Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
ist.«
Hat wandte den Blick von ihm ab und sah zu Senmut am anderen Ende des Zimmers hin. »Was wirst du als nächstes verschreiben?«
»Den Speichel von Hathors Ka. «
Hatschepsut nickte.
»Wenn das nichts helfen sollte«, fuhr Cheftu fort, »schlage ich die Heiligen Bäder von Isis oder Ptah vor. Meine einzige andere Erklärung wäre, daß es bisweilen einem Menschen die Stimme raubt, wenn er etwas sieht, das weit über seine normale Erfahrung hinausgeht.« Hatschepsut warf Senmut einen Blick zu, und Cheftu setzte zu einer Erklärung an. »Vor einigen Jahren habe ich einen Sklaven behandelt, der nicht mehr sprechen konnte. Nach zahllosen und erfolglosen Behandlungsversuchen haben wir ihn dorthin zurückgebracht, wo er seine Stimme verloren hatte.« Er fuhr sich über die Lippen, während sich sein Magen zusammenkrampfte.
»Hemu neter?« hakte Senmut nach.
Cheftu zog die Schultern hoch. »Es war ein Sklave, der von einem meiner Studenten behandelt wurde. Belassen wir es dabei, daß er seinen Sohn hatte sterben sehen und daß er seine Stimme wiederfand, als wir ihn an den Ort des Geschehens zurückbrachten.« Immer noch konnte Cheftu den Alten hören. Er und sein Sohn hatten im tiefen Wasser des Großen Grüns gefischt. Sie hatten herumgealbert und getrunken, bis sein Sohn über Bord gefallen war. Der Mann hatte gelacht; sein Sohn konnte schwimmen wie ein Fisch. Plötzlich begann das Wasser zu brodeln, und er hörte die gequälten Schreie seines Sohnes, der von Wesen zerrissen wurde, die, wie der Alte beteuerte, zur Hälfte Mensch und zur Hälfte Fisch waren. Cheftu unterdrückte ein Schaudern.
»Hat er sich erholt?« wollte Senmut wissen, dessen wohlgesetzter Tonfall seine Rekkit Wurzeln nicht zu verbergen mochte.
»Ja, Herr«, bestätigte Cheftu. »Er konnte wieder sprechen.«
Cheftu verschwieg, daß der Schmerz den Mann am Ende in den Tod getrieben hatte.
»Möglicherweise hat RaEm also etwas Unglaubliches oder so Gräßliches gesehen, daß sie nicht darüber sprechen kann?« stellte Senmut klar.
»Das wäre eine Möglichkeit.«
»Könnte dabei Seths Magie im Spiel sein?« fragte Hat.
Cheftu blickte auf seinen Schurz und strich die Falten glatt. Sollte er ihnen verraten, was er über RaEm wußte? Ihnen von ihren eigenartigen Neigungen und von den Menschen erzählen, mit denen sie sich gemein machte?
Hat nahm sein Schweigen als Zustimmung. »Wir haben Probleme, Magus.« Ihr Blick traf auf seinen. »RaEm ist unsere mächtigste Schutzpriesterin. Eben erst wurde ein Mädchen, das ihren Platz einnehmen kann, der Mutterbrust entwöhnt.« Hat schnaubte verächtlich. »In diesem Land voller Kinder gibt es kein einziges weibliches Wesen, das aufgrund seiner Geburt aus der dreiundzwanzigsten Macht in all ihren Abstufungen jetzt alt genug wäre, als Priesterin zu dienen. RaEm muß geheilt werden! Es gibt gegenwärtig keine andere Möglichkeit.« Hats Stimme war stark. »Wir haben dann auch andere Gerüchte gehört, die mein Ab frösteln lassen, wenn ich bedenke, welches Ausmaß an Verrat daraus spricht.«
»Meine Majestät?« wollte Cheftu wissen.
»Nein. Ich werde diesen Gerüchten keine Macht verleihen, indem ich sie ausspreche«, sagte sie, ihre Ängste überspielend. »Halte mich über alles auf dem laufenden, was sich ereignet. Es dauert mich, mitansehen zu müssen, wie ein Freund derart angegriffen wird. Sollte man sie zurück in die Kammer der Göttin bringen? Um zu sehen, ob sie dort ihre Stimme wiederfindet?«
Cheftu zog die Stirn in Falten. »Das hat sie bereits auf eigene Faust versucht. Basha hat beobachtet, wie sie in die Silberne Kammer ging, um dort zu beten. Sie hat sich oft bewegt, aber es waren keine Rituale, die Basha erkannt hätte. Natürlich könnten es Riten aus einer tieferen Initiation in die Schwesternschaft sein. Da es außerhalb der Schwesternschaft keine mächtigeren Priesterinnen gibt als RaEm, läßt sich kaum feststellen, was sie getan hat.«
»Das ist richtig.« Hat stand auf und nahm von Senmut ihren Umhang und die Amtsinsignien entgegen.
»Heute abend beim Atmu werden wir speisen. Leiste uns Gesellschaft, Hemu neter. «
Cheftu verbeugte sich, und sie drehte sich nochmals um, ein strahlendes Lächeln auf dem bezaubernden Gesicht. »Cheftu?«
»Ja, Majestät?«
»Bring eine Frau mit!« Lachend ging sie hinaus, und Cheftu starrte auf den Boden. Er konnte sich nicht entsinnen, in seinem Horoskop etwas über frotzelnde Freunde gelesen zu haben, aber das schien heute sein
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