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Titan 05

Titan 05

Titel: Titan 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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schnarrender Stimme, aber in akzentfreiem Englisch, »sind eigentümlich. Keine Standardisierung.«
    »Er spricht Englisch!« sagte Doktor Miller verblüfft. »Also, ich will verdammt sein.«
    Der Fremde musterte sie mit einer Miene, die Überraschung ausdrücken mochte, und zog die Ohren in die Höhe. »Ist es so ungewöhnlich, daß einer in Zungen spricht? Viele von den Priestern unseres Herrn, des allmächtigen Gottes, sprechen alle menschlichen Sprachen. Es ist ein gewöhnliches Wunder, nicht wie das Schweben.«
    »Oh, großartig«, sagte der Doktor, nachdem er seine erste Verblüffung überwunden hatte. »Dann können Sie uns vielleicht sagen, wozu wir hier festgehalten werden?«
    Der Priester zuckte die Achseln. »Als Nahrung, natürlich. Wir Crethi essen jede Art von Fleisch, selbst unseresgleichen, aber wir müssen die Gesetze untersuchen, um zu entscheiden, ob Menschen erlaubt sind. Wenn es sich so verhält, werden wir frisch getötete Exemplare zum Vorkosten brauchen, also warten wir mit Ihnen.«
    »Sie meinen, Sie greifen uns an, weil Sie uns als Nahrung verwerten wollen?«
    Der Priester grunzte. »Nein, so ist es ganz und gar nicht. Wir sind auf einer heiligen Mission, um die Menschheit auszurotten. Der Herr hat uns befohlen, zur Erde hinabzusteigen, die voller Greuel und Schändlichkeit ist, und kein Lebewesen unter dieser Sonne zu verschonen.«
    Er machte kehrt und ging hinaus, wobei er die Beleuchtung im Vorraum ausschaltete, so daß den Inhaftierten nur noch der Widerschein vereinzelter Leuchtstoffröhren im Innern des Einkaufszentrums zur Verfügung stand.
    Amos sank auf einen Hocker und ließ den Kopf hängen. »Sie mußten uns in einem neuen Gebäude einsperren, statt in einem, das ich kenne«, sagte er. »Wäre es zum Beispiel die Kirche gewesen, so hätten wir vielleicht eine Fluchtchance gehabt.«
    »Wie meinst du das?« fragte der Arzt.
    Amos beschrieb ihm die halbfertige Erweiterung des Kellers unter der Kirche, in den man durch eine Falltür in der Sakristei gelangte. Die Kellererweiterung stand durch eine provisorische Brettertür mit einem Abzugskanal in Verbindung, der als Sammler für die Stadtentwässerung diente und ein gutes Stück außerhalb der Stadt in den Republican River mündete. Auf diesem Weg hätten sie von der Kirche aus ungesehen aus der Stadt gelangen können, was anders kaum möglich war.
    »Die Kirche wäre nicht weit von hier«, meinte der Doktor nachdenklich, als Amos geendet hatte. »Wenn wir das schaffen könnten, hätten wir eine reelle Chance…« Er begann mit wachsendem Eifer das Türschloß zu befingern. »Diese Grünhäute wissen nicht viel von uns, Amos, wenn sie uns einsperren, wo die Schloßschrauben auf unserer Seite sind. Ich glaube, wir müssen es riskieren.«
    Amos kam zu ihm und befühlte die Schraubenköpfe. Das Einkaufszentrum lag verlassen und mußte rückwärtige Ausgänge haben. Wenn sie dort hinauskämen, könnten sie auf Nebenwegen zur Kirche gelangen, gedeckt durch Gartenzäune, Büsche und Bäume. Das Risiko war nicht gering, aber welches war die Alternative, wenn sie blieben? Nein, je länger er es bedachte, desto mehr erschien ihm die Idee wie ein Fingerzeig Gottes.
    Der Doktor hatte ein Fünfundzwanzigcentstück in der Jackentasche, das in die Schraubenschlitze paßte, und indem er die Münze zwischen einen zusammengebogenen Blechstreifen klemmte, daß nur ein Teil der Rundung herausragte, gewann er einen primitiven Schraubenzieher.
    Es war umständlich und schwierig, denn das Provisorium rutschte häufiger ab als daß es die Schrauben drehte, aber das Schloß war konstruiert, um Außenseiter fernzuhalten, nicht um Kassierer einzusperren. Drei von den Schrauben ließen sich lösen, und das Schloß ließ sich an der vierten drehen, bis sie die Tür aufstoßen konnten. Niemand war zu sehen.
    Doktor Miller nahm Smithton bei der Schulter und schüttelte ihn. »Folgen Sie mir, und tun Sie, was ich tue. Kein unnötiges Wort, keine Fluchtversuche auf eigene Faust, verstanden?«
    Eine der rückwärtigen Türen, die zu den Abfallbehältern führte, war offen, und sie gelangten auf einen mit Unrat übersäten, geteerten Hof. Der von Amos ausgewählte Weg war nicht so dunkel, wie er hätte sein sollen, weil in der Nachbarschaft des Einkaufszentrums Flächen für weitere Bauten planiert worden waren, aber dann führte er durch eine alte Laubenkolonie, und sie konnten sich im Schatten von Sträuchern und Bäumen bewegen, bis sie den Garten des an die

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