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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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auf ihren Gesichtern, und sie aßen alles auf bis zum letzten Tropfen schmackhafter Soße. Man machte Mutter und Tante Amy Komplimente für den Braten, die Erbsen und Möhren und die weichen Maiskörner. Der Mais stammte natürlich nicht vom Feld der Fremonts – jeder wußte, was darunter verborgen lag; allmählich durchwucherte Unkraut das Feld.
    Danach schlangen sie den Nachtisch hinab – selbstgemachtes Eis und selbstgemachte Plätzchen. Und dann rückten sie sich im Flackern des Kerzenscheins gemütlich zurecht und plauderten, während sie aufs Fernsehen warteten.
    Am Fernsehabend gab es nur wenig Gemurmel – man kam bei den Fremonts zusammen und genoß ein hervorragendes Abendessen, und es war wirklich ein nettes Beisammensein; nachher ging’s ans Fernsehen, worüber niemand sich viel Gedanken machte, man mußte sich eben darauf einstellen. Auf diese Weise gestaltete sich die abendliche Zusammenkunft recht erfreulich, abgesehen davon, daß man seine Zunge so gut hüten mußte wie immer und überall. Kam jemandem ein gefährlicher Gedanke, begann er sofort zu murmeln, auch wenn er sich dadurch mitten in einem Satz unterbrach. Tat jemand das, so ignorierten die anderen ihn einfach, bis er sich wieder wohler fühlte und sein Gemurmel einstellte.
    Anthony mochte den Fernsehabend. Im gesamten vergangenen Jahr hatte er an Fernsehabenden nur zwei‐oder dreimal Schreckliches getan.
    Mutter hatte eine Flasche Brandy auf den Tisch gebracht, und jeder erhielt davon ein winziges Gläschen voll. Getränke waren noch kostbarer als Tabak. Die Dorfbewohner konnten Wein keltern, aber die Trauben waren wenig geeignet, ihre Kenntnisse eindeutig unzureichend, und es war kein guter Wein. Im ganzen Dorf gab es nur noch wenige Flaschen richtiger Spirituosen – vier Flaschen Kornbranntwein, drei Flaschen Scotch, drei Flaschen Brandy, neun Flaschen echten Weins und eine halbvolle Flasche Schnaps (diese gehörte dem alten McIntyre und war ausschließlich für Hochzeiten bestimmt); und wenn dieser Vorrat verbraucht war, hatte der Spaß unwiderruflich ein Ende.
    Später wünschten alle, der Brandy wäre nicht herausgeholt worden. Dan Hollis trank nämlich mehr davon als er hätte trinken sollen, und zusätzlich trank er reichlich vom selbstgemachten Wein. Zunächst sorgte sich deshalb niemand, denn rein äußerlich sah man ihm kaum etwas an, und schließlich war es seine Geburtstagsfeier und obendrein eine fröhliche Feier, und Anthony mochte diese Zusammenkünfte und sollte eigentlich keinen Anlaß haben, irgend etwas zu tun, selbst wenn er lauschte.
    Aber Dan Hollis trank sich einen Rausch an und beging eine Dummheit. Hätten sie es dahin kommen sehen, man würde ihn nach draußen und ein wenig durch die Gegend geführt haben.
    Als erstes bemerkten sie, wie Dan inmitten der Geschichte von Thelma Dunns Fund, der Perry‐Como‐Schallplatte, die ihr entglitten und nur deshalb nicht zerbrochen war, weil sie schneller reagiert als je zuvor im Leben und sie aufgefangen hatte, zu lachen aufhörte. Er drehte die Schallplatte wieder zwischen den Händen und blickte sehnsüchtig in die Ecke zum Plattenspieler der Fremonts hinüber, und plötzlich verstummte sein Lachen, seine Miene erschlaffte, dann schnitt er eine häßliche Grimasse und sagte: »Oh, gottverdammt!«
    Augenblicklich herrschte Stille im Zimmer. Es war so still, daß sie aus der Diele das Schwirren der großen Standuhr zu hören vermochten. Pat Reilly hatte leise Klavier gespielt. Er unterbrach sein Spiel; seine Hände schwebten über den gelblich gewordenen Tasten. Die Kerzen auf dem Eßzimmertisch flackerten im kühlen Luftzug, der durch die Spitzengardine am Erkerfenster drang.
    »Spiel weiter, Pat«, sagte leise Anthonys Vater.
    Pat spielte von neuem. Er spielte Night and Day, aber sein Blick war seitwärts auf Dan Hollis gerichtet, und er übersprang Noten.
    Dan stand mitten im Zimmer, in einer Hand die Schallplatte. In der anderen hielt er das Glas Brandy mit solcher Gewalt umfaßt, daß sie zitterte.
    Alle sahen ihn an.
    »Gottverdammt«, sagte er nochmals, und er sprach es aus wie eine Unflätigkeit.
    Reverend Younger, der sich an der Eßzimmertür mit Mutter und Tante Amy unterhalten hatte, begann daraufhin ebenfalls von Gott zu sprechen; er allerdings betete. Seine Hände waren gefaltet, die Augen geschlossen.
    John Sipich trat vor. »Nun, Dan… es ist gut, daß du das gesagt hast. Aber du weißt ja, du willst bestimmt nicht zuviel reden, nicht wahr?«
    Dan

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