Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
schüttelte die Hand ab, die Sipich auf seinen Arm legte. »Nicht einmal meine Schallplatte kann ich abspielen«, sagte er laut. Er schaute hinab auf die Schallplatte und dann rundum in ihre Gesichter. »O mein Gott…« Er spritzte das Glas voll Brandy gegen die Wand. Die Flüssigkeit rann in feuchten Zungen an der Tapete hinunter. Einige der Frauen keuchten.
    »Dan«, flüsterte Sipich, »Dan, hör auf damit…«
    Pat Reilly spielte Night and Day lauter als zuvor, um das Gespräch zu übertönen. Aber es würde nichts nutzen, wenn Anthony lauschte. Dan Hollis trat ans Klavier und verharrte, wobei er ein wenig schwankte, neben Pats Schulter. »Pat, spiel nicht das«, sagte er, »spiel dies.« Und er begann zu singen. Leise, heiser, erbärmlich. »Happy birthday to me… happy birthday to me…«
    »Dan!« Ethel Hollis schrie. Sie versuchte durch das Zimmer zu ihm zu stürzen. Mary Sipich packte ihren Arm und hielt sie zurück. »Dan«, schrie Ethel nochmals. »Laß…«
    »Mein Gott, sei still!« zischte Mary Sipich und schob sie zu einem der Männer, der ihr eine Hand auf den Mund legte und sie festhielt.
    »… happy birthday, dear Danny«, sang Dan, »happy birthday to me!« Er verstummte und blickte hinab auf Pat Reilly. »Spiel es, Pat. Spiel es, Pat, damit ich richtig singen kann… du weißt doch, ich kann keine Melodie halten, wenn sie mir niemand dabei spielt.«
    Pat Reilly senkte seine Hände auf die Tasten und begann Lo ver – im langsamen Walzertempo, auf diese Weise, wie Anthony es mochte. Pats Gesicht war kalkweiß. Seine Hände haspelten.
    Dan Hollis starrte hinüber zur Eßzimmertür. Er starrte Anthonys Mutter an, und Anthonys Vater, der sich zu ihr gesellt hatte. »Ihr habt ihn uns beschert«, sagte er. Auf seinen Wangen schimmerten Tränen, als der Kerzenschein auf sie fiel. »Ihr mußtet das tun und ihn in die Welt setzen…« Er schloß seine Augen, und neue Tränen drückten sich heraus. »You are my sunshine… «, sang er laut, »my only sunshine… you make me hap py… when I am blue…«
    Anthony erschien im Zimmer.
    Pat hörte auf zu spielen. Er erstarrte. Alle erstarrten. Der Wind kräuselte die Gardine. Ethel Hollis vermochte nicht einmal den Versuch zu unternehmen, zu schreien – sie war in Ohnmacht gesunken.
    »Pleasy don’t take my sunshine… away… « Dans Stimme verklang, verstummte. Seine Augen weiteten sich. Er streckte beide Hände vor sich hin, das leere Glas in der einen, in der anderen die Schallplatte. Er hickste. Dann sagte er: »Nein… «
    »Böser Mann«, sagte Anthony und verwandelte Dan Hollis in etwas, das nie und nimmer irgend jemand jemals für möglich gehalten hätte, und dann dachte er das schreckliche Ding in ein Grab tief, tief unterm Maisfeld.
    Das Glas und die Schallplatte plumpsten auf den Teppich. Beides blieb heil. Anthonys düsterer Blick wanderte durch das Zimmer.
    Ein paar der Anwesenden begannen zu murmeln. Alle versuchten zu lächeln. Das Gemurmel erfüllte das Zimmer wie entfernter Beifall. Durch das Murmeln drangen eine oder zwei klare Stimmen.
    »Ach, das ist ja eine wundervolle Sache«, sagte John Sipich.
    »Wirklich gut«, sagte Anthonys Vater und lächelte. Er verfügte über mehr Erfahrung im Lächeln als die meisten anderen. »Unheimlich schön.«
    »Prima… einfach prima«, sagte Pat Reilly; Tränen rannen ihm aus Augen und Nase, und er begann wieder leise Klavier zu spielen, seine Hände, die bebten, ertasteten Night and Day.
    Anthony erklomm das Klavier, und Pat spielte zwei Stunden lang.
    Anschließend guckten sie Fernsehen. Alle gingen ins Vorderzimmer, sie entzündeten einige wenige Kerzen und rückten Sessel vor den Apparat. Es war ein kleiner Apparat mit einem kleinen Bildschirm, und nicht alle konnten nahe genug davor Platz finden, um etwas zu sehen, aber das war gleichgültig. Sie brauchten den Fernseher nicht einmal anzuschalten. Er hätte sowieso nicht funktioniert, weil es in Peaksville keine Elektrizität gab.
    Sie saßen nur schweigsam davor und beobachteten das Zucken und die Windungen der Gebilde auf dem Bildschirm, lauschten den Geräuschen, die aus dem Lautsprecher drangen, und keiner von ihnen besaß eine Vorstellung davon, was das alles bedeuten sollte. Sie hatten nie eine. Jedesmal war es das gleiche.
    »Wirklich nett«, sagte Tante Amy einmal, den Blick ihrer hellen Augen auf das sinnlose Flackern und die Schatten gerichtet. »Aber es gefiel mir ein kleines bißchen besser, als draußen noch Städte standen und wir

Weitere Kostenlose Bücher