
Jahre später hatte ebendieser Sohn einen Wesir Pharaos getötet, während er ein Bauprojekt beaufsichtigte. Der Zorn Thutmosis’ I. war grenzenlos gewesen. Vergeblich hatte er nach dem angeblichen Sohn suchen lassen, bevor er schließlich aufgab und seinen Namen aus allen offiziellen Schriftstücken streichen ließ.
Chloe war bei den metallbeschlagenen Türen angekommen, die zu Hathors Silberkammer führten, und drückte vorsichtig eine auf. Der Raum war so, wie sie ihn in Erinnerung hatte … in etwa. Die Wände waren mit Geschichten darüber bemalt, wie die Königin dank der Göttin ein Kind empfangen und einen gesunden Knaben geboren hatte.
Blut pochte ihr im Kopf, teils vor Aufregung, weil sie die Hieroglyphen an der Wand lesen konnte wie die Zeitung von gestern, teils, weil sie es kaum erwarten konnte, heimzukehren.
Sie hatte keine Uhr, doch es schien spät zu sein. So gut sie konnte, würde sie die Situation nachstellen, die sie hergebracht hatte, und auf diese Weise hoffentlich wieder in ihre Zeit zurückkehren. Nicht umsonst hatte Cammy sie gezwungen, unzählige Episoden von Raumschiff Enterprise anzuschauen! Chloe näherte sich dem Altar mit der eleganten SilberElektrum-Statue Hathors in ihrer kuhähnlichsten Ausführung. Sie sah zum Fenster hinauf, wo sich hinter dem Spalt in der Mauer dunkel wie Tinte der Himmel zeigte. Langsam, ganz langsam ging sie in die Knie.
Nichts.
Sie probierte es mit schnellem Hinknien.
Nichts.
Nach einer Stunde in verschiedenen Haltungen, verschiedenen Geschwindigkeiten, verschiedenen Gemütszuständen war sie immer noch da. Im alten Ägypten. Mit schwarzem Haar und brauner Haut.
Allein.
Entsetzlich, schrecklich allein.
Nicht einmal auf dem Friedhof vor sechs Monaten hatte sie sich so allein gefühlt, obwohl sie damals geglaubt hatte, unmöglich noch einsamer sein zu können. Ach Mimi! weinte sie insgeheim, und sie sehnte sich nach der tröstenden Nähe ihrer Familie. Aber die war weit weg.
Erschöpft stand sie auf, blickte mutlos in den heller werdenden Himmel und machte sich auf den Rückweg zu ihrem Zimmer.
Der Sonnengott Re näherte sich bereits, und über allem lag ein heller Schein, der all die bunten Malereien erstaunlich lebendig wirken ließ, der das Alabaster und Gold unter ihren Füßen wärmte, der sich in den überall aufgehängten, riesigen goldenen und silbernen Türen spiegelte und sie blendete. Der sie zu einer Fremden machte.
Entmutigt und mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube legte sich Chloe in ihrem schlichten, weiß gekalkten Zimmer auf das harte, hölzerne Bett und starrte mit offenen Augen an die Decke.
Und nun?
Cheftu lehnte sich zurück und genoß Ehurus kundige Rasur. Während dampfende Leintücher auf seinem Gesicht lagen, wehte Vogelgezwitscher durch die Fensteröffnungen herein und hob seine Laune. Heute hatte er frei – er mußte lediglich Pharao über die verwirrte Priesterin Bericht erstatten, danach hatte er wundervolle Dekane für sich selbst. Seine Unterrichtszeit im Haus des Lebens hatte er mit einem anderen Arzt getauscht, und so konnte er entweder auf die Jagd gehen oder beim Lesen seinen neuen Wein probieren, oder er konnte sogar der wohlhabenden kallistaenischen Witwe einen Besuch abstatten.
Ehuru nahm die Leintücher von seinem Gesicht. Die morgendliche Brise kühlte Cheftus glatte Wangen und sein Kinn. Sein Diener zupfte ihm noch die Brauen, dann zog er mit einem schweren Bleiglanz-Stift die Lider nach und verlängerte die Augenbrauen. Cheftu setzte sich auf.
»Gehst du heute morgen an den Hof, Herr?«
»Nur kurz,
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