Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Los zu sein. Leichten Herzens verließ er den Raum. Es war gut, wieder daheim zu sein. Die Nacht war makellos, die Sterne funkelten hoch über ihnen am Leib der Göttin Nut und ließen ihr reines Weiß auf die Welt unten strahlen. Cheftu reichte seiner Begleiterin den Arm und wandelte mit ihr durch die Schatten der Säulenhalle hin zu dem Großen Saal, wo Hats Fest stattfand. Lautes Lachen drang zu ihnen her, und die Füße seiner Begleiterin zogen ihn ungeduldig in den goldgeschmückten Raum. Säulen stiegen zur Decke auf, umrankt von Blumen aus den königlichen Gärten, während nur in Perlen und Blumen gekleidete Sklavenmädchen Parfümkegel auf ihre beiden Köpfe stellten. Er merkte, wie die langen schwarzen Augen seiner Begleiterin jeden einzelnen der mit Juwelen behangenen Adligen im Raum musterten.
Er seufzte. So habgierig. Ob es wohl eine Frau auf der Welt gab, die sich nicht nach Gold verzehrte? Sie streckte die mit schweren Ringen beladene Hand nach ihm aus, und er rückte ihr einen Stuhl an seinem kleinen Tisch zurecht. Pharao war noch nicht erschienen, also nahm er einen Becher mit gewürztem Honigwein und nippte daran, während sein Blick über die Feiernden wanderte. Nachdem er jahrelang als Gesandter für Hatschepsut fremde Höfe besucht hatte, verblüffte es ihn, wie rassisch homogen die Gästeschar war. Hier blieben die Alteingesessenen unter sich.
Es war eine eindrucksvolle Versammlung, die da um ihn herum feierte – die mit Gold überladenen Söhne aus vielen Gauen Ägyptens, und dazu die Blumen Ägyptens, jene atemberaubenden Frauen, die das Vermögen ihrer Mütter erben und sich nur einen Ehemann nehmen würden, wenn er ihnen angemessen war. Eine Berührung am Ellbogen lenkte ihn ab; als er sich umdrehte, sah er ein Sklavenmädchen.
An der Tätowierung auf ihrem Oberarm erkannte er, daß sie eine eingeschworene Leibdienerin Pharaos war.
»Komm mit mir, Herr.«
Er stand auf, hauchte seiner Begleiterin einen Kuß aufs Handgelenk und bemerkte, wie ihr Blick durch den Raum davonflog. Mit einem spöttischen Lächeln ging er davon und trat in einen von Pharaos Privatgängen. Die Dunkelheit wurde nur von den Fackeln der Wache stehenden Soldaten erhellt, bei denen sie jedesmal anhalten mußten. Jedesmal mußte Cheftu den Skarabäusring seines Hauses vorweisen, und die Sklavin zeigte ihre Tätowierung. Sie folgten dem gewundenen, labyrinthischen Gang, bis sie an eine Seitentür zu Hats Gemächern gelangten. Das Mädchen öffnete die mit Gold beschlagene Tür, und er trat ein.
Es war eine kleine Feier, nicht mehr als zwanzig Menschen, doch Cheftu kannten jeden einzelnen von ihnen – es waren die mächtigsten Adligen im Land. Die, welche der goldenen Frau auf dem Thron am treuesten ergeben waren. Hat persönlich kam auf ihn zu, und er verbeugte sich, während er darauf wartete, daß sie das Wort an ihn richtete.
»Es freut mich, daß du meine Befehle befolgst, Hemu neter», sagte sie und reichte ihm die Hand. Er küßte den glatten Handrücken und sah in ihre schwarzen, lachenden Augen.
Er lächelte. »Ich lebe einzig, um dir zu dienen, Meine Majestät. Gesundheit! Leben! Wohlergehen!« Sie lachte tief und kehlig, dann hakte sie sich bei ihm ein. Er nahm von einem der Lakaien einen Becher Wein entgegen und ließ sich von ihr in den Garten hinausführen. Die Zeit des Keimens hatte eben erst begonnen, und es war kühl draußen, trotzdem schien das Zittern, das er in Pharao spürte, eher von unterdrückter Freude herzurühren.
Nebeneinander blieben sie stehen, Pharao mit zum Himmel gerichtetem Blick, während Cheftu die Kraft ihres Körpers und Geistes bewunderte – eine Kraft, wie er sie bei keiner anderen Frau gesehen hatte. Sie konnte zornig, besitzergreifend und engstirnig sein, doch sie besaß eine Leidenschaft, die alle Männer in Bann schlug, und sie war intelligenter, als man es je von einer Frau gehört hatte.
»Wie geht die Arbeit an deinem Grab voran, Cheftu?« Einen Moment lang starrte er sie an, während sich seine Gedanken überschlugen. »Gut, nehme ich an; ich war nicht mehr dort, seit ich nach Retenu abgereist bin.«
»Vor zwei Überschwemmungen, Cheftu?«
»Jawohl, Meine Majestät.«
»Und du bist nicht zurückgekehrt, als dein Vater starb?«
»Nein, Meine Majestät. Er wurde zu Grabe getragen, ehe ich überhaupt erfahren habe, daß er gestorben war.«
»Wo ist sein Grab?«
Jetzt sah Cheftu sie offen an. »Dein Vater hatte seine Adligen eingeladen, ihm in jenem Tal
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