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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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kam der Gast an die Reihe, auch dies eine Vorgangsweise, an der Bronstein nichts Eigenartiges mehr fand. Ebenso wenig wie an der Tatsache, dass auch hier der Vater bestimmte, wie viel Suppe auf dem Teller zu landen hatte.
    Die Zugehfrau hatte fürs Erste ihr Werk getan und zog sich zurück. Herr von Ritter wünschte allen einen gesegneten Appetit, dann begann er zu essen, und der Rest der Tischgesellschaft tat es ihm gleich. Bronstein hatte kaum einen Bissen zu sich genommen, als der Vater das Gespräch eröffnete. Er erkundigte sich bei seiner Tochter, was denn in der Oper gegeben werde, doch wartete er deren Antwort gar nicht erst ab. Vielmehr nutzte er die Frage zu einem Referat über Mozarts „Così fan tutte“.
    Bronstein vermochte den ebenso weitschweifigen wie langweiligen Auslassungen kaum zu folgen. Die Handlung dieses Werkes war ihm in groben Zügen bekannt, und er fand sie in höchstem Ausmaß dumm. Doch er wusste, dass er gut daran tat, dies in dieser Runde nicht verlauten zu lassen, denn bei einer Aufführung eben dieser Oper hatten sich die Eltern von Marie Caroline einst kennengelernt, und so gab es keine Alternative zu bedingungsloser Begeisterung. Und Bronstein begann ernsthaft seinen Dienstbeginn herbeizusehnen.
    Doch der Herr von Ritter war in seinem Element. Wortreich schilderte er jedes Detail aus dem Leben Mozarts, dessen er sich erinnern konnte, und Bronstein zählte die Minuten, bis er sich auf die Post verfügen konnte.
    „ Wissen Sie …, Papa, … das Leben Mozarts ist unendlich span nend. Davon muss ich bei Gelegenheit unbedingt mehr erfahren, aber just jetzt muss der Dienst allem anderen gegenüber in den Vordergrund treten …“
    „Na, das ist ja kein Problem, David. Warte, ich hab da genau das Richtige für dich.“
    Ritter stand auf und trat an seine Bibliothek. Nach einer kleinen Weile der Suche erhellte sich seine Miene, und er zog einen schmalen Band über das Leben Mozarts hervor. „Da steht alles drinnen, was du über den göttlichen Amadeus wissen musst. Du kannst es dir ja heute zu Gemüte führen, während du darauf wartest, dass ein Verbrecher tolldreist genug ist, dir in die Quere zu kommen. Morgen sagst du mir dann, wie dir das Buch gefallen hat. Ich bin überzeugt, es wird dich faszinieren.“
    Faszinierend daran war höchstens der Umstand, dass es dem Ritter im Handumdrehen gelungen war, Bronstein den todlangweiligen Dienst noch mehr zu vergällen. Sicher würde ihn Ritter am kommenden Tag förmlich abprüfen, also blieb ihm nichts anderes übrig, als den Band über Nacht tatsächlich zu lesen. Aber wenigstens, so dachte Bronstein, würde ihm die Lektüre einige der anscheinend üblichen Pokorny-Schnurren ersparen.
    Und so war es auch. Bronstein zückte sein Buch und hielt es sich formatfüllend vors Gesicht, sodass Pokorny es bald aufgab, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Die Zeit ging geräuschlos dahin. Der eine spielte Leser, der andere spielte Karten.
    Und während Pokorny Patiencen legte, versuchte sich Bronstein auf sein Buch zu konzentrieren. Doch es war einfach zu langweilig. Er hätte es sich nicht aufschwatzen lassen sollen. Dass Mozart ein begnadeter Tonkünstler gewesen war, das wusste er, und mehr, so fand er, brauchte er auch nicht zu wissen. Dunkel meinte er sich daran zu erinnern, einmal gehört zu haben, dass der Salzburger ein ziemlich ausschweifendes Leben geführt hatte, voll von sexuellen Eskapaden und Obszönitäten, doch von all dem stand in diesem Druckwerk kein Wort. Bronstein blätterte hin und zurück, doch da war kein einziger Paragraph, der irgendwie seine Aufmerksamkeit erregt hätte. Bronstein seufzte laut.
    Pokorny sah auf: „Soll ich dir eine Geschichte erzählen?“
    „Besser nicht.“
    Bronstein fragte sich, ob die Uhr, die über der Eingangstür angebracht war, überhaupt noch ging. Es konnte doch unmöglich wahr sein, dass erst eine Stunde vergangen war, seit er hier seinen Dienst angetreten hatte. Das war ja wirklich unerträglich. Es war kaum vier Uhr nachmittags, und er musste, wenn sich der Verdächtige nicht endlich zeigte, noch acht Stunden hier ausharren. Mein Gott, dachte Bronstein, weshalb hatte sich der Kerl ausgerechnet die Hauptpost für seine Machinationen ausgesucht? Die war bis Mitternacht geöffnet, selbst an einem Samstag, und somit saßen sie hier fest. Sinnlos. Denn was sollte diesen Schurken dazu bewegen, ausgerechnet heute hier aufzukreuzen? Die fraglichen Wechsel lagen nun schon seit Wochen am

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