Titan 04
persönlichem Eigentum, und diese Gegenstände übereignete man jetzt Dan. John Sipich gab ihm einen Anhänger für die Uhrkette, handgeschnitzt aus Nußbaumholz. Dans Taschenuhr war seit ungefähr einem Jahr kaputt, und niemand im Dorf verstand sich darauf, sie zu reparieren, aber er trug sie dennoch stets bei sich, weil sie von seinem Großvater stammte und ein feines altes Stück war, schwer und aus Gold und Silber. Er befestigte den Anhänger an der Kette, während alle lachten und sagten, John habe ihn wundervoll geschnitzt. Dann händigte Mary Sipich ihm eine Strickkrawatte aus, die er, indem er die alte ablegte, sofort umband.
Die Reillys schenkten ihm eine kleine selbstgemachte Kiste, worin er etwas aufbewahren konnte. Was, das sagten sie nicht, doch Dan versicherte, er werde seine persönlichen Schmucksachen hineintun. Angefertigt hatten die Reillys sie aus einer Zigarrenkiste, das Papier war sorgfältig abgeschält und innen war sie mit Samt ausgelegt worden. Die Außenseiten waren abgeschliffen und von Pat sorgsam, obwohl nicht unbedingt fachmännisch, mit einem eingeschnitzten Muster geschmückt worden – aber auch seine Schnitzarbeit lobte man sehr. Dan Hollis erhielt noch eine Vielzahl anderer Geschenke – eine Pfeife, ein Paar Schnürsenkel, eine Krawattennadel, ein Paar gestrickte Socken, etwas Tabak und ein Paar Sockenhalter aus alten Hosenträgern.
Er wickelte jedes Geschenk mit großer Freude aus und zog sogleich an, was sich dazu eignete, auch die Sockenhalter. Er entzündete die Pfeife und behauptete, er habe noch nie einen so köstlichen Rauchgenuß erlebt; das entsprach nicht ganz der Wahrheit, denn die Pfeife war noch nicht eingeraucht. Pete Manners hatte sie herumliegen gehabt, seit sie ihm vor vier Jahren ein auswärtiger Verwandter schenkte, dem nicht bekannt gewesen war, daß er nicht mehr rauchte.
Dan stopfte die Pfeife sehr umsichtig und sparsam. Tabak war kostbar. Es war reines Glück, daß Pat Reilly den Entschluß gefaßt hatte, im Garten hinterm Haus welchen anzupflanzen, bevor mit Peaksville das geschehen war, was dann geschah. Er gedieh nicht sonderlich gut, und man mußte ihn trocknen und zerfasern und dergleichen, und deshalb war er kostbar. Man benutzte im Dorf allgemein hölzerne Spitzen, vom alten McIntyre gemacht, um die Stummel so weit wie möglich rauchen zu können.
Zuletzt übergab Thelma Dunn dem Geburtstagskind die Schallplatte, die sie gefunden hatte. Dans Augen verschleierten sich, noch ehe er sie auspackte. Er ahnte, daß es sich um eine Schallplatte handelte. »Mensch«, sagte er leise, »was ist es für eine? Ich wage kaum hinzuschauen…«
»Du hast sie noch nicht, Liebling.« Ethel Hollis lächelte. »Entsinnst du dich? Ich habe einmal You Are My Sunshine erwähnt. «
»Oh, Mensch«, wiederholte Dan. Behutsam entfernte er die Verpackung, dann stand er dort mit der Schallplatte, drehte sie um und um, ließ seine großen Hände über die abgenutzten Rillen mit den winzigen, stumpfen, überkreuzten Kratzern darauf gleiten. Er blickte rundum, seine Augen glänzten, und alle erwiderten sein Lächeln, weil sie wußten, wie sehr er sich freute.
»Herzlichen Glückwunsch, Liebling!« rief Ethel, schlang ihre Arme um ihn und küßte ihn.
Er umklammerte die Schallplatte mit beiden Händen und hielt sie zur Seite, als seine Frau sich an ihn drückte. »Holla!« Er lachte und bog seinen Kopf zurück. »Sei vorsichtig… ich habe hier einen unermeßlich kostbaren Gegenstand.« Wieder schaute er in die Runde, über die Arme seiner Frau hinweg, die noch um seinen Hals lagen. Seine Augen waren begierig. »Hört mal… glaubt ihr, wir können sie abspielen? Herrgott, was würde ich dafür geben, einmal andere Musik zu hören… vielleicht nur den Anfang, den Anfang mit dem Orchester, bevor Como zu singen anfängt?«
Die Gesichter wurden trübselig. »Ich glaube, wir lassen es besser sein, Dan«, sagte John Sipich nach einem langen Moment. »Immerhin wissen wir nicht genau, wann der Gesang einsetzt – es wäre zu gewagt. Warte lieber, bis du daheim bist.«
Widerwillig stellte Dan Hollis die Schallplatte auf den Anrichteschrank zu seinen anderen Geschenken. »Es ist gut«, sagte er gewohnheitsmäßig, aber enttäuscht, »daß ich sie hier nicht abspielen kann.«
»Ja, klar«, sagte Sipich. »Das ist gut.« Um den enttäuschten Klang von Dans Stimme aufzuwiegen, wiederholte er sich. »Das ist gut.«
Sie setzten sich zum Abendessen, die Kerzen erhellten das Lächeln
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