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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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ist es – wenn man annimmt, daß Sie Ihren Großvater wirklich erschießen. Aber das könnte sich in der Praxis als schwierig erweisen. Vielleicht begegnen Sie ihm nicht zum richtigen Zeitpunkt. Vielleicht werden Sie unterwegs von einem Bus angefahren. Oder vielleicht verlieben Sie sich. Vielleicht verhaftet Sie die Polizei. Vielleicht töten Sie ihn zu spät, nachdem Ihre Mutter gezeugt wurde. Oder vielleicht stehen Sie ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber und merken, daß Sie den Abzug nicht drücken können.«
    »Aber theoretisch… «
    »Wenn wir uns mit der Geschichte beschäftigen, sind Theorien wertlos«, sagte Doniger mit einem verächtlichen Winken. »Eine Theorie hat nur einen Wert, wenn sie zukünftige  Ereignisse voraussagen kann. Aber Geschichte ist ein Bericht über menschliches Handeln – und keine Theorie kann menschliches Handeln voraussagen.«
    Er rieb sich die Hände.
    »Nun denn. Sollen wir diese Spekulationen beenden und uns  auf den Weg machen?«
    Die anderen murmelten zustimmend.
    Stern räusperte sich. »Um ehrlich zu sein«, sagte er, »ich glaube nicht, daß ich mitmache.« Marek hatte das schon erwartet. Er hatte Stern während der Besprechung beobachtet und gesehen, wie er auf seinem Stuhl hin und her rutschte, als könnte er es sich nicht bequem machen. Und er hatte bemerkt, wie Sterns Ängstlichkeit seit Beginn der Besichtigungstour ständig zugenommen hatte.
    Marek selbst war sich sicher, daß er gehen wollte. Seit frühester Jugend war das Mittelalter sein ein und alles gewesen; er hatte sich vorgestellt, auf der Wartburg, in Carcassonne, Avignon und Mailand dabeizusein. Er hatte in den walisischen Kriegen mit Edward I. gekämpft. Er hatte gesehen, wie die Bürger von Calais ihre Stadt aufgaben, hatte die Messen in der Champagne besucht. Er hatte an den prächtigen Höfen von Eleanor von Aquitanien und des Herzogs von Berry gelebt. Marek würde diese Reise unternehmen, unter allen Umständen. Was Stern anging…
    »Tut mir leid«, sagte Stern eben, »aber eigentlich geht mich das alles nichts an. Zum Team des Professors bin ich nur gestoßen, weil meine Freundin in Toulouse einen Ferienkurs besucht. Ich bin kein Historiker. Ich bin Naturwissenschaftler. Und außerdem glaube ich nicht, daß es sicher ist.«
    Doniger fragte: »Sie glauben, daß die Maschinen nicht sicher sind?«
    »Nein, der Ort. Und das Jahr 1357. Nach Poitiers herrschte in Frankreich Bürgerkrieg. Freie Soldatenhorden, die plündernd  durchs Land zogen. Überall Banditen und Halsabschneider, und Gesetzlosigkeit pur.«
    Marek nickte. Immerhin begriff Stern die Lage. Das vierzehnte Jahrhundert war eine untergegangene Welt und eine gefährliche. Es war eine religiöse Welt, die meisten Leute gingen einmal pro Tag zur Kirche. Aber es war auch eine unglaub lich gewalttätige Welt, wo einfallende Armeen jeden töteten, wo Frauen und Kinder beiläufig in Stücke gehackt und Schwangere zum Vergnügen ausgeweidet wurden. Es war eine Welt, in der man das Bekenntnis zu den Idealen der Ritterlichkeit auf den Lippen trug, aber wahllos plünderte und mordete, in der Frauen als machtlos und schwach dargestellt wurden, gleichzeitig riesige Vermögen verwalteten und Burgen beherrschten, sich beliebig Bettgespielen nahmen und Attentate und Rebellionen planten. Es war eine Welt der sich ständig verändernden Grenzen und der sich ständig verändernden Allianzen, oft von einem Tag zum anderen. Es war eine Welt des Todes, in der die Pest, Krankheiten und unaufhörlicher Krieg herrschten.
    Gordon sagte zu Stern: »Ich will Sie auf keinen Fall zwingen.«
    »Aber denken Sie daran«, sagte Doniger. »Sie werden nicht allein sein. Ich gebe Ihnen eine Eskorte mit.«
    »Tut mir leid«, sagte Stern noch einmal. »Tut mir leid.«
    Schließlich sagte Marek: »Lassen Sie ihn hier. Er hat recht. Es ist nicht seine Zeit, und es geht ihn nichts an.«
    »Jetzt, da du es erwähnst«, sagte Chris. »Ich habe nachgedacht: Eigentlich ist es auch nicht meine Zeit. Ich habe es eher mit dem späten dreizehnten als mit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Vielleicht sollte ich bei David bleiben —«
    »Vergiß es«, sagte Marek und legte Chris den Arm um die Schultern. »Du wirst sehen, dir wird schon nichts passieren.«
    Marek behandelte es als Witz, obwohl Chris es nicht unbedingt als Witz gemeint hatte.
    Nicht unbedingt.
    Es war kalt in dem Raum. Feuchtkühler Dunst bedeckte ihre Füße und Knöchel. Sie verwirbelten den Dunst, als sie auf die

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