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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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ungebändigten Sonnenscheins, der einen Moment lang hereingefunkelt hatte. Sie empfand die irrationale Hoffnung, daß sein Schritt um Schritt von der nächsten Öffentlichen T‐Tür bis hierher zurückgelegter Weg unerfreulich gewesen sei. Oder daß die Öffentliche T‐Tür selbst außer Betrieb sein möge, so daß der junge Bursche seine Werkzeuge sogar noch weiter als diese zweihundert Meter hätte schleppen müssen. Sie wünschte der Firma – oder wenigstens ihrem Vertreter – ein wenig Unbill. Das würde sie lehren, was das bedeutete, eine kaputte T‐Tür.
    Aber er wirkte fröhlich und keineswegs aufgebracht. »Guten Morgen, Gnädigste«, sagte er. »Ich komme wegen Ihrer Tür.«
    »Ich bin froh, daß jemand kommt«, erwiderte Mrs. Hanshaw ungnädig. »Mein ganzer Tag ist verdorben.«
    »Das tut mir leid, Gnädigste. Woran scheint der Fehler zu liegen?«
    »Sie funktioniert ganz einfach nicht«, erklärte Mrs. Hanshaw. »Nichts geschieht, wenn man Koords eingibt. Plötzlich war sie außer Funktion, ohne jedes Vorzeichen. Ich mußte meinen Sohn durch das… das Ding dort zu den Nachbarn schicken.« Sie wies auf den Eingang, durch den der Reparateur das Haus betreten hatte.
    Er lächelte und plauderte seine wohlbewußten Weisheiten, die er dank seiner Spezialausbildung in Türentechnik besaß.
    »Das ist ebenfalls eine Tür, Gnädigste. Aber sie schreibt man nur mit einem T. Das ist eine Art von Tür mit Handbedienung. Früher gab es nur solche.«
    »Na, wenigstens funktioniert sie. Mein Junge mußte hinaus in den Schmutz, zu den Krankheitskeimen.«
    »Heute ist es draußen nicht so schlimm, Gnädigste«, versicherte er mit der Sachverständigenmiene eines Menschen, den sein Beruf fast täglich ins Freie zwang. »Bisweilen ist es unangenehm. Aber wie ich vermute, möchten Sie wohl diese Tür hier repariert haben, Gnädigste, also fange ich mal an.« Er setzte sich auf den Boden, öffnete den großen Werkzeugkasten, den er mitgebracht hatte, und entfernte binnen einer halben Minute mittels eines Kontaktdemagnetisators die Kontrollkonsole, so daß ein komplizierter Satz wichtiger Bestandteile entblößt lag. Während er die feinen Elektroden des Feldanalysators an zahlreichen Stellen ansetzte und das Schwanken der Nadeln auf den Skalen beobachtete, pfiff er vor sich hin. Mrs. Hanshaw sah ihm mit verschränkten Armen zu. »Aha, da haben wir etwas«, sagte er schließlich und löste mit einer flinken Drehung der Hand die Pentode. Er tippte mit einem Fingernagel dagegen. »Diese Pentode ist depolarisiert, Gnädigste«, erläuterte er. »Das ist die Ursache Ihres ganzen Ärgers.« Er führte seinen Finger über die kleinen Fächer in seinem Werkzeugkasten und holte aus einem davon einen gleichartigen Gegenstand wie jenen, den er aus dem Türmechanismus entfernt hatte. »Diese Dinger fallen urplötzlich aus. Man kann es nicht voraussehen.« Er befestigte die Kontrollkonsole wieder an ihrem Platz und erhob sich. »Nun funktioniert sie wieder, Gnädigste.« Er wählte eine Testverbindung, schaltete ab, wählte eine zweite; jedesmal wich das stumpfe Grau der T‐Tür einem tiefen, samtigen Schwarz.
    »Würden Sie hier unterschreiben, Gnädigste, und bitte auch Ihre Kontonummer vermerken? Vielen Dank, Gnädigste.«
    Dann drückte er andere Koordinaten, die der Fabrik, und trat, indem er höflich die Finger an die Stirn legte, durch die Tür. Als sein Körper in das Schwarz eintauchte, schien er sich scharf zu zertrennen, er verschwand tiefer darin, und als letztes entschwand eine Ecke seines Werkzeugkastens. Eine Sekunde nach seinem vollständigen Abgang war die Tür wieder von mattem Grau.
    Eine halbe Stunde später, als Mrs. Hanshaw endlich ihre unterbrochenen Vorbereitungen abgeschlossen hatte, aber noch immer über das morgendliche Mißgeschick innerlich schäumte, summte zu ihrem Verdruß das Visifon, und damit begannen die wirklichen Ärgernisse.
    Miß Elizabeth Robbins war bekümmert. Der kleine Dick Hanshaw war immer ein guter Schüler gewesen. Es mißbehagte ihr, so etwas von ihm berichten zu müssen. Und doch, so sagte sie sich, war sein Verhalten eindeutig sonderbar. Und sie wollte mit seiner Mutter sprechen, nicht mit dem Rektor.
    Während des vormittäglichen Unterrichts ließ sie sich für ein Weilchen von einem Studenten vertreten und ging hinaus ans Visifon. Sie stellte die Verbindung her und erblickte gleich darauf Mrs. Hanshaws gutaussehendes, leicht furchteinflößendes Haupt. Miß Robbins erbebte

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