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Tine

Tine

Titel: Tine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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es ganz genau wissen willst, dann fahre nach Hause. Er steht vermutlich noch immer vor deiner Tür und wartet auf dich.«
   »Woher weißt du?«
   »Weil er hier schon zweimal angerufen hat und wissen wollte, wo du steckst.«

Liebe? Ja, aber nicht bedingungslos

   »Bist du mit dem Wagen gekommen?«
   »Nein, mit der Frühmaschine.«
   »Seit wann stehst du hier in der Kälte?«
   »Lässt du mich rein?«
   »Ja, komm, lass uns hineingehen.«
Während Ansgar sich die Hände am Heizkörper im Wohnzimmer wärmt, setze ich in der Küche einen Kaffee auf. Ich überlege, ob ich ihm sagen soll, dass ich im Bilde bin, entscheide mich aber dagegen und lasse ihn sprechen.
   »Das Zimmer, das du gesehen hast, ist meine Vergangenheit. Ich habe dich nicht angelogen. Es gibt keine Frau in meinem Leben außer dir.«
   »Ich weiß es«, erlöse ich ihn nun doch, denn ich sehe, wie es ihn schmerzt, darüber zu sprechen. »Gernot hat es mir vor einer Stunde erzählt. Ich habe es durch Zufall erfahren. Warum hast du es mir nicht früher gesagt.«
Er antwortet mir nicht und atmet schwer durch die Nase.
   »Du bist noch nicht darüber hinweg. Ist das der Grund? Du bist noch nicht bereit für eine feste und ernsthafte Beziehung.«
Sein zustimmendes Nicken hat die gleiche Wirkung auf mich, wie ein Messerstich mitten ins Herz. Er sagt, es wäre viel komplizierter und dass ein harter Weg hinter ihm liegt. Nach all der Zeit war ich die erste und einzige Frau, zu der er sich hingezogen fühlte.
   »Ich habe mich ein Jahr lang völlig von der Außenwelt abgeschottet, bis ich einen Therapeuten fand, der mich wieder ins Leben stupste. Ich fing wieder an zu arbeiten. Nach außen hin schien alles in Ordnung zu sein, ich funktionierte. Aber emotional war ich verkrüppelt. Ich sah die Menschen nicht, sondern nur ihre Hülle. Seit zwei Jahren schreibe ich in dieses Notizbuch. Ich notiere meine Empfindungen, wenn ich auf Leute treffe. Lies es, wenn du mir nicht glaubst.«
Ich glaube ihm auch so. Die Kaffeemaschine gibt laute Rülpser von sich und ich schenke uns zwei Tassen ein.
   »Ich hätte sofort zu dir nach Hamburg kommen können. Beruflich ist es völlig egal, wo mein Standort ist. Das Haus in Offenburg könnte ich ohne Weiteres aufgeben. Das ist nicht der Grund, weshalb wir eine Fernbeziehung führen. Ich hatte Angst. Angst davor, dass du den Wunsch äußerst, eine Familie mit mir gründen zu wollen. Ich will nie wieder eigene Kinder haben! Das ist die Voraussetzung für eine feste Beziehung zwischen uns. Hätte ich dir das gesagt, hättest du mir vermutlich geantwortet, dann bleib wo du bist. Das war der wahre Grund für mein Schweigen.«
Ja, vielleicht hätte ich so reagiert. Ich weiß nicht, was ich in diesem Moment sagen soll. Dass ich keine Kinder will? Das es mir nichts ausmacht? Nein, das entspricht nicht der Wahrheit. Dass ich ihn nicht verlieren will, weil ich so gern mit ihm zusammen bin. Ja, das trifft es.
   »Und? Was sagst du, Tine. Haben wir trotzdem eine Chance?«
   »Ich weiß es nicht.«
   »Tine, ich hab dich so gern. Ich liebe dich, aber nicht bedingungslos.«

Morgens neben ihm aufzuwachen und abends neben ihm einzuschlafen, ist, um es in der Werbesprache auszudrücken, »Unbezahlbar«. Allerdings die Zeit dazwischen stellt unsere Nerven auf eine harte Probe. Während Ansgar an meinem Schreibtisch Ruhe zum Arbeiten braucht, lärme ich im Nebenzimmer mit Hammer, Säge und meiner Schleifmaschine. Sobald ich ein Möbelstück fertiggestellt habe, fühlt er sich aufgefordert, mir beim Tragen zu helfen. Ständig klingelt das Telefon und ich muss meine Arbeit unterbrechen. Die Anrufe sind aber nicht für Tine Haller Design, sondern für seine Firma. Das ist kein Dauerzustand. Nach zwei Wochen spricht Ansgar es aus. Wir brauchen eine größere Wohnung. Am besten ein Haus mit Platz für sein Büro und eine Werkstatt für mich.

Seine Wahl fällt auf ein Loft in einem ehemaligen Fabrikgebäude. 320 Quadratmeter auf zwei Etagen mit Blick auf den Fleet. Sofort bezugsfertig. Statt Garten gibt es eine Gemeinschaftsterrasse. Hunde sind nicht gestattet und der Makler schwärmt von der Ruhe in Mitten der Großstadt. Das Geheimnis sind »Keine Kinder«. Kein Wunder! Die Kauf- und Mietpreise sind so exorbitant hoch, dass sich Familien diese Art zu Wohnen nicht leisten können. Ich kann es mir auch nicht leisten. Ansgar schon. Er unterschreibt den Vertrag noch am gleichen Tag,

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