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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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verzehrte. Die Tergo‐Dusche, die sie im vergangenen Jahr hatte installieren lassen, machte das morgendliche Waschen und Abtrocknen zu einer rasch erledigten, vergnüglichen Pflicht, und sie hegte die Auffassung, daß ihr Dickie sich sogar ohne Aufsicht wüsche.
    An einem Morgen wie diesem, da allerhand zu tun sie erwartete, war es zweifellos nicht erforderlich, daß sie sich über den beiläufigen Kuß auf die Wange des Jungen, bevor er ging, noch um ihn kümmerte. Sis hörte das leise Läuten, das der Mekkano verursachte, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß der morgendliche Schulbeginn unerbittlich näherrückte, und schwebte den Antigrav‐Lift ins untere Geschoß hinab (die Frisur für diesen Tag war erst in ihren Grundzügen entworfen), um diese mütterliche Pflicht zu erfüllen.
    Richard stand an der T‐Tür, seine Lehrspulen und der Taschenprojektor baumelten am Gurt; er runzelte die Stirn. »Du, hör mal, Mutter«, sagte er und blickte auf. »Ich habe die Koords der Schule gewählt, aber nichts passiert.«
    »Unsinn, Dickie«, sagte sie nahezu unwillkürlich. »Von so etwas habe ich noch nie gehört.«
    »Na, dann versuch’s selber.«
    Mrs. Hanshaw versuchte es mehrmals. Es war merkwürdig; die T‐Tür der Schule war ständig auf allgemeine Rezeption eingestellt. Sie versuchte es mit anderen Koordinaten. Wenn die T‐Türen ihrer Bekannten womöglich auch nicht auf Rezeption geschaltet waren, so mußte sie doch ein Signal erhalten, und dann konnte sie sich vielleicht eine Erklärung zusammenreimen. Aber es geschah überhaupt nichts. Allen ihren Manipulationen zum Trotz blieb die T‐Tür eine inaktive graue Barriere. Sie war offensichtlich außer Funktion – und das nur fünf Monate nach ihrer jährlichen Herbstinspektion durch die Firma.
    Mrs. Hanshaw war darüber sehr verärgert. Es mußte ja an einem Tag geschehen, für den sie sich viel vorgenommen hatte! Verdrossen entsann sie sich der Tatsache, daß sie sich vor einem Monat gegen die Installierung einer zweiten T‐Tür entschieden hatte, weil sie das für eine unnötige Ausgabe hielt. Wie hätte sie auch ahnen sollen, daß T‐Türen so verlottern konnten? Der Ärger brannte noch in ihrem Innern, als sie zum Visifon trat. »Geh einfach die Straße hinunter, Dickie«, sagte sie zu Richard, »und nimm die T‐Tür der Williamsons.«
    Ironischerweise, bedenkt man die späteren Ereignisse, lehnte sich Richard auf. »Äh‐bäh, Mutter, da werde ich doch dreckig. Kann ich nicht daheim bleiben, bis die Tür repariert ist?«
    Und nicht minder ironischerweise beharrte Mrs. Hanshaw auf ihrem Willen. »Du wirst nicht dreckig, wenn du Flexies über deine Schuhe ziehst«, sagte sie, bereits einen Finger an der Tastenleiste des Apparats. »Und vergiß nicht, dich gut abzubürsten, ehe du ins Haus gehst.«
    »Aber Flexies sind doof…«
    »Keine Widerrede, Dickie. Du mußt zur Schule. Ich will persönlich sehen, wie du gehst. Und zwar schnell, sonst verspätest du dich.«
    Der Mekkano, ein fortgeschrittenes Modell und sehr reaktionssicher, stand schon mit Flexies in einem Tentakel vor Richard. Der zog die transparenten Plastikhüllen über seine Schuhe und stelzte mit sichtlichem Widerwillen durch den Flur. »Ich weiß nicht einmal, wie man das Ding bedient, Mutter.«
    »Du drückst bloß den Knopf«, rief Mrs. Hanshaw. »Den roten Knopf, worunter ›Für Notfälle‹ steht. Und bummle nicht. Soll der Mekkano mit dir kommen?«
    »Herrje, nein«, rief er mürrisch zurück, »wofür hältst du mich? Für ‘nen Säugling? Junge, Junge!« Ein Knall schnitt sein Gemurmel von drinnen ab.
    Mit fliegenden Fingern wählte Mrs. Hanshaw an der Tastenleiste die richtige Kombination von Ziffern und legte sich unterdessen zurecht, was sie der Firma zu dieser Schlamperei zu sagen gedachte.
    Nach kaum einer halben Stunde fand Joe Bloom, ein ziemlich junger Mann, der die Technologische Fachschule absolviert und eine zusätzliche Ausbildung in Kraftfeldmechanik genossen hatte, sich im Haus von Mrs. Hanshaw ein. Er war wirklich ein kompetenter Mann, aber aufgrund seines jugendlichen Alters betrachtete Mrs. Hanshaw ihn mit tiefstem Argwohn. Sie öffnete die bewegliche Hausklappe, als er sich draußen bemerkbar gemacht hatte, und daraufhin sah sie ihn davor stehen und sich schwungvoll abbürsten, um sich vom Staub der freien Luft zu säubern. Er streifte seine Flexies ab und ließ sie fallen, wo er stand. Mrs. Hanshaw verschloß die Hausklappe vorm Lodern des

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