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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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irgendeinem kleinen Job hängenzubleiben, auch wenn Sie verschiedenes verlernt haben. Sie werden immer Chancen haben, wo Sie auch hingehen.«
    Es mußte irgendeinen Haken geben, sonst hätten sie das schon längst versucht. Und trotzdem klang es nicht so, als wollte man ihn nur mit billigen Versprechungen abspeisen. Er überlegte hin und her, aber er wußte, daß er sich eigentlich schon entschieden hatte. »In einer Stunde geht ein Flugzeug nach Seattle«, erinnerte er sich laut.
    Broderick nahm den Visifonhörer ab und bestellte ein Helitaxi. »Sie bekommen Ihre Familie eher wieder als Sie denken, Henry«, versprach er.
    Er hielt sein Versprechen. Kaum zwei Wochen später stand Henry auf dem Flughafen in Seattle und sah einen sechsjährigen Jungen und eine zögernd lächelnde Maryl aus dem Flugzeug steigen und auf sich zukommen.
    Es dauerte vier Jahre, bevor er den Haken entdeckte, und dann geschah es nur durch einen Zufall, durch einen jener Streiche, die einem das Gedächtnis manchmal spielt, und die nur die Psychiater erklären können. Er hatte abends noch ziemlich lange im Büro gearbeitet, um einen komplizierten neuen Vertrag mit einer New Yorker Firma fertigzustellen. Er freute sich auf sein Zuhause und versuchte sich zu entscheiden, ob er seiner Frau Blumen oder seinem Sohn ein Spielzeug mitbringen sollte. Und bevor er merkte, was er tat, wählten seine Finger eine New Yorker Nummer – seinen eigenen früheren Anschluß.
    Einen Augenblick lang wollte er einhängen. Dann siegte jedoch eine Neugier, und er wartete, bis ein Bild auf dem Schirm aufleuchtete.
    Ein Gesicht im Vordergrund sagte etwas, aber er hatte nur Augen für die Couch dahinter. Wiedererkennen wurde von ungläubigem Schrecken abgelöst. Da saß ein sechsjähriger Junge, der genauso aussah wie Jimmy vor einigen Jahren, und spielte ein Fadenspiel mit einer Maryl, deren Gesicht vor Vergnügen strahlte. Eine ältere Maryl, wie eine leicht verblaßte Kopie seiner Frau, die zu Hause auf ihn wartete…
    »Guten Abend. Bei Mrs. Needham«, wiederholte die Stimme der Robotdienerin beharrlich.
    Henry musterte sprachlos das Gesicht auf dem Schirm. Das war nicht das Gesicht von Zenia – nein, ganz gewiß nicht Zenia.
    »Entschuldigung«, sagte er stockend. »Falsch verbunden.«
    Nachdem er eingehängt hatte, saß er lange Zeit reglos da und starrte den leeren Schirm an. Einmal summte das Visifon. Das waren vermutlich die New Yorker Anwälte wegen des Vertrags. Aber er hob nicht ab.
    Endlich nickte er. Ja, er würde das Spielzeug und Blumen kaufen.
    Wenn ein Mann einen solchen prächtigen zukünftigen Bürger zum Sohn hatte – und die einzige vollkommen treue und verständnisvolle Frau der Welt –, dann konnte er seine Familie schon ein bißchen verwöhnen.

ZII
    (FYI)
     
JAMES BLISH
     
     
    »Ich habe einen definitiven Beweis, daß uns noch ein Aufschub gewährt wurde«, versicherte Lord Rogge niemandem im besonderen. »Einen perfekten, definitiven Beweis.«
    Wir hatten uns in der Bar des Orchid Club die Abendnachrichten angehört, teils gespannt, teils resignierend, je nach Persönlichkeit. Wenn die Welt am Rande der Vernichtung dahinbalanciert, sollte man meinen, daß eine derartige Ankündigung doch auf einiges Interesse stoßen müßte. Hätte Rogge dieselbe Behauptung in der Öffentlichkeit aufgestellt, dann wäre sie von den Reportern binnen einer halben Stunde bis zu den Antipoden verbreitet worden.
    Was nur beweist, daß die Öffentlichkeit den armen alten George nicht gut genug kannte. Nachdem die Mitglieder des Orchid Club ihn erst einmal näher kennengelernt hatten, war es ihnen nicht mehr möglich, ihn für einen der großen Weisen der Welt zu halten. Oh, er ist gewiß einer der besten Mathematiker aller Zeiten, aber auf jedem anderen Gebiet kann man sich darauf verlassen, daß er sich komplett zum Narren macht. Die meisten wußten bereits beiläufig, was er mit ›Aufschub‹ meinte und wie standfest seine Beweise sein würden – gestützt, wie üblich, von einer Säule aus Ektoplasma.
    »Was ist nun schon wieder los, George?« erkundigte ich mich. Irgendjemand mußte das Feuer seiner Begeisterung auf sich lenken, weil er sonst in den Nachrichtenmedien loslegen würde. Diesmal war ich an der Reihe.
    »Es ist kein Beweis«, sagte er und setzte sich voll Eifer neben mich. »Ich bin in Soho einer fantastischen Frau begegnet – oh, sie ist völlig ungebildet, sie hat keine Ahnung von der Bedeutung der Sache, auf die sie gestoßen ist.

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