Tinnitus - Endlich Ruhe im Ohr
Schädigung des Innenohres, die bis zur Überempfindlichkeit der Hörnervenzellen gegenüber der Beschallung geführt hat (Recruitment). Diese Überempfindlichkeit kann jedoch auch durch eine überhöhte Empfindlichkeit der zentralen Hörsysteme entstanden sein. Dies findet man häufig als Ausdruck der »Manager-Krankheit«, das heißt eines schlecht verarbeiteten psychisch-physischen Stresses. Bei diesem zentralen Prozess ist das Hörsystem im Gehirn entgleist, weil die hemmenden Systeme versagen. Die Hyperakusis kann allein bestehen oder von einem Ohrgeräusch begleitet sein. Oft besteht ein normales Hörvermögen, verbunden mit einem übersensiblen Ohr.
Naturgemäß führt diese Lärmüberempfindlichkeit dazu, dass sich der Patient aus dem öffentlichen Leben zurückzieht. Jegliche Lärm- und Geräuschbelastung wird vermieden, selbst das Klingeln eines Telefons oder Geschirrklappern werden typischerweise als äußerst belastend empfunden. Die Flucht in die Stille führt zu einer gesellschaftlichen Isolation. Sie bewirkt aber auch, dass die Sensibilität gegenüber Geräuschen immer mehr zustatt abnimmt.
Therapeutisch müssen diese Patienten langsam wieder an die Umgebungsgeräusche gewöhnt werden. Das beratende Gespräch muss dem Patienten auch zeigen, dass er nicht die Stille suchen, sondern sie meiden muss. Dies gelingt meist schon durch Musikhören, vom Leben mit Hintergrundmusik bis hin zur Durchführung einer Retraining-Therapie (s. → S. 94 ). Bei diesen Patienten sind der beratende und in der Therapie erfahrene Arzt und der Hörgeräte-Akustiker besonders verpflichtet, ihren »Schützling« durch diese Trainingsphase zu begleiten, denn eine Therapie mit Medikamenten ist bei dieser Form der Hörstörung nicht möglich.
Bildgebende Diagnostik
Wenn aufgrund der klinischen und apparativen Untersuchung der Verdacht auf ein organisches Ohrgeräusch besteht, kommen ganz bestimmte bildgebende Verfahren zum Einsatz, die die Strukturen der zentralen Hörbahn direkt oder indirekt darstellen können.
Magnetresonanztomografie (MRT, auch Kernspintomografie). Mithilfe dieser Untersuchung, die keine Röntgenstrahlen verwendet, sondern auf der Messung magnetischer Felder beruht, kann heute sehr exakt und bis zu einer Auflösung von 1–2 mm das Gewebe im Gehirn und Körper bildhaft dargestellt werden. Diese Untersuchung eignet sich vorzüglich, um auch kleine Akustikus-Neurinome nachzuweisen, die im inneren Gehörgang wachsen können.
Ultraschall. Besonders bei pulssynchronen Ohrgeräuschen muss nach Strömungshindernissen in der Blutbahn oder nach Blutgefäßveränderungen gesucht werden. Hierzu eignen sich zunächst hervorragend die Doppler- und Duplexsonografie.
Angiografie. Wenn bei der Ultraschalluntersuchung Hinweise für ein Geschehen in der Blutbahn gefunden werden, muss mithilfe einer Röntgenuntersuchung der Blutgefäße, einer Angiografie, die gezielt für einzelne Äste der Blutbahn durchgeführt werden kann, das Gefäßsystem dargestellt werden. Bei dieser Untersuchung wird ein Katheter in ein großes Blutgefäß eingebracht und Kontrastmittel injiziert. Zuvor kann jedoch ohne Eingreifen in den Körper das Gefäßsystem mittels einer speziellen Kernspinuntersuchung, dem sog. Angio-MRT sehr genau dargestellt werden.
Ein Blick in die Zukunft
Mit dem Ziel, Tinnitus und tinnitusrelevante biologische, chemische und physikalische Vorgänge im Gehirn sichtbar zu machen, beschäftigt man sich mit weiteren bildgebenden Verfahren, z. B.
Funktionelle Kernspintomografie (FMRI): klärt, welche Hirnareale Tinnitus verarbeiten und welche damit dann auch einer lokalen Therapie am Gehirn, z. B. Magnetstimulation, Elektrostimulation, gar chirurgischen Verfahren, zugänglich wären
Kernspin-Spektroskopie: stellt Neurotransmitter dar, die zur Signalübertragung gebraucht werden
»Diffusion tensor« Kernspintomografie: stellt den Verlauf von Nervenbahnen dar
PET (Positronenemissionstomografie.):ist in der Lage, spontane Hirnaktivitäten darzustellen und zeigt sauerstoffabhängige Funktionen des Gehirns. Damit ist man heute in der Lage die Überträgerstoffe zwischen den einzelnen Gehirnzellen, die spezifischen Neurotransmitter und ihren Rezeptoren im Bild zu sehen und deren Funktion zu überprüfen. Dies ist für die zukünftige Tinnitusforschung von grandiosem Wert: man wird erkennen können, ob Überträgerstoffe wie z. B. 5-Ht (Serotonin-Rezeptoren), GABA (Gamma-Aminobuttersäre), NMDA (n-Methyl-D-Aspartat) oder
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