Tinnef
Bronstein mit einem belustigten Schmunzeln von sich gegeben, und selbst Segur konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Jetzt reicht’s aber“, sagte Marie Caroline ungewöhnlich schrill, „der Herr von Bronstein hat mir gestern das Leben gerettet, und ich erwarte von meinen Freunden, dass sie ihn respektieren und ihm die Freundlichkeit entgegenbringen, die er verdient und die sich im Übrigen auch geziemt. Ende der Debatte! Josef, entschuldige dich gefälligst!“
„Den Teufel werd ich tun“, schmollte der, setzte sich aber wieder.
„Josef!“ Marie Carolines Stimme wurde gebieterisch. „Entweder du entschuldigst dich jetzt auf der Stelle oder du kannst deine Spielschulden gefälligst selbst begleichen. Haben wir uns verstanden!?“
Rohan wurde puterrot. Anscheinend der wunde Punkt, dachte Bronstein, der sich ohnehin schon gefragt hatte, weshalb eine simple Edle in einer solchen Runde wohlgelitten war. Vermutlich war sie diejenige, welche die Rechnungen beglich. Bei Rohan schien dies definitiv der Fall, denn er maulte etwas Unverständliches, das mit viel gutem Willen als eine Bekundung, er habe es nicht so gemeint, durchgehen mochte. Bronstein deutete ein Nicken an.
Dennoch dehnte sich ein unangenehmes Schweigen um den Tisch aus.
„Marie Caroline hat uns erzählt, Sie sind ein Kommissar“, wandte sich nun die Hardegg an ihn.
„Das ist richtig“, bestätigte er. Nun, richtig war es zwar nicht im Wortsinne, aber in der Tendenz mochte es angehen.
„Das ist sicher sehr aufregend“, steuerte die Harrach bei.
„Nun, ich würde nicht so weit gehen, unsere Arbeit mit jener der Armee zu vergleichen, die ohne Frage weit Größeres leistet, als wir es tun, aber auch wir stehen ganz im Sinne des Kaisers und des Reiches unseren Mann. So wie unsere Armee die Grenzen des Reiches verteidigt, sichern wir das Reich im Inneren.“
Das „Pff“ Rohans überhörte er.
„Und, haben Sie schon einmal einen Mörder überführt?“
„Oder einem Räuber das Handwerk gelegt?“
„Um ehrlich zu sein, meine Damen, im Augenblick bin ich gerade hinter einem Mann her, auf den beides zutrifft.“
Natürlich war das hinsichtlich des Georgiers stark übertrieben, auch was seine eigene Rolle dabei anbelangte, aber es mochte nicht schaden, sein Licht ein wenig unter dem Scheffel hervorzuholen.
„Und der läuft noch frei herum? Wieso das denn?“ Rohan konnte sich anscheinend mit seiner Rolle als Zuschauer nicht abfinden.
„Nun ja, um ehrlich zu sein, habe ich ihn gestern bis auf den Bahnhof verfolgt“, sagte Bronstein mehr in die Richtung der anderen, „als es zu diesem Attentat kam, das auch für unser verehrtes Fräulein von Ritter nicht ohne Folgen blieb. Darum ist er mir gestern noch einmal entwischt. Aber es ist nur eine Frage von Tagen, bis wir auch ihn dingfest gemacht haben werden.“ Dann drehte er sich demonstrativ den Frauen zu: „Keine Angst also, die Damen!“
„Und heute haben Sie keinen Dienst?“ Die Frage kam von Segur.
„Doch, aber erst am späteren Abend. Bis dahin stehe ich ganz zu Diensten.“
„Apropos“, Marie Caroline schob ihr Kinn nach vorn, „was machen wir noch mit dem angebrochenen Tag? Fürs Casino ist’s entschieden zu früh, und zum Paradieren ist’s ganz entschieden zu kalt.“
Auf den Gesichtern der anderen zeichnete sich Ratlosigkeit ab. Ihre Kiefer mahlten, während ihre Blicke im Raum umherschwirrten. „Wir könnten in ein Museum gehen“, schlug die Harrach vor.
„Uaaah“, machte Segur, „willst uns verblöden? Was sollen wir dort bei all dem verstaubten Krempel! Nein, da braucht’s schon etwas Aufregenderes. Alles andere wär denn doch zu fad.“
„ Wieso bleiben wir nicht da?“ Die Hardegg sah sich um. „Das ist doch eh ganz lustig da.“
„Ja, vor allem wenn sich die zwei Gockel da weiter um das Mariedl balgen“, gluckste Segur und erntete dafür sofort böse Blicke von allen anderen, sodass er nur „Tschuldigung schon“ maulte. „Na, des is nix! Außerdem wird’s bald Zeit zum Soupieren, und das kannst ja wohl kaum da machen.“
„Wie wär’s mit dem Meissl & Schadn?“, warf Bronstein großtuerisch ein. „So ein Tafelspitz, das wär jetzt grad das Richtige.“ Außer natürlich, dass er sich den niemals würde leisten können.
„Eine superbe Idee! Gratuliere, Bronstein! Das haben S’ jetzt aber hervorragend g’macht.“ Segur zeigte sich rundum begeistert. „Das ist genau unsere Kragenweite, dort g’hören wir hin. Und die Tussi
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