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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Mahlzeiten, die dann und wann aus ihrem Zimmer drangen und durchs ganze Haus zogen.
    Was hatte sie noch vor kurzem gesagt? Kenner, ja genau. Nur ein Kenner könne eine so… so fortgeschrittene Arbeit würdigen wie die von Cenbe.
    Der Hauch einer berauschenden Süße strich an Olivers Gesicht vorbei. Etwas Kühles, Glattes wurde ihm in die Hand gedrückt.
    »Oh, Oliver, es tut mir ja so leid«, murmelte Kleph zerknirscht. »Hier, trink das Anregungsmittel, und du wirst dich besser fühlen. Bitte trink!«
    Der bekannte Wohlgeruch des heißen, süßen Tees flutete über seine Zunge, bevor er auch nur wußte, daß er sich gefügt hatte. Der entspannende Duft zog durch sein Gehirn, und nach ein paar Sekunden war die Welt um ihn herum wieder stabil. Das Zimmer sah so aus, wie es immer schon gewesen war. Und Kleph…
    Ihre Augen leuchteten überaus hell. Sympathie für ihn zeigte sich darin, doch sie selbst war noch bis zum Rand erfüllt mit der gehobenen Spannung ihres Erlebnisses.
    »Komm und nimm Platz«, sagte sie sanft und zog ihn am Arm. »Mir tut es so leid – ich hätte es nicht spielen dürfen, wo du es doch hören konntest. Ich habe wirklich keine Entschuldigung dafür. Ich vergaß völlig, wie der Effekt auf jemanden wirken kann, der noch nie zuvor eine Symphonie von Cenbe gehört hat. Ich war so ungeduldig, zu erfahren, was er mit seinem neuen… seinem neuen Thema angestellt hat. Es tut mir so schrecklich leid, Oliver!«
    »Was war das?« Seine Stimme klang standhafter, als er es erwartet hatte. Dafür war der Tee verantwortlich. Er nippte erneut, froh über die tröstende Euphorie, die sein Aroma mit sich brachte.
    »Eine… eine kompositionelle Interpretation von… o Oliver, du weißt doch, daß ich keine Fragen beantworten darf!« »Aber…«
    »Nein… trinke deinen Tee und vergiß, was du gesehen hast. Denk an etwas anderes. Hier, hören wir etwas Musik, andere Musik, etwas Fröhliches…«
    Sie griff nach der Wand neben dem Fenster, und wie schon zuvor wurde Oliver Zeuge, wie sich das Bild mit dem blauen Wasser über dem Bett zu kräuseln und durchsichtig zu werden begann.
    Er sah eine mit dunklen Vorhängen ausstaffierte Bühne, auf der ein Mann in einer engen, dunklen Tunika und Hose mit rastlosen, weitausholenden Schritten einherging; Hände und Gesicht hoben sich bleich von dem Schwarz um ihn herum ab. Er hinkte etwas, hatte einen verkrüppelten, gebogenen Rücken und sprach bekannte Zeilen. Oliver hatte John Barrymore einmal als den buckligen Richard gesehen, und es kam ihm sehr unwahrscheinlich vor, daß irgendein anderer Schauspieler diese schwierige Rolle meistern könnte. Diesen hier hatte er noch nie zuvor gesehen, doch der Mann hatte einen faszinierend flüssigen Stil, und seine Interpretation des körperbehinderten Königs schien recht neuartig zu sein; Shakespeare hätte sie sich nie träumen lassen.
    »Nein«, sagte Kleph, »dies nicht. Nichts Düsteres.« Erneut streckte sie die Hand aus. Der namenlose Richard verschwamm, und aus einem Wirbel sich verändernder Bilder und Stimmen ging eine neue Szene mit Tänzerinnen in pastellfarbenen Ballettkostümen hervor, die beinahe schwerelos einen komplizierten Tanz aufführten. Die Musik dazu hatte etwas Leichtes, Spielerisches. Der ganze Raum wurde erf・lit von dieser fließenden, klaren Melodie.
    Oliver setzte seine Tasse ab. Nun fühlte er sich wesentlich selbstsicherer und glaubte, das Anregungsmittel habe alles in seiner Kraft stehende für ihn getan. Er wollte nicht schon wieder einen geistigen Kurzschluß erleben. Es gab noch gewisse Dinge, die er in Erfahrung bringen mußte – und zwar jetzt. Er überlegte, wie er am besten damit beginnen könnte.
    Kleph betrachtete ihn eindringlich. »Diese Hollia«, sagte sie plötzlich. »Sie will das Haus kaufen?«
    Oliver nickte. »Sie hat uns ziemlich viel Geld dafür geboten. Sue wird schrecklich enttäuscht sein, wenn…« Er zögerte. Vielleicht würde Sue nun doch nicht enttäuscht sein. Er erinnerte sich an die kleine silberne Schachtel mit ihrer geheimnisvollen Funktion und fragte sich, ob er sie vor Kleph erwähnen sollte. Aber das Anregungsmittel hatte diese Stufe seines Gehirns noch nicht erreicht, und er erinnerte sich seiner Pflichten Sue gegenüber und schwieg.
    Kleph schüttelte den Kopf. Ihr warmherziger Blick ruhte mit – war es Sympathie? – auf ihm.
    »Glaube mir«, sagte sie, »du wirst es schließlich nicht mehr als – wichtig empfinden. Danach. Ich verspreche es dir,

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