Titan 06
und wieder ließ ich mir von Maschinen eine Mahlzeit servieren. Es war gutes Essen.
Ich wußte nun, daß dies eine Stadt der erloschenen Hoffnungen war. Der Hoffnungen nicht einer Rasse, der weißen, gelben oder schwarzen, sondern der menschlichen Rasse überhaupt. Ich wünschte nichts mehr, als aus dieser Stadt hinauszukommen. Ich wagte nicht, es auf der nach Westen führenden Straße zu versuchen, weil das Taxi, mit dem ich fuhr, offenbar von irgendwo in der Stadt mit Energie versorgt wurde und in einiger Entfernung bestimmt nicht mehr funktionieren würde.
Nachmittags endlich fand ich einen kleinen Hangar in der Nähe des Außenwalls der riesigen Stadt. Drei Flugschiffe waren darin abgestellt. Ich hatte die unteren Schichten der Wohnregionen der Stadt, also des oberen Teils, durchsucht. Die Restaurants und Geschäfte und Theater befanden sich in diesen Niveaus. Ich kam zum Beispiel in einen Saal, wo bei meinem Eintritt leise Musik zu spielen begann, wo auf einem Bildschirm vor mir Farben und Formen zu entstehen begannen.
In Klang und Farbe und Bewegung wurden hier wiederum die Triumphgesänge einer reifen Menschheit dargeboten, einer Menschheit, die fünf Millionen Jahre lang nur vorwärts marschiert war – und nicht erkannte, wohin ihr Weg sie führte, nichts ahnte von einer Zeit, da sie nicht mehr existierte, nichts mehr schuf, einer Zeit, da die Städte leer und verlassen waren, nur bewohnt von den unermüdlich arbeitenden Maschinen. Hastig verließ ich den Saal – und Klänge, die seit dreihunderttausend Jahren nicht mehr ertönt waren, verstummten hinter mir.
Dann aber fand ich den Hangar. Wahrscheinlich war er einmal Privatbesitz gewesen, wie die drei Schiffe darin. Eins war gut siebzehn Meter lang und hatte einen Durchmesser von vielleicht fünf Metern. Der Ausstattung nach war es eine Jacht, eine Weltraumjacht wohl. Eins war fünf Meter lang und nicht ganz zwei Meter breit. Dies mußte das Flugboot der Familie gewesen sein. Das dritte war ein winziges Ding, kaum drei Meter lang und einen breit. Anscheinend mußte man sich hinlegen, um hineinzupassen.
Ein periskopartiges Gerät ermöglichte den Blick nach vorn und fast direkt nach oben. Ein Fenster gab den Blick nach unten frei, und außerdem war ein Gerät vorhanden, in dem unter einer Milchglasscheibe eine Karte bewegt und so auf den Schirm projiziert wurde, daß das Fadenkreuz des Schirms immer die jeweilige Position markierte.
Ich bemühte mich eine halbe Stunde etwa, um herauszufinden, was die Schöpfer dieses Flugbootes gemacht hatten. Diese Schöpfer waren jedoch Menschen gewesen, denen die Erkenntnisse und die Wissenschaft von fünf Millionen Jahren zur Verfügung standen und auch die vollkommenen Maschinen jener Zeit. Ich erkannte den Freisetzungsgenerator, der es antrieb. Das Prinzip davon war mir vertraut, den Funktionsmechanismus glaubte ich zu erraten. Es gab jedoch keine Leitungen, nur blaßleuchtende Strahlenbündel, die so rasch pulsierten, daß das Auge ihr Pulsieren kaum mehr wahrnehmen konnte. Es waren mindestens ein halbes Dutzend Strahlen, die wohl seit gut dreihunderttausend Jahren leuchteten.
Ich kletterte in die Maschine, und augenblicklich flammten noch einmal so viele Strahlen auf; ein leises Zittern durchlief das Boot, und ich spürte, wie mich ein ganz seltsames Gefühl erfaßte. Ich begriff sofort, daß die Maschine auf Schwerkraftkompensatoren ruhte. Das war mein Ziel gewesen, als ich mich nach Entdeckung der Energiefreisetzung mit Raumfeldern beschäftigt hatte.
Die Menschen jener Blütezeit mußten das Prinzip seit Millionen Jahren gekannt haben, bevor sie diese vollkommene, unvergängliche Maschine bauten. Das Gewicht meines Körpers hatte eine automatische Neuadjustierung erzwungen, und das Boot bereitete sich auf den Flug vor. Im Innern herrschte eine künstliche Schwerkraft, die der normalen irdischen entsprach, und die Wechselwirkung zwischen dem inneren und äußeren Feld hatte die Vibrationen und jenes sonderbare Gefühl verursacht.
Die Maschine war startbereit. Ihre Energieaggregate waren voll aufgeladen. Wissen Sie, diese Maschinen waren imstande, automatisch ihre Bedürfnisse zu signalisieren. Sie waren beinahe lebendig. Eine Wartungsmaschine versorgte sie, überprüfte sie, reparierte sie sogar, wenn es möglich war. War es nicht mehr möglich, dann kam, so erfuhr ich später, ein automatischer Abschleppwagen, ersetzte sie durch genau die gleiche Maschine und brachte sie in die Herstellungswerkstätten,
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