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Titan 05

Titan 05

Titel: Titan 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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für den Rest des Vormittags, wenn es ihm gefiel, in seinem Wunschtraum schwelgen.
    Stephenson grinste. Er war ein fleischiger Mann, und das Grinsen fiel daher fleischig aus. »Henry, wußtest du, daß deine Ohren rot werden, wenn du lügst? Wußtest du, daß du die Duldung einer Unwahrheit mit Lüge gleichsetzt? Wußtest du, daß du eine zwanghafte Neigung zur Wahrhaftigkeit und Unfehlbarkeit besitzt? Wußtest du, daß du gerne Gott sein möchtest?«
    »Was?«
    Stephenson grinste auf unerbittliche Weise. »Deine Vorgeschichte – deine Eltern, deine Umgebung – ist von enormer Strenge gekennzeichnet. Man hat dich gelehrt, was Recht ist und was Unrecht. Wenn du Unrecht zu verbergen versuchtest, hast du dich immer verraten – weil du um das Recht wußtest. Und du wußtest, daß du für dein Unrecht bestraft werden müßtest. Hast du das gewußt? Die Easyphrase weiß es. Die Easyphrase hat ein großartiges Archiv.«
    »Steve…«, fragte Henry Walters langsam, »wie lange bist du schon Kunde der Easyphrase?«
    »Seit gestern abend. Nicht Kunde. Hauptaktionär. Ich habe ihr unsere Aktien verkauft. Unsere. Nicht bloß meine. Das war nicht schwierig, nachdem man mir erklärt hatte, wie ich in dein Direktionszimmer gelange.«
    »Steve…«
    »Und jetzt, da wir mit Sicherheit wissen, daß es nicht deine Absicht war, den Kampf aufzunehmen, wissen wir mit ebensolcher Gewißheit, daß du die Absicht hattest, dich uns anzuschließen und im Innern zu wühlen. Deshalb bedaure ich’s nicht im geringsten, das getan zu haben.« Henry Walters zerbrach die Lanzen seiner Augen an Stephensons künstlicher Panzerung. Er atmete tief ein. »Wir verkaufen das Mobiliar«, sagte Stephenson. »Bitte verlaß diesen Schreibtisch.«
    Er tat einen weiteren tiefen Atemzug. Dann lachte er. Er sah Stephenson an und sah ihn aufgrund des Lachens die Stirn runzeln. »Nun gut, Steve«, sagte er.
    Ein zähes Tauziehen stand bevor. Die Easyphrase würde ihn bei Tag und Nacht beobachten. Aber den Verstand konnte sie ihm nicht nehmen. Nun gut.
    Also konnte er nicht länger Gott sein. Er fragte sich, wie er sich als Luzifer bewähren möge.
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Horst Pukallus

… denn ich bin ein eifersüchtig Volk!
    (FOR I AM A JEALOUS PEOPLE!)
     
LESTER DEL REY
     
     
1
     
    … zu einer Zeit, wo schon des Hauses Wächter zit tern und sich die starken Männer krümmen, und wo die Müllerinnen feiern, weil ihrer wenige geworden sind… und wo die Türen nach dem Markte zu sich schließen, und wenn der Mühle Lärm geringer wird, wenn man beim Schrei des Vogels sich erhebt, wenn jegliche Musik gedämpft ertönt; auch fürchtet man sich vor den Höhen; Ohnmachten gibt es auf dem Weg; der Mandelbaum erblüht, und mühevoll schleppt sich die Heuschrecke… zu seinem ewigen Haus geht ja der Mensch, und auf der Straße gehen die Trauernden umher…
    Ekklesiastes, XII, 3 ‐ 5
     
    Das anhaltende kreischende Donnern von Tieffliegern erfüllte die Luft mit ohrenzerreißendem Lärm, als der Reverend Amos Strong auf die Kanzel trat. Er straffte die schmächtigen Schultern ein wenig, und die abgezehrten Höhlungen seiner Wangen schienen sich zu vertiefen. Während er auf das Nachlassen des Lärms wartete, blickten die dunklen Augen unter den buschigen, ergrauten Brauen mit geduldigem Ausdruck empor. Dann legte er den aufgerissenen Umschlag und das Telegramm zusammen mit seinen Aufzeichnungen auf das Pult. Die blaugeäderte Hand und das knochige Gelenk, die dem speckig glänzenden schwarzen Tuchärmel entragten, zitterten kaum merklich.
    Sein Blick wanderte zu der Kirchenbank, wo sonst seine Frau zu sitzen pflegte. Diesmal konnte Ruth nicht anwesend sein. Sie hatte die Nachricht gelesen, bevor sie sie ihm weitergeschickt hatte. Ihre Abwesenheit erschien ihm seltsam und bedrückend. Seit Richard vor bald dreißig Jahren zur Welt gekommen war, hatte sie keinen einzigen Gottesdienst ausgelassen.
    Das Geräusch verstummte mit fernem Grollen über dem Horizont, und Amos umfaßte die Kanzelbrüstung mit beiden Händen. Er reckte sich und versuchte seiner Stimme die volltönende Ruhe zu verleihen, die sie brauchte.
    »Ich habe soeben die Nachricht erhalten, daß mein Sohn bei den Kämpfen um den Mond getötet wurde«, sagte er der verdutzten Gemeinde. Er hob die Stimme, und sie bekam einen metallischen Klang. »Ich hatte darum gebeten, daß dieser Kelch an mir vorübergehen möge, wenn es möglich wäre. Doch nicht mein, sonderndem Wille geschehe,

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