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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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einfach nur schwarz, andere mit Zucker und wieder andere mit Milch und Zucker. Und dann …“
    „Ich denke, lieber Herr Pokorny, ich verstehe Ihr Problem in dieser Angelegenheit. Also ich hätte gerne eine Schale Gold – mit Zucker.“
    „Ujegerl, Herr Oberkommissär. Ich weiß nicht, ob wir einen Schlag da haben.“
    „Na in dem Fall dann einfach nur einen großen Braunen.“
    „Ja, das wird sich einrichten lassen, denke ich. Weil wissen S’, man weiß da nie …“
    „Ohne Kaffee kann ich einfach nicht denken, wenn S’ verstehen, was ich mein’, lieber Pokorny.“
    „Ach so … ja … verstehe … großer Brauner … kommt sofort.“
    Bronstein atmete durch und griff nach seinen Zigaretten. Automatisch sah er sich im Zimmer um und entdeckte am Fensterbrett gleich mehrere Aschenbecher. Er entschied sich für einen gläsernen, der so elegant wirkte, als wäre er direkt in Gablonz hergestellt worden. Der würde, beschloss er, ab sofort sein persönliches Accessoire werden. Überhaupt, so beschloss Bronstein, musste diese Arbeitsstätte ein wenig aufgehellt werden. Sein hölzerner Schreibtisch war unbearbeitet und wies demgemäß eine hellbraune Färbung auf. Den sollte man, dachte Bronstein, mit einer grünen Schreibunterlage ein wenig farbiger wirken lassen. Und unter sein Fenster beabsichtigte er eine Zimmerpflanze zu stellen, womit das Grün auf dem Tisch mit dem Grün am Fenster korrespondieren würde. Möglicherweise taten auch ein paar zusätzliche Utensilien wie eine Löschwiege oder eine Tasse für das Schreibzeug ihre Wirkung. Und schließlich sprach einiges dafür, sich einen Kalender zu besorgen. Man musste ja schließlich wissen, welchen Tag man jeweils hatte. Nun, da würde er sich bei Pokorny kundig machen, was davon im Depot zu holen war.
    Als Pokorny mit dem Kaffee wieder die Amtsstube betrat, ver suchte Bronstein, mit seinem Anliegen Gehör zu finden. Beim Mittagstisch in der Kantine gab er es schließlich auf, darüber nachzusinnen, weshalb er kein einziges Mal zu Wort gekommen war. Selbst mit vollem Mund war Pokorny beim Reden immer noch schneller als ein Maxim-Maschinengewehr, wenngleich seine Treffsicherheit mit jener der Waffe in keiner Weise zu vergleichen war. Hinge die öffentliche Sicherheit der Reichshaupt- und Residenzstadt von Polizisten wie Pokorny ab, ahnte Bronstein, würde es um sie nicht sonderlich gut bestellt sein. Es sei denn, die Bösewichter gaben freiwillig klein bei, um nicht länger Pokornys Monologe über sich ergehen lassen zu müssen. Ermattet stellte Bronstein fest, dass er Lang schon nach nur zwölf Stunden ehrlich und aufrichtig vermisste. Das einzige Glück an der ganzen Angelegenheit bestand wohl darin, dass dieser Pokorny schon steinalt zu sein schien. Und die paar Monate, die dieser noch im Agenteninstitut Dienst tun würde, die konnte man getrost überstehen.
    Zumal, wenn das kredenzte Krenfleisch repräsentativ für die hierortige Menage war. An solch lukullische Genüsse konnte man sich fraglos gewöhnen. Doch sosehr er den Verzehr dieser Köstlichkeiten auch zelebrierte, irgendwann kam die Portion auf seinem Teller doch an ihr Ende. Er sah sich verstohlen nach einem Aschenbecher um.
    „Und da sagt der lange Pospischill zu mir …, wenn S’ einen Aschenbecher suchen, Herr Oberkommissär, die warat’n an der Schank. Aber ich tät des nicht machen …, geh’n wir lieber nach oben … zur Feier des Tages lass ich eine Regie-Virginier springen. … Und der Pospischill sagt also … Jetzt müssen S’ schon wieder aufs Klo? Haben Sie’s auf der Blase oder wie? … Na gut, treffen wir uns in fünf Minuten bei mir auf 111.“
    Das erste Mal seit Dienstantritt hatte Bronstein einen Augenblick für sich. Und dieser sollte der einzige an diesem Tag bleiben, denn nachdem er mit Pokorny eine Zigarre geraucht hatte, schleppte jener ihn durch alle Gänge und Zimmerfluchten des Instituts, um sicherzustellen, dass auch wirklich jeder Bronstein von Angesicht zu Angesicht kennenlernte. Nach dem dritten Raum brachte Bronstein die einzelnen Gesichter durcheinander, nach dem fünften die Namen, und ab dem siebenten Amtszimmer gab er es auf, sich irgendetwas merken zu wollen. Er würde wohl heimlich, still und leise eines Nachmittags durch die Hallen schleichen, um sich alle Namen noch einmal gesondert zu notieren und sich dabei einzuprägen, wer wo saß.
    Erst gegen 16 Uhr kehrte er, immer noch von Pokorny flankiert, in sein Büro zurück. „Und was jetzt?“, fragte

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