Tinnitus - Endlich Ruhe im Ohr
unempfindlicher zu machen, wobei in den meisten Fällen auch ein gleichzeitig vorhandenes Ohrgeräusch leiser wird oder ganz verschwindet. Auch hier gelten die allgemeinen Therapiegrundlagen der Retraining-Therapie, also die Aufklärung über akustische Prozesse und die psychologische Diagnostik.
So verwenden Sie die Geräte bei Hyperakusis
Bei einer Hyperakusis werden immer beide Ohren mit einem Gerät versorgt.
Das Rauschgerät sollte möglichst im Gehörgang mit offener Versorgung angepasst werden. Es darf den Gehörgang nicht verschließen. Kein Im-Ohr-Gerät!
Ein bequemer Sitz ist wichtig. Bei Brillenträgern ist ein Ohrmuschelgerät besser als ein HdO-Gerät.
Benutzen Sie alle Frequenzen.
Tragen Sie das Gerät mindestens 2–6 Stunden am Tag, wenn möglich länger. Die Tragedauer hängt von den persönlichen Umständen ab und sollte individuell festgelegt werden. Um das akustische System zu trainieren, sollte die Tragedauer mit der Zeit immer länger werden.
Stellen Sie zu Therapiebeginn die Lautstärke des Rauschens am Gerät so ein, dass Sie es gerade noch hören. Nehmen Sie diese Einstellung morgens vor und behalten Sie sie unverändert über den Tag bei.
Nach etwa zwei Wochen soll nach dem morgendlichen Einstellen das Geräusch noch einmal so weit lauter gestellt werden, dass Sie es gerade noch als Differenz zur vorherigen Einstellung wahrnehmen können.
In monatlichen Abständen wird die Lautstärke weiter erhöht. Dabei darf allerdings die maximale Lautstärke das Sprachverständnis und das soziale Hören nicht beeinträchtigen.
Eine Herabsetzung der Lärmempfindlichkeit setzt frühestens nach zwei Monaten ein. Wenn die Hyperakusis bereits länger besteht und sehr ausgeprägt ist, kann der therapeutische Effekt jedoch bis zu 12 Monaten auf sich warten lassen. Sind Alltagsgeräusche wieder erträglich geworden, besteht kein Grund mehr, die Therapie fortzusetzen.
Wenn zusätzlich ein sehr lästiges Ohrensausen besteht, möchte der Patient das Rauschen des Gerätes zuweilen gern lauter hören, weil es sein Ohrgeräusch u. U. »beruhigt«. Eine Teilmaskierung des Ohrgeräusches ist in diesen Fällen erlaubt.
Viele Patienten mit Hyperakusis verwenden zum akustischen »Schutz« der Ohren ständig einen Gehörschutz wie Oropax®, Gehörschutzkapseln, -watte und ähnliches. Dieser Gehörschutz sollte mit Beginn der Therapie abgebaut und beiseite gelegt werden, weil er das Gegenteil der Retraining-Therapie bewirkt und den Prozess der Desensibilisierung verzögert.
Die emotionale Bewältigung
Viele Tinnituspatienten, aber leider auch viele Therapeuten, denken leider immer noch, dass Tinnitus mit einer psychischen Krankheit gleichzusetzen ist. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz.
Zwar kann Tinnitus zu unerwünschten psychischen Reaktionen führen und Depression, Ängste, Panikattacken oder Stimmungsschwankungen auslösen. Es wäre aber falsch, nur darin die Ursache einer Tinnitusproblematik zu sehen. Nur in einem relativ geringen Prozentsatz sind psychische Erkrankungen die Ursache eines »Tinnitusleidens«. Dies muss natürlich erkannt werden, denn es wäre unsinnig, ja kontraproduktiv, in diesen Fällen nur eine Tinnitustherapie anzubieten.
Die psychologische Beratung gehört zunächst zur Diagnostik. Sie versucht herauszufinden, warum Sie als Betroffener unter dem Geräusch leiden und es ihnen nicht gelungen ist, es zu ignorieren. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Überlegungen:
Der Betroffene ist in eine Tinnitusspirale geraten (s. → S. 77 ), wofür hauptsächlich mit dem Geräusch verknüpfte (unbewusste!) negative Gedanken und Gefühle verantwortlich sind, oder
als Tinnitusursache kommt tatsächlich eine Depression oder Angststörung in Frage, die den Tinnitus nun anfeuert.
Das Ergebnis dieser psychologischen Diagnostik ist dann entscheidend für den weiteren therapeutischen Weg, wie ihn die moderne Retraining-Therapie (s. S. 94 ) beschreibt: Entweder werden das negative Verhalten und die negativen Gedanken durch ein Training behandelt, oder die psychischen Ursachen werden therapiert, wobei dann auch gezielt Psychotherapeutika zum Einsatz kommen können!
Zu Beginn einer psychologischen Beratung steht aber auch die Frage, wie der Tinnitus begonnen hat und ob Einflussfaktoren aus dem privaten oder beruflichen Lebensbereich einen Einfluss haben.
Eine Umfrage bei englischen Tinnitus-Patienten ergab in 70% der Fälle ein psychisches Trauma am Beginn des Ohrgeräusches. Sollte doch psychischer
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