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Tine

Tine

Titel: Tine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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obwohl ich meine Bedenken laut äußere. Er verliert wirklich keine Zeit. Genau wie er es mir zu Beginn unserer Bekanntschaft schon sagte, er träumt nicht, er handelt. Wir erhalten alle Schlüssel und planen den Einzug für die kommende Woche. Rechtzeitig, um das bevorstehende Weihnachtsfest in unserem neuen Zuhause feiern zu können. Bis auf die rund tausend Bücher bleiben Ansgars Sachen bis zum Verkauf des Hauses in Offenbach.

Ich belade meinen Anhänger gerade mit Umzugskartons, als Gernot mir aus seinem Wagen zuruft, dass er mich nicht vergessen hat. Nachdem er endlich eine Parklücke findet, kommt er auf mich zu und überreicht mir zwei Flaschen Rotwein.
   »Du ziehst um? Hoffentlich nicht zu weit weg.«
Ich bitte ihn, mit in die Wohnung zu kommen und lasse mir von ihm berichten, wie die Vergnügungsreise verlaufen ist. Er soll mich ganz herzlich vom dicken Hessen grüßen, dessen Name Roland ist und doch eigentlich nicht so schwer zu merken ist.
   »Den Ablauf kannst du dir ja denken. Wir haben uns hoffnungslos betrunken. Allerdings gab es vorher für jeden eine Kopfschmerztablette und so haben wir den nächsten Tag einigermaßen heil überstanden.«
Ich biete meinem Gast einen Kaffee an und während er weitererzählt, wickel ich Tassen, Gläser und Teller in hellgraues Packpapier.
   »Du ziehst in diese Schickimicki Gegend? Deine neue Firma scheint ja wie eine Bombe eingeschlagen zu sein oder wie kannst du dir diese Nobelherberge leisten? Was ist passiert, Tine? Noch vor kurzem hattest du angeblich kein Geld für unseren Ausflug und jetzt...? Hast du dir etwa einen reichen Sponsor angelacht?«
   »Du kennst ihn. Es ist der Doc. Und ja, es ist bereits in Frankreich passiert.«
Gernot ist bemüht, sein Erstaunen über diese Nachricht zu überspielen. Allerdings nicht sehr gekonnt. Als er fragt, ob er mir beim Tragen helfen soll, nehme ich sein Angebot an.
   »Hast du schon einen Nachmieter für diese Wohnung? Sie gefällt mir und ich bin schon lange auf der Suche.«
   »Tut mir leid, sie ist schon vergeben. Meine Freundin Jette wird hier im neuen Jahr einziehen.«
   »Ist sie genau so hübsch wie du?«
   »Viel hübscher und Single. Soll ich euch bekannt machen?«
   »Warum nicht? Wohin mit den letzten Kartons? Dein Hänger ist voll.«

Die letzten Kartons verstaut er in seinem Wagen und fährt mir zur neuen Wohnung hinterher. Ansgar staunt nicht schlecht über meinen Umzugshelfer und spannt ihn gleich ein, ihm beim Anbringen der Regale behilflich zu sein. Da habe ich mir vielleicht zwei Handwerker angelacht. Einen Mann der Worte und einen Mann der Zahlen. Beide sind nicht in der Lage, mit einer Wasserwaage umzugehen. Man sagt ja, schief hat Charme. Aber mir ist ein gerades Bücherregal lieber.
   »Da lasst besser eine Fachfrau ran«, lache ich sie aus und schlage ihnen vor, sich nützlich zu machen und Essen und Trinken zu besorgen.
   »Nicht nötig. Jette ist schon mit Proviant auf dem Weg zu uns«, weiß Ansgar und fragt, ob Gernot gern Pasta isst.
   »Dann holt den Karton mit Geschirr und Besteck rein. Schließlich können wir Jettes Nudelauflauf nicht mit den Fingern essen.«
Bevor ich mein Verkupplungsmanöver starte, frage ich Gernot, ob er gebunden ist. Ansgar lacht und gibt vor, dass er sich diesem Check auch unterziehen musste.
   »Ledig und zwei Kinder. Der Junge ist acht und das Mädchen ist vier Jahre alt. Beide leben bei ihren Müttern.«
   Nette Bilanz für einen...? Wie alt bist du eigentlich?«
   »Achtunddreißig«, antwortet Gernot brav.
   »Du bist jünger als ich? Das hätte ich nicht gedacht«, meint der Doc.
   »Ich bin nicht nur jünger als du, ich sehe auch besser aus. Unter uns, ich kann nicht verstehen, warum du das Rennen um Tine gewonnen hast. Ich wäre der deutlich bessere Fang gewesen.«
   »Es gab ein Rennen?«, gackere ich und schenke uns den Wein ein, an dessen Produktion ich maßgeblich beteiligt war. Endlich kommt Jette und stellt ihre Auflaufform auf den Tisch, den ich aus vier stabilen Kartons gebaut habe. Stühle gibt es noch keine und so setzen wir uns auf den Boden und speisen im Schneidersitz. Ansgar fühlt sich an seine Studienzeit erinnert.
   »Damals konnte ich stundenlang so sitzen. Jetzt tun mir nach einer halben Stunde schon alle Glieder weh.«
   »Du solltest nicht immer nur deinen Kopf, sondern auch mal deine Muckis trainieren. Für Anfang vierzig machst du schon einen recht

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