Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
einem Laden führte. Auf dem Hof standen riesige Fässer und unter einem Verschlag hölzerne Gestelle. Hier war der Gestank fast überwältigend: eine Mischung aus verfaulendem Fleisch und Fäkalien.
    Es war eine Gerberei.
    »Schnell«, sagte Marek, und sie kletterten über den Zaun und duckten sich hinter die stinkenden Fässer.
    »Uff«, sagte Kate und hielt sich die Nase zu. »Was ist das für ein Geruch?«
    »Sie weichen die Häute in Hühnerscheiße ein«, flüsterte  Chris. »Der Stickstoff in den Fäkalien macht das Leder weich.«
    »Toll.«
    »Und auch Hundescheiße.«
    »Klasse.«
    Chris drehte sich um und sah weitere Fässer und Tierhäute, die auf den Gestellen hingen. Hier und dort lagen stinkende Haufen käsig gelblichen Materials auf dem Boden — Fett, das man von der Innenseite der Häute abgekratzt hatte.
    Kate sagte: »Mir brennen die Augen.«
    Chris deutete auf die weiße Kruste auf den Fässern um sie herum. Sie enthielten Löschkalk, eine starke alkalische Lösung,  in der die Häute nach dem Abschaben eingeweicht wurden, um Haare und Fleischreste zu entfernen. Es waren die Kalkdämpfe, die ihnen in den Augen brannten.
    Dann wurde seine Aufmerksamkeit auf die Gasse gelenkt, wo er schnelle Schritte und das Scheppern von Rüstungen hörte. Durch den Zaun sah er Robert de Kere mit sieben Soldaten. Die Soldaten schauten im Laufen in alle Richtungen – sie suchten sie.
    Warum? fragte sich Chris, der um das Faß herumspähte. Warum wurden sie noch immer verfolgt? Was war so wichtig an ihnen, daß de Kere einen feindlichen Angriff ignorierte und statt dessen versuchte, sie zu töten?
    Anscheinend mochten die Verfolger den Gestank der Gasse so wenig wie Chris, denn kurz darauf bellte de Kere einen Befehl, und sie kehrten um und liefen zur Straße zurück.
    »Was sollte denn das?« flüsterte Chris schließlich.
    Marek schüttelte nur den Kopf.
    Dann hörten sie Männer rufen, und die Soldaten kehrten zurück. Chris runzelte die Stirn. Wie konnten sie ihn nur gehört haben? Er sah Marek an, der ebenfalls besorgt schien. Von außerhalb des Hofes hörten sie de Kere rufen: »Ici! Ici!« Wahrscheinlich hatte de Kere einen Mann zurückgelassen. Das muß es sein, dachte Chris. Denn eigentlich hatte er nicht laut genug geflüstert, um von den davoneilenden Soldaten gehört zu werden. Marek wollte losrennen, zögerte dann aber. Denn schon kletterten de Kere und seine Soldaten über den Zaun — insgesamt acht Männer; sie würden sich unmöglich gegen alle wehren können.
    »André«, sagte Chris und deutete auf das Faß, hinter dem sie kauerten. »Das ist Lauge.«
    Marek grinste. »Dann los«, sagte er und stemmte sich gegen das Faß.
    Mit vereinten Kräften schafften sie es, das Faß umzukippen. Schäumende alkalische Lösung schwappte auf den Boden und floß auf die Soldaten zu. Der Gestank war beißend. Die Soldaten merkten sofort, was es war —jeder Kontakt würde die Haut verbrennen –, und kletterten hastig wieder auf den Zaun, um die Füße vom Boden zu bekommen. Die Zaunpfosten zischten und britzelten, als die Lauge sie berührte. Der Zaun schwankte unter dem Gewicht der Männer; sie schrien und zogen sich in die Gasse zurück.
    »Jetzt«, sagte Marek und führte sie tiefer in die Gerberei. Schließlich kletterten sie über einen Verschlag und sprangen in eine andere Gasse.
    Es war bereits später Nachmittag, das Licht verlosch langsam. Vor sich sahen sie die brennenden Bauernhö fe, die harte, flackernde Schatten auf die Erde warfen. Anfangs hatte man noch versucht, die Feuer zu löschen, doch jetzt kümmerte sich niemand mehr darum; die Strohdächer loderten, mit einem Knistern stiegen brennende Halme in die Luft.
    Sie folgten dem schmalen Pfad, der an den Schweinekoben vorbeiführte. Die Schweine schnaubten und quiekten, die nahen Flammen ängstigten sie.
    Marek machte einen Bogen um die brennenden Häuser und lief zum Südtor, durch das sie vor einigen Stunden hereingekommen waren. Doch schon aus der Entfernung sahen sie, daß das Tor heftig umkämpft war; der Durchgang war fast blockiert von den Kadavern toter Pferde, und Arnauts Soldaten mußten darüberklettern, um zu den Verteidigern zu kommen, die sich mit Äxten und Schwertern erbittert wehrten.
    Marek machte kehrt und lief wieder zwischen den Bauernhäusern hindurch.

    »Wohin?« fragte Chris.

    »Weiß nicht so recht«, sagte Marek.

    Er sah zur Umfassungsmauer der Stadt hoch. Auf der Krone liefen Soldaten zum Südtor, um den

Weitere Kostenlose Bücher