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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Ohrstöpsel: »Beim Herkules, nein.«
    »Dann nehmt das als Antwort«, erwiderte der Junge.
    Trotz seiner Jugend sagte er dies mit scharfer Stimme, als  wäre er ans Befehlen gewöhnt. Der Soldat zuckte nur die
    Achseln und wandte sich um. Der Junge und Chris traten durch das Tor.
    Direkt hinter der Mauer befanden sich einige Bauernhäuser und eingezäunte Grundstücke. Die Gegend roch stark nach Wein. Sie gingen vorbei an strohgedeckten Häusern und Pferchen mit grunzenden Schweinen und stiegen dann Treppen hoch zu einer gewundenen, kopfsteingepflasterten Straße mit steinernen Gebäuden zu beiden Seiten. Jetzt waren sie in der eigentlichen Stadt.
    Die Straße war schmal und sehr belebt und die Gebäude zweistöckig, wobei der obere Stock überhing, so daß kein Sonnenlicht auf die Straße fiel. Alle Gebäude hatten im Erdgeschoß geöffnete Läden: ein Schmied, ein Schreiner, der auch Fässer machte, ein Schneider und ein Fleischer. Der Fleischer, in einer bespritzten Öltuchschürze, schlachtete eben ein quiekendes Schwein auf dem Kopfsteinpflaster vor seinem Geschäft, und sie mußten dem fließenden Blut und den Schlingen blassen Gedärms ausweichen.
    Es ging sehr laut her in dieser Straße, und der Gestank war für Chris fast unerträglich. Bald kamen sie zu einem gepflasterten Platz mit einem überdachten Markt in der Mitte. Auf ihrem Ausgrabungsgelände in der Gegenwart war diese Stelle nur eine grasbewachsene Fläche. Er blieb stehen, sah sich um und versuchte, das, was er kannte, mit dem zu vergleichen, was er jetzt sah.
    Auf der anderen Seite des Platzes stand ein gutgekleidetes junges Mädchen mit einem Korb voller Gemüse, das nun zu dem Jungen geeilt kam und besorgt sagte: »Mein guter Sir, Eure lange Abwesenheit bekümmert Sir Daniel sehr.«
    Der Junge schien nicht sehr erfreut, sie zu sehen. Verärgert erwiderte er: »Dann sag meinem Onkel, ich werde ihn zur gegebenen Zeit aufsuchen.«
    »Es wird ihm eine große Freude sein«, sagte das Mädchen und verschwand in einer schmalen Gasse.
    Der Junge führte Chris in eine andere Richtung. Er sagte nichts über diese Unterhaltung, sondern murmelte nur im Gehen vor sich hin.
    Sie kamen nun zu einer freien Fläche direkt vor der Burg. Es war ein lebendiger und farbenfroher Platz, mit vielen Rittern, die, ihre flatternden Banner präsentierend, auf ihren Pferden paradierten. »Viele Besucher heute«, sagte der Junge, »wegen des Turniers.«
    Direkt vor ihnen lag die Zugbrücke, die in die Burg führte. Chris bestaunte die düster aufragenden Mauern, die hohen Türme. Soldaten patrouillierten auf der Mauerkrone und starrten auf die Menge herunter. Der Junge führte ihn ohne Zögern weiter. Chris hörte seine Schritte hohl über das Holz der Zugbrücke klappern. Am Tor standen zwei Wachen. Chris spürte, wie er sich verkrampfte, als er auf sie zuging.
    Aber die Wachen beachteten sie kaum. Einer nickte nur abwesend, der andere hatte ihnen den Rücken zugedreht und kratzte sich Schlamm von den Stiefeln.
    Chris überraschte diese Gleichgültigkeit. »Warum bewachen sie den Eingang nicht?«
    »Warum sollten sie?« sagte der Junge. »Es ist heller Tag. Und wir werden nicht angegriffen.«
    Drei Frauen, die Köpfe in weiße Tücher gewickelt, so daß nur die Gesichter zu sehen waren, verließen, mit Körben im Arm, die Burg. Auch ihnen schenkten die Wachen keine Beachtung. Plappernd und lachend gingen die Frauen hinaus – ohne angesprochen zu werden.
    Chris erkannte, daß er hier mit einem jener historischen Vorurteile konfrontiert war, die so tief verwurzelt waren, daß keiner sie je in Frage stellte. Burgen waren Festungen, und sie hatten immer einen wehrhaften und gesicherten Eingang — mit Burggraben, Zugbrücke und so weiter. Und jeder ging davon aus, daß dieser Eingang immer stark bewacht gewesen war.
    Aber, wie der Junge gesagt hatte, warum sollte das so sein? In Friedenszeiten war eine Burg ein belebtes soziales Zentrum, und Menschen kamen und gingen, um den Burgherrn zu besuchen oder um Waren zu liefern. Es gab keinen Grund, das Tor zu bewachen. Vor allem, wie der Junge sagte, bei hellem Tageslicht.
    Chris fiel der Vergleich mit modernen Bürogebäuden ein, die nur nachts bewacht wurden; tagsüber war zwar ein Posten anwesend, aber nur, um Auskunft zu geben. Und vermutlich war es mit diesen Wachen hier ebenso.
    Andererseits…
    Als er durchs Tor ging, schaute er hoch zu den Spitzen des großen eisernen Fallgitters, das jetzt hochgezogen war. Dieses Gitter

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