Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timeless: Roman (German Edition)

Timeless: Roman (German Edition)

Titel: Timeless: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
Vom Netzwerk:
Fenster schmückte, hielt sie inne und widmete den Rest des Gesangs der Familie auf dem Balkon.
    Bereitet euch vor, sprecht ein Gebet,
    und sie sollen sich nehmen in Acht,
    wir kommen übers Meer bei Nacht,
    und kehren nicht zurück, bevor es vollbracht.
    Michele beobachtete, wie Stella, die Augen blind vor Tränen, lautlos die Worte formte und den Teilnehmern der Parade ein tapferes Lächeln zeigte. Stella betrachtete die Menschen unten und sah die Schilder und Poster mit der Aufschrift Ein Hoch auf dEN TAG X mit der Flagge der Vereinigten Staaten.
    »Ich bin … so stolz auf ihn«, flüsterte Stella und sank schluchzend in Claras Arme.
    Als Michele diese Szenen innerhalb und außerhalb von Windsor Mansion beobachtete, bewunderte sie den Elan der Menschen, eine bessere Welt zu schaffen, und ihren Überlebenswillen angesichts der Krise, die Jack und Tausende anderer junger Männer dazu getrieben hatte, täglich ihr Leben für ihr Land und die Alliierten aufs Spiel zu setzen. Dieselbe Einstellung bewog Stella, plötzlich auszurufen: »Ich möchte Jacks Mission zu Ende führen.«
    »Wie meinst du das, Liebes?«, fragte Clara und geleitete Stella wieder ins Haus.
    »Ich meine … ich möchte etwas Bedeutendes tun, um zu helfen«, sagte sie und ging im Wohnzimmer auf und ab. »Wir müssen diesen Krieg gewinnen, damit Jack nicht umsonst gefallen ist.«
    Nach einer kurzen Stille ergriff Lily das Wort: »Wie wär’s mit einer Wohltätigkeitsveranstaltung oder einem Werbefeldzug? Es ist immer nötig, mehr Kriegsanleihen zu verkaufen und Gummi und Metall für die Armee zu sammeln.«
    Stella starrte Lily an. »Genau das ist es! Ein Wohltä tigkeitskonzert … mit dir als Star. Die Leute kaufen keine Eintrittskarten, sondern Kriegsanleihen und spenden Material für die Armee.«
    Während sie diese Idee diskutierten, starrte Michele Stella voller Erstaunen an. Ich wurde nicht hierhergesandt, um ihr zu helfen , erkannte sie. Ich bin hier, um von ihr zu lernen. Ich habe meine Mom und Philip verloren, aber ich muss genauso tapfer sein wie Stella, wie all die Männer und Frauen, die geliebte Menschen verloren haben, und ihr Leben trotzdem weiterführen.
    Plötzlich war Michele stolz, eine Windsor zu sein. Alle Windsor-Frauen hatten Tragödien und großen Kummer erlebt, aber immer den Kopf oben getragen, immer weitergemacht und niemals die Hoffnung verloren. Sie waren die stärksten, inspirierendsten Frauen, die Michele kannte, und sie wurde von ihnen angestachelt, ihrem Beispiel zu folgen.
    Michele nahm Stella beiseite. »Ich weiß, Jack ist mächtig stolz auf dich«, sagte sie. »Und ich bin stolz, dich zu kennen.«
    »Danke«, flüsterte Stella.
    An der Tür läutete es, und einen Augenblick später drang eine Gruppe von Stellas Klassenkameradinnen ins Zimmer. Mit schmerzerfüllten Gesichtern gingen sie auf Stella zu und umarmten sie.
    Michele steuerte auf die Treppe zu; sie hatte das Gefühl, dass sie allmählich in ihre Zeit zurückkehren sollte, und schon bevor sie den dritten Stock erreicht hatte, spürte sie, wie die Zeit sie vorwärtsdrängte, und als der Wirbel sie erfasste, hielt sie sich am Geländer fest.
    Sie landete im Zwischengeschoss und umklammerte immer noch krampfhaft das Treppengeländer. Durch die Glastür erkannte sie Walter in seinem Büro. Er saß an seinem Schreibtisch und schrieb, hatte den Kopf gesenkt und konnte Michele nicht sehen.
    Während sie ihren grauhaarigen Großvater betrachtete, sah sie den kleinen Jungen, der er einst gewesen war, zitternd und entsetzt über das Grauen des Kriegs. Plötzlich empfand sie große Zuneigung zu ihm – und Trauer. Sie fing an zu begreifen, was für eine Tragödie es war, dass sich Marion und ihre Eltern nie versöhnt hatten.
    Michele erinnerte sich an Irving Henrys Beerdigung und erschauderte. Walter hatte also fast fünfzig Jahre vor Irvings Beziehung zu Marion dessen Beerdigung erlebt. Wie war das nur möglich ? Sie fragte sich, was ihre Großeltern über ihn wussten, wie viel sie wussten. Aber als sie erneut einen Blick auf Walters Arbeitszimmer warf, wusste sie, dass sie noch nicht bereit war, danach zu fragen.
    Am nächsten Nachmittag schlenderte Michele in die Bibliothek und suchte das alte Fotoalbum. Sie musste unbedingt noch einmal Irving Henrys Foto sehen. Mein Dad , erinnerte sie sich. Es erschien ihr immer noch unwirklich.
    Als sie das Fotoalbum aufschlug, entdeckte sie auf der ersten Seite eine Widmung: Frohe Weihnachten, Mutter & Vater. Ich hoffe, die

Weitere Kostenlose Bücher