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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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nicht klar darüber, ob er in der Armee gedient hatte oder nur davon gehört hatte. Er begriff rechtzeitig, daß sich in seinen Tiefen ein Sturm zusammenbraute; wenn er den nicht vermied, würde er bald auf der U. S. 1 auf dem Bauch liegen, heulend und mit den Fäusten gegen seinen Kopf oder gegen den zerborstenen Beton hämmern. Hastig kehrte er zurück zu Sein ‐isphäre, Hem ‐isphäre, Hem ‐i‐ sein ‐i‐ dem ‐isphäre und brüllte es im Weiterwandern den aufgeschreckten Vögeln zu.
    Vier Besucher befanden sich an Bord des Schiffs, als es in das Planetensystem einflog. Einer von ihnen wurde auf einem kalten, äußeren Planeten abgesetzt, der reich an Metallen war – um sich in einer Milliarde winziger Unterkünfte einzurichten, eine Milliarde winzige Schmieden zu bauen und endlich – in tausend oder in einer Million Jahren, das war nicht von Bedeutung – ein Raumschiff zu konstruieren, sich zur Gesellschaft in zwei oder mehr Besucher aufzuspalten und Besuche zu machen. Im Schiff war es schon etwas eng geworden; da immer mehr und mehr Informationen im Lauf seiner Reise gesammelt wurden, mußten sich die Schwärme notgedrungen vergrößern, mußten mehr Insekten hervorbringen, um die neuen Daten zu speichern.
    Die drei anderen Besucher wandten den Bug ihres Schiffes einem mittleren Planeten zu und statteten ihm einen kurzen, verwirrenden Besuch ab. Er war unbewohnt, abgesehen von rund zehntausend Wesen – weit weniger, als von einem solchen Planeten zu erwarten war, und gewiß nicht genug für einen befriedigenden ersten Kontakt. Die Besucher brachen nach einer nur flüchtigen Untersuchung sehr bald zu dem nächsten Planeten in Richtung Sonne auf. Und doch genügte diese flüchtige Untersuchung, um sie, bildlich gesprochen, ihre Milliarde Köpfe schütteln zu lassen. Die Besucher, wiewohl ein Ganzes, das mehr war als nur die Summe seiner Teile, kannten keine Emotionen im menschlichen Sinn, da ihre Insekten sich keine leisten konnten – und doch hätte man sagen können, daß sie vage irritiert waren.
    Sie grübelten über die Tatsache nach, daß die Wesen auf jenem Planeten frei umhergeschwebt waren, daß sie auf Beobachtungsdistanz immateriell zu sein schienen, und daß sie auf Beobachtungsdistanz die Besucher nicht zu bemerken schienen. Wenn man ein hundert Meter langer, schwarzer, übers Land krabblender Teppich ist, und die Einwohner dieses Landes ziel‐und zwecklos über einem hin und her schweben, dann rechnet man mit Überraschung, anfangs vielleicht mit Furcht, aber zumindest mit Neugier von Seiten der Einwohner. Man erwartet nicht, einfach übersehen zu werden.
    Sie enthielten sich eines endgültigen Urteils, da die Analyse der Wesen des sonnennäheren Planeten noch ausstand. Unter Umständen handelte es sich um koloniebildende Wesen, was die spärliche Besiedlung des äußeren Nachbarplaneten erklärt hätte, wenn auch nicht die Gleichgültigkeit seiner Bewohner.
    Und sie landeten.
    Er wachte auf und trank etwas Wasser aus dem Straßengraben. Es hatte eine Zeit gegeben, da Wasser wirklich ein Problem gewesen war. Du mußtest drei Tropfen Jod in die Feldflasche tun. Oder du hast es abgekocht, wenn du von der Ruhr nicht zu sehr geschwächt warst. Oder du holtest es dir aus dem Spültank des Wasserklosetts in dem einsamen Farmhaus, wo der Farmer und seine Frau und die Kinder aus leeren Augenhöhlen auf den Fernsehschirm starrten, der vor so langer Zeit sein letztes Wort von sich gab. Krankheit oder radioaktiver Staub oder der zerschmetterte Überschallhammer eines Tieffliegers – war das noch wichtig? Wichtig war sauberes Wasser.
    »Zur Hölle damit«, röhrte er, »aber jetzt ist’s überall sauber. Hört ihr? Das Regenwasser in den Gräben, das stehende Wasser in den Pfützen, alles ist jetzt sauber. Du hättest der Letzte Mensch gewesen sein sollen, Freundchen, wie’s noch hart auf hart ging, wie noch die Schallhämmer über einen wegdonnerten und die Kadaver beutelten, und wie der Letzte Mensch an all dem nicht starb, aber sich nichts anderes wünschte…«
    Diesmal überraschte ihn der Sturm und ging lange nicht vorüber. Danach waren seine Hände zerschürft vom rissigen Beton, seine Augen so geschwollen vom Weinen, daß er kaum mehr genug sah, um seinen Beutel mit den Konservendosen zu schultern. Er stolperte oft an diesem Vormittag. Einmal stürzte er und riß sich eine schon vernarbte Wunde auf der Stirn wieder auf, aber nicht einmal das ließ ihn seinen stetigen, dumpfen Singsang

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